MusikMeister der kölschen Evergreens

Lesezeit 4 Minuten
1984, kurz nach seinem 75. Geburtstag verstarb Fritz Weber. Tochter Dagmar Kuhlmann singt einige seiner Lieder heute noch gerne. (Bild: Ramme)

1984, kurz nach seinem 75. Geburtstag verstarb Fritz Weber. Tochter Dagmar Kuhlmann singt einige seiner Lieder heute noch gerne. (Bild: Ramme)

Lindenthal – „Ich ben e'ne kölsche Jung, wat willste maache? Ich ben e'ne kölsche Jung un dun jään laache. Ich ben och söns nit schlääch, nä ich ben brav, Ming Lieblingswöötsche, heiss »Kölle Alaaf!«“ Immer wenn der Refrain dieses kölschen Klassikers erklingt, denken viele an Willy Millowitsch. Gut, der Volksschauspieler hat das Lied oft gesungen und bekannt gemacht; geschrieben und komponiert wurde es allerdings von Fritz Weber. Der stammt aus dem gleichen Jahrgang wie Millowitsch. Während der kölsche Willy vor zwei Wochen runden Geburtstag gefeiert hätte, wäre Weber in zwei Tagen, am 24. Januar, 100 Jahre alt geworden.

Als der „Singende Geiger“ ist Weber vor allem in den 30er Jahren als Kapellmeister deutschlandweit bekannt geworden. Zu der Zeit galt er als eine „flotte Erscheinung, die Damenherzen schmelzen ließ“, wie er noch kurz vor seinem Tod im Juni 1984 verriet. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden mehrere Karnevalsschlager, die zu kölschen Evergreens wurden.

In Kalk geboren, wurde die musikalische Begabung des kleinen Fritz schon früh erkannt. Zu Hause spielte er auf der Mundharmonika und als kleiner Knirps erhielt er jahrelang von seinem Schulrektor kostenlos Geigenunterricht. Später nahm er mit Unterstützung der Familie ein Studium für Geige und Trompete an der Rheinischen Musik-Akademie auf. Und schon mit 19 Jahren hatte er eine Fünf-Mann-Kapelle zusammengestellt, mit der er an den Wochenenden im Rodenkirchener Rheinpavillon aufspielte. 1931 bestand das von ihm gegründete Orchester bereits aus 15 Musikern und erhielt Anfragen für Gastspiele aus dem gesamten deutschen Raum. Da Weber nicht nur seine Violine erklingen ließ, sondern hin und wieder auch Schlager sang, entstand der Beiname „Singender Geiger“, der auch heute noch seinen Grabstein auf dem Poller Friedhof (Am Grauen Stein) ziert.

Alles zum Thema Musik

1934 gelang Weber, der grundsätzlich im Frack auftrat, und seinen Musikern der große Sprung aus der „Provinz“ in die Reichshauptstadt Berlin, wo er in namhaften Häusern gastierte. Zwei Jahre später beteiligte er sich am ersten vom Deutschen Rundfunk ausgeschriebenen Kapellen-Wettstreit. Mehr als 400 Tanzkapellen aus ganz Deutschland traten an. „Publikumsliebling“ Weber lächelte zu der Zeit auf den Titelbildern der etablierten Rundfunkzeitschriften und galt in der Fachpresse als Favorit auf den Sieg. Doch zum Erstaunen vieler Menschen belegte Weber mit seinem Orchester nur den dritten Platz. Vor Weber, der kein NSDAP-Parteibuch besaß und sich nie vor einen politischen Karren spannen ließ, landeten zwei Mitglieder der Nationalsozialisten.

Da Webers Musik beim Konzertpublikum wie bei den Rundfunkhörern gut ankam, bot ihm die Deutsche Grammophon Gesellschaft, seinerzeit die führende Plattenfirma, jedoch sofort einen Exklusiv-Vertrag an, dank dessen Weber mit seiner Kapelle in den folgenden Jahren viele Schallplatten aufnahm. Eine CD mit überarbeiten Aufnahmen aus den Jahren 1936 bis 1939 ist erst kürzlich neu veröffentlicht worden. Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges beendete seine Karriere als Kapellmeister. Weber wurde als Soldat eingezogen und geriet 1945 in amerikanische Gefangenschaft. Dort baute er, so gut es ging, mit anderen Gefangenen eine kleine Band auf. Sein Swing-Stil gefiel und er wurde eingeladen, in amerikanischen Offizierskasinos zu spielen.

Nach Köln entlassen, gelang es ihm, bald wieder gute Musiker zu finden und ein Tanzorchester zusammenzustellen. Im zerstörten Köln hatte Weber dann sein erstes Engagement im Military-Government-Theatre-Cologne. Dann gastierte er im notdürftig wieder hergerichteten Hotel Atlantik. Anfang der 50er Jahre tingelte Weber mit Abendveranstaltungen, Matinees und Tanztees durch alle möglichen Lokalitäten der Stadt - etwa im Tatzelwurm oder dem Chez Nouz. Zudem gastierte er regelmäßig in der Flora und war mit seinen Musikern die erste Kapelle, die am frisch eröffneten Tanzbrunnen aufspielte. Ab 1950 begann Weber, auch für den Karneval zu komponieren. Sein erster Hit erschien zum Jubiläum der Stadt: „Nüngzehnhundert Johr steit uns Kölle am Ring“. Und neben dem „kölschen Jung“ hat er noch einen ähnlichen Gassenhauer mit Ohrwurm-Charakter geschaffen, den nur die wenigsten mit Weber verbinden: „Ach, wär ich nur ein einzig mal ein schmucker Prinz im Karneval.“

Für seine Verdienste um den Karneval war Weber mit der „Goldenen Ostermann-Medaille“ ausgezeichnet worden. Bis 1983 trat er noch mit seinen Liedern auf den Fastelovendsbühnen auf. Über 30 Jahre war er Mitglied in der Karnevalistenvereinigung „Muuzemändelcher“. Zu denen zählt heute auch Tochter Dagmar Kuhlmann. „Ich singe ja eigentlich kölsche Chansons. Einige Lieder meines Vaters habe ich schon im Repertoire. Aber er hat seine Melodien ja für einen Mann geschrieben.“

KStA abonnieren