Nahverkehr in NRWHängepartie um Abellio-Aus geht weiter

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Mitarbeiter von Abellio protestieren in Essen gegen das Aus in NRW.

Essen – Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) hat die Entscheidung über ein komplettes Ausscheiden der angeschlagenen Regionalbahn Abellio in NRW auf den 9. Dezember verschoben. Die langjährigen regulären Verträge mit Abellio würden wegen des Insolvenzverfahrens beendet und ab Februar per Notvergabe neu verteilt.

An dieser Notvergabe dürfe sich Abellio vorbehaltlich einer rechtlichen Prüfung aber ebenfalls beteiligen, sagten die Vertreter des VRR-Vergabeausschusses, Norbert Czerwinski (Grüne), Frank Heidenreich (CDU) und Norbert Schilff (SPD) nach der nicht-öffentlichen Sitzung.

Grüne sprechen von „Erpressungspotenzial“

Voraussetzung sei allerdings, dass Abellio wichtige Daten etwa über den Personalbedarf seiner bisherigen Linien auch an die Konkurrenz weitergebe, so dass verbindliche Wettbewerbsangebote möglich seien. „Wir erwarten die Daten“, sagte Heidenreich. Das sei ein „dringender Hinweis“. Bisher habe Abellio diese Angaben zurückgehalten, so dass Konkurrenten keine Angebote kalkulieren konnten. Czerwinski sprach von einem „Erpressungspotenzial“ des Verkehrsunternehmens.

Außerdem werde der VRR nicht auf mögliche Entschädigungsansprüche gegen Abellio verzichten, betonten die Kommunalvertreter. Notvergaben gelten maximal 24 Monate, danach werden die Linien für 15 Jahre neu ausgeschrieben - auch daran kann sich Abellio wieder neu beteiligen. Die Entscheidung trifft am 9. Dezember erneut der VRR-Vergabeausschuss.

Für die Notvergaben steht man unter einem hohen Zeitdruck, um massenhafte Verspätungen und Zugausfälle beim möglichen Übergang zu einem anderen Anbieter zum 1. Februar zu verhindern. 

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100 Mitarbeiter des Bahnunternehmens überreichten vor der Sitzung des Verwaltungsrats des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr (VRR) in Essen eine Petition und warnten davor, dass ein Aus von Abellio spätestens im Januar zu Zugausfällen in NRW führen werde. „Wir hatten am Wochenende erstmals Probleme, alle unsere Züge zu besetzen“, sagte der Betriebsratsvorsitzende von Abellio NRW, Jürgen Lapp, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

1080 Mitarbeiter sorgen sich um ihre Zukunft

„Der Krankenstand geht in die Höhe, weil die Mitarbeitenden nicht wissen, was passieren wird. Die meisten haben noch Freizeitausgleich, Resturlaub und Überstunden, die sie jetzt natürlich nehmen, weil sie weder wissen, wer ihr künftiger Arbeitgeber ist, noch ob er diese Ansprüche eins zu eins übernimmt.“ Dass die Lokführer und Kundenbetreuer von Abellio bei dem Fachkräftemangel relativ problemlos neue Jobs finden könnten, räumte Lapp ein. Die Arbeitsbedingungen seien aber nicht immer vergleichbar. „National Express beispielsweise hat keine eigenen Kundenbetreuer. Dort arbeitet man mit Subunternehmern. Da fangen die Probleme schon an.“

SPD beantragt Aktuelle Stunde im Landtag

Ganz besonders verärgert sei er über die Aussage des VRR, Abellio habe keine Angebote vorgelegt, so Lapp. „Das stimmt so nicht. Es war aus Sicht des VRR vielleicht nicht ausreichend, aber hätte den Steuerzahler wahrscheinlich 130 Millionen Euro weniger gekostet als die Notvergaben, die jetzt erfolgen müssen.“ Es sei doch vollkommen klar, dass die Bahnunternehmen, die ab 1. Februar einspringen müssen, deutlich mehr Geld verlangen werden.

Das Land hat bereits 380 Millionen Euro aus Bundesmitteln für die kommenden Jahre bis zum Ende aller Verträge von Abellio als Finanzspritze zugesichert, um den Betrieb in NRW aufrechtzuerhalten. Abellio hat in NRW einen Marktanteil von 17,5 Prozent.

Die SPD-Landtagsfraktion beantragte für kommenden Freitag eine Aktuelle Stunde im Landesparlament. Die Landesregierung müsse erklären, wie sie künftig verlässlichen Bahnverkehr in NRW sicherstellen wolle, erklärte der Abgeordnete Carsten Löcker. Durch die anstehende Notvergabe der Linien drohten ab 1. Februar Ausfälle auf wichtigen Strecken. (mit dpa)

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