Abo

„Sanktionen müssen wehtun“Warum der NRW-Innenminister auf hohe Bußgelder pocht

Lesezeit 5 Minuten
Jetzt unter Strafe: Menschenaufläufe am Rheinboulevard wie noch vor fünf Tagen.

Jetzt unter Strafe: Menschenaufläufe am Rheinboulevard wie noch vor fünf Tagen.

  • Innenminister Herbert Reul verteidigt die Höhe des Bußgeldes, das für Verstöße gegen das Kontaktverbot in der Coronavirus-Epidemie.
  • Der CDU-Politiker betont die Schwere des Vergehens.
  • Und er hat einen wichtigen Hinweis, für alle die sich an milden Frühlingstagen ein Eis in der Eisdiele kaufen. Ein Interview.

NRW droht bei Verstößen gegen das Kontaktverbot harte Strafen an. Fehlt es den Bürgern immer noch an Einsicht?

Das glaube ich nicht. Die große Mehrheit der Menschen hat sehr gut verstanden, worum es geht, da braucht man sich nur auf der Straße umzusehen. Aber natürlich gibt es immer noch ein paar Leute, die uneinsichtig sind. Hier brauchen wir diese Sanktionen, und die müssen auch wehtun.

Würde in manchen Fällen nicht auch zunächst eine mündliche Verwarnung ausreichen?

Alles zum Thema Herbert Reul

Wenn ein Mensch, den sie lieben, auf einer Intensivstation liegt und beatmet werden muss, würden Sie sich wohl auch wünschen, dass hart durchgegriffen wird. Wenn der Ministerpräsident sagt, es geht um Leben und Tod, dann tut er das nicht einfach so. Wir reden hier von Vätern, Müttern und Großeltern. Es geht nicht um falsches Parken. Ich kann nur davor warnen, das alles auf die leichte Schulter zu nehmen.

Wie können die Behörden feststellen, ob eine kontrollierte Person aus einem Risikogebiet zurückgekehrt ist?

Wenn der konkrete Verdacht besteht, wird gegen die Person ermittelt. Und dabei kommt auch heraus, wo er war.

Wie erklärt es sich, dass Besuche in Altenheimen ein großes Problem sind?

Sie sind ein Problem, weil von ihnen eine so immense Gefahr für die Gesundheit und das Leben der Bewohner ausgeht. Wir müssen unbedingt vermeiden, dass sich das Virus in einem Altenheim verbreitet. Die Strafen richten sich danach, wie groß der Schaden sein könnte. Jemand, der gedankenlos die Oma im Altenheim besucht, kann eben größeren Schaden anrichten, als einer, der sich mit jemanden im Park zum Joggen trifft.

Das könnte Sie auch interessieren:

Führen die Ordnungsämter jetzt vor Pflegeeinrichtungen Besucherkontrollen durch?

Nicht dass ich wüsste. Allerdings kann es sicher sinnvoll sein, wenn die Einrichtung ihre Türen geschlossen hält und kontrolliert, wer da ein- und ausgeht.

Gelten Grill- und Picknickverbote in Parks auch für Einzelpersonen?

Nein. Sie dürfen alleine im Park essen.

Warum sind Reisebusreisen verboten, Bahnfahrten aber erlaubt?

In Bussen sind Sie auf engem Raum mit anderen zusammen. Sie haben kaum die Möglichkeit, einen Mindestabstand einzuhalten, deshalb die Regel. In Zügen ist die Situation zugegeben auch nicht ideal, aber manche Reisen müssen selbst in Corona-Zeiten ja noch gemacht werden. Es gilt, wer nicht unbedingt muss, sollte auch nicht verreisen.

Direkt morgens wissen, was in Köln passiert

Jetzt für „Stadt mit K“ anmelden!

Was bringt der Tag? Was kann ich in Köln unternehmen? Wo sollte ich essen gehen? Oder soll ich vielleicht doch lieber ein Rezept nachkochen? Wie ist die aktuelle Corona-Lage in der Stadt? Und welche Geschichten sollte ich auf keinen Fall verpassen?

All das liefern wir Ihnen in unserem Newsletter „Stadt mit K“ von Montag bis Freitag immer bis spätestens 7 Uhr bequem und kostenlos in ihr E-Mail-Postfach.

Als Newsletter-Abonnent erhalten Sie außerdem regelmäßig exklusive Informationen und können an interessanten Aktionen und Gewinnspielen teilnehmen. 

Jetzt für „Stadt mit K“ anmelden und über Köln auf dem Laufenden bleiben! 

Hier geht's zur Anmeldung.

Warum muss man bei Eisdielen einen Abstand von 50 Metern einhalten, bevor man sein Eis verzehrt?

Schnelle Antwort: Damit sich keine Knubbel vor der Eisdiele bilden, wo der Mindestabstand nicht eingehalten wird und wir die Eisdielen nicht schließen müssen.

Sind Ordnungsämter und Polizei personell in der Lage, die Verbote zu kontrollieren?

Was die Polizei angeht, sage ich eindeutig ja. Aber man muss sich nun nicht vorstellen, dass die 40.000 Polizistinnen und Polizisten in NRW sich hinter Büschen auf die Lauer legen, um Bürgerinnen und Bürger zu erwischen. Die Polizei fährt Streife, geht zu Fuß durch die Städte und schaut sich die Orte an, wo sich die Menschen erfahrungsgemäß gerne aufhalten. Und die Mitarbeiter des Ordnungsamtes werden das nicht anders machen.

Wie schützen sich Ordnungsämter und Polizei?

Eigensicherung ist auch hier wichtig. Die Männer und Frauen, die diese Verordnung durchsetzen müssen, sind sensibilisiert und befolgen die Handlungshinweise des Robert-Koch-Instituts. Aber wie bei allen Einsätzen gilt: Polizei ist nah am Menschen, und geht damit ein größeres Risiko ein, sich anzustecken.

Welchen Umfang wird die Kontrolle der Überwachungsverbote in der Arbeit der Polizei einnehmen?

Wir müssen nun die ersten Tage abwarten. Ich hoffe und glaube auch, dass der Umfang überschaubar ist, weil die Bürgerinnen und Bürger in NRW vernünftig sind und sich an die Regeln halten.

Polizeigewerkschafter bemängelt Schutzausrüstung

Die Polizeigewerkschaften in NRW begrüßen die harten Strafen, die gegen Verstöße gegen das Abstandsverbot verhängt werden sollen. Sebastian Fiedler, Bundesvorsitzender des Bund deutscher Kriminalbeamter, sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Ich halte die im vorgesehen Bußgeldkatalog vorgesehenen Summen für absolut angemessen. Wer heute noch immer nicht verstanden hat, dass räumliche Nähe zu anderen Manschen lebensgefährlich für sich und andere ist, dem ist nur mit spürbaren Konsequenzen des Rechtsstaats beizukommen.“

Erich Rettinghaus, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, warnt allerdings davor, dass die Polizisten für die Coronavirus-Epidemie nicht gut genug ausgestattet sind, um Kontrollen durchzuführen: „Es fehlen Handschuhe und vor allem Mundschutze, die getätigten Nachbestellungen sind bislang noch nicht eingetroffen“, sagte Rettinghaus.

Die Höhe der Bußgelder sei „drastisch“, findet Rettighaus: „Ich hoffe, dass in vielen Fällen eine mündliche Verwarnung ausreicht. Eine Vielzahl von Strafanzeigen wegen Abstandsverstößen, aber auch Ordnungswidrigkeiten mit Bußgeldverfahren, würde den Polizeiapparat derzeit angesichts der angespannten Personalsituation an die Grenzen der Belastbarkeit bringen.“

Michael Maatz, stellvertretender Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei in NRW, setzt hingegen auf die Einsicht der Bürger: „Die Höhe der angedrohten Bußgelder ist schon heftig. Ich gehe aber davon aus, dass die Polizei nicht allzu häufig einschreiten muss. In den letzten Tagen haben viele Menschen den Ernst der Lage erkannt und sind zu Hause geblieben. Jetzt ist die Stunde der Solidarität – und nicht die der Polizei.“

KStA abonnieren