Explosion in der Geisterbahn in DürenIst der beschuldigte Kölner ein Serientäter?

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Der Tatverdächtige auf einem Video der Geisterbahn in Düren

Aachen/Düsseldorf – Eine Explosion in einer Geisterbahn auf der Annakirmes in Düren, ein Beschuldigter aus Köln, der sich einen Tage später gestellt hat und womöglich ein Wiederholungstäter ist, umfangreiche Ermittlungen mit Personalproblemen und ein offenkundiger Streit zweier Polizeibehörden, die an der Aufklärung des Falles beteiligt sind: Es ist eine seltsame Geschichte, die jetzt auch im nordrhein-westfälischen Landtag gelandet ist.

Am Dienstag den 2. August knallt es gegen 17 Uhr laut im „Scary House“, einer Geisterbahn auf der Annakirmes. Als der Schausteller in die Bahn stürmt, empfängt ihn ein dichter, beißender Rauch. Menschen werden zwar nicht verletzt, und es entsteht auch kein Sachschaden, trotzdem wird die Polizei alarmiert. Ein Anschlag wird befürchtet, alle verfügbaren Beamten werden zur gut besuchten Kirmes geschickt, um den Platz zu sichern und eine eventuell weitere Detonation zu verhindern – mit Erfolg.

Mutmaßlichen Täter auf Geisterbahn-Video von Annakirmes entdeckt

Auf den Videoaufnahmen seiner Bahn, die der Schausteller den Ermittlern übergibt, wird schnell ein Tatverdächtiger entdeckt. Der Mann hat eine PET-Flasche in der Hand. Und an der Explosionsstelle werden die zerborstenen Überreste dieser Flasche gefunden.

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Tags darauf wird das nordrhein-westfälische Landeskriminalamt (LKA) eingeschaltet. Dessen Spezialisten sollen ein Täterprofil des flüchtigen Verdächtigen erstellen. Erst am Mittwochabend gegen 18 Uhr, etwa 24 Stunden nach der Tat, habe das LKA empfohlen, die Öffentlichkeit zu informieren und einen Fahndungsaufruf nach dem mutmaßlichen Täter mit Foto vorzubereiten, sagte ein Sprecher der Dürener Polizei anschließend der „Aachener Zeitung“.

LKA sieht „keinerlei Hinweise auf etwaige Versäumnisse“

Beim Landeskriminalamt in Düsseldorf scheint man sich über solche Aussagen zu wundern. „Hier liegen keinerlei Hinweise auf etwaige Versäumnisse des LKA NRW vor“, ließ Behördensprecher Udo Rechenbach auf Anfrage wissen. Man sei gewissermaßen auch nicht zuständig gewesen. Es habe zwar „beratende Gespräche“ gegeben, aber die „ermittlungsführende Dienststelle zur Explosion auf der Annakirmes“ sei immer nur die Kreispolizeibehörde Düren gewesen.

Am Abend des 3. August jedenfalls wurde über die Detonation sogar in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY“ berichtet. Die deutlich an Fahrt aufnehmenden Ermittlungen überraschten die Dürener Dienststelle offenbar. Um die zahlreichen Hinweise aufnehmen zu können, wurde hektisch um personelle Unterstützung aus anderen Polizeibehörden gebeten.

Verdächtiger aus Köln stellte sich zwei Stunden nach dem Beginn der Öffentlichkeitsfahndung

Der öffentliche Druck war erfolgreich, der Tatverdächtige stellte sich etwa zwei Stunden nach der ZDF-Sendung. Der 40-jährige Kölner sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Sollte sich der Verdacht erhärten, würden ihm versuchte gefährliche Körperverletzung und das Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion vorgeworfen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Aachen ist er nicht vorbestraft. In seiner Flasche seien „handelsübliche Substanzen“ gemischt worden, so Staatsanwalt Georg Blank. „Mindestens zwei, die dann miteinander chemisch reagiert haben. Das dadurch schnell entstandene Gas konnte nicht entweichen, wodurch die Flasche geborsten ist.“

Kirmes Düsseldorf

Rheinkirmes in Düsseldorf

„Warum wurde die Öffentlichkeit erst 24 Stunden nach der Tat gewarnt und um Hilfe gebeten?“, will der FDP-Rechtspolitiker Werner Pfeil jetzt in einer Kleinen Anfrage von der Landesregierung wissen. „Angesichts dessen, was ein unbekannter Täter noch hätte tun können, beschleicht einen ein komisches Gefühl“, sagt der Rechtsanwalt.

Die Schilderungen aus Düren jedenfalls ließen „auf ein gewisses Chaos“ bei den Ermittlungen schließen. „Wie auch immer motiviert, sind solche Anschläge heutzutage leider keine Überraschung mehr. Und da frage ich mich, ob es keine landesweit durchdachten und erprobten Pläne und Szenarien gibt, nach denen dann verfahren wird“, so Pfeil. In Düren jedenfalls hätte „offensichtlich erst mal Personal herbeigeschafft werden müssen, damit mit dem notwendigen Aufwand weiterermittelt werden konnte.

Ähnlicher Anschlag auf der Rheinkirmes in Düsseldorf

Während sich die Polizei offenbar beharkt, die Politik diskutiert und sich das nordrhein-westfälische Innenministerium mit der Antwort auf die FDP-Anfrage beschäftigt, schweigt der Tatverdächtige. Wobei die Fragen an ihn immer mehr werden. Bereits vor zwei Wochen ist es auf der Rheinkirmes in Düsseldorf zu einem ähnlichen Vorfall wie in Düren gekommen. Ob der Kölner auch für den Sprengsatz in der Düsseldorfer Geisterbahn verantwortlich ist, ist offiziell noch nicht klar. Die Fahnder indes gehen dem Vernehmen nach derzeit davon aus. Denn die Bausätze bei beiden Taten sollen identisch gewesen sein. Sogar die Behälter, leere Flaschen einer Diät-Cola, seien gleich gewesen.

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Die Staatsanwalt Aachen indes wollte das nicht bestätigen. „Zu diesem Teil der noch laufenden Ermittlungen hat der Beschuldigte sich nicht geäußert, auch seine Motive im Fall Düren kennen wir noch nicht“, sagte Behördensprecher Blank, der mittlerweile die Pressehoheit in der Angelegenheit übernommen hat. Und zu der Frage, ob es Probleme zwischen der Polizei in Düren  und dem Landeskriminalamt gibt, werde er „erst recht keine Erklärung abgeben“.

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