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FinanzverwaltungZwei Top-Fahnder verlassen die Steuerfahndung

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Die Steuerfahndung in Wuppertal genoss bislang einen exzellenten Ruf. Nun verlassen zwei Spitzenfahnder die Behörde.

Die Steuerfahndung in Wuppertal genoss bislang einen exzellenten Ruf. Nun verlassen zwei Spitzenfahnder die Behörde.

Düsseldorf – Die Steuerfahndung in Wuppertal zählt zu den Elite-Truppen im Kampf gegen die Steuerhinterziehung in Deutschland. Die Steuer-CDs, die unter der Federführung der Wuppertaler angekauft wurden, brachten dem deutschen Fiskus seit 2010 sieben Milliarden Euro ein. Jetzt wird die Behörde durch zwei spektakuläre Abgänge geschwächt. Die beiden Top-Fahnder Sandra Höfer-Grosjean (45) und Volker Radermacher (49) wechseln in die Privatwirtschaft. Die Opposition macht dafür die mangelnde Unterstützung der Ermittler durch die neue Landesregierung verantwortlich. „So fährt man sehenden Auges eine bestens aufgestellte Steuerfahndung vor die Wand“, twitterte Ex-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD). Bei den Steuersündern würden jetzt „ein paar Champagner-Korken knallen“.

Weichen wurden neu gestellt

Nachdem der legendäre frühere Behördenchef Peter Beckhoff („Der Mann ohne Gesicht“) vor einem Jahr in Pension gegangen war, hatte Höfer-Grosjean die Leitung des Teams zunächst kommissarisch übernommen, Radermacher wurde ihr Stellvertreter. Die beiden galten als Idealbesetzung. So sah es zumindest Finanzminister Walter-Borjans. Nach dem Regierungswechsel wurden die Weichen aber anders gestellt. Den Posten bekam Michael Schneiderwind vom Finanzamt Aachen-Stadt. Höfer-Grosjean und Radermacher sahen sich übergangen. Jetzt wurde bekannt, dass sie als Berater zur Großkanzlei Deloitte wechseln.

Bereits nach der Landtagswahl hatte die Opposition gemutmaßt, dass der Kampf gegen die Steuersünder unter der neuen schwarz-gelben Regierung erlahmen würde. Walter-Borjans sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ in einem Interview, er habe den Fahndern stets „Rückendeckung“ gegeben. Das habe die Kreativität der Ermittler „auch ein klein wenig beflügelt“. Es komme eben darauf an, wer Finanzminister sei. Er habe über Höfer-Grosjean einen „Schutzschirm“ gespannt. Ob der halten werde, sei ungewiss, sagte er damals. „Da merkt man, dass es auch nicht egal ist, wer Minister ist.“ SPD-Parteichef Michael Groschek sah sich am Freitag in seinen Befürchtungen bestätigt. „Der personelle Aderlass bei der Steuerfahndung Wuppertal ist Beleg für das Politikversagen der Landesregierung. Mit überflüssigen Schikanen gegen erfolgreiche Steuerfahnder schaffen Armin Laschet und sein Finanzminister Lutz Lienenkämper No-Tax-Areas für Bestverdienende“, sagte der SPD-Vorsitzende.

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Monika Düker, die Vorsitzende der Grünen im Landtag, erklärte: „Die großspurig angekündigte Null-Toleranz-Politik von CDU und FDP endet augenscheinlich dort, wo sie kriminelle Steuersünder trifft. Es verstärkt sich der Eindruck, dass der Kampf für mehr Steuergerechtigkeit bei Schwarz-Gelb wenig Priorität besitzt.“ NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) hätte die Angelegenheit zur Chefsache machen müssen.

Unternehmen zahlen viel besser

Die schwarz-gelbe Landesregierung hatte einen weiteren Ankauf von Steuer-CDs nicht ausgeschlossen. Dies müssten aber Ausnahmefälle sein, hatte FDP-Chef Christian Lindner bei der Vorstellung des schwarz-gelben Koalitionsvertrags gesagt. Das NRW-Finanzministerium erklärte, mit Michael Schneiderwind als neuem Dienststellenleiter werde die Arbeit in Wuppertal „in gleicher Qualität“ fortgesetzt.

Oberfinanzpräsident Werner Brommund sagte auf Anfrage: „Es ist natürlich immer schade, wenn Kollegen die Finanzverwaltung verlassen und in die freie Wirtschaft wechseln. Wir werden aber die Stellen mit gleicher Qualität nachbesetzen und im Wege der Bestenauslese schnellstmöglich geeignete Nachfolgerinnen und Nachfolger für die Positionen in Wuppertal finden.“ Die Deutsche Steuergewerkschaft in NRW sieht den Fall nicht als Politikum. „Es geht vielmehr darum, dass die formalen Voraussetzungen zur Beförderung von Frau Höfer-Grosjean auf die Position eines Dienstellenleiters nicht erfüllt waren“, sagte Landeschef Manfred Lehmann dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Für die Beförderung wäre es erforderlich gewesen, dass Höfer-Grosjean in unterschiedlichen Gebieten wie zum Beispiel im Bereich der Vollstreckung oder der Betriebsprüfung Erfahrung gesammelt hätte. „Das war aber nicht der Fall. Walter-Borjans war bereit, die Spielregeln zu brechen, der neue Finanzminister ist es offenbar nicht. Die Beförderung wäre ein Präzedenzfall gewesen.“

Laut Steuergewerkschaft wechseln jedes Jahr rund 100 Beamte aus der Finanzverwaltung in die Wirtschaft – dort verdienen sie oft das Dreifache.

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