MigrantenStaatssekretärin Güler wirft Chef des NRW-Integrationsrats „Ego-Show“ vor

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Serap Güler (CDU)

Serap Güler (CDU)

Köln – Tayfun Keltek (SPD) gehört zu den Pionieren der Integration von Migranten in die deutsche Gesellschaft. Der 70-jährige Kölner hat die Integrationsräte, in denen die Migranten heute die Politik in den Kommunen mitgestalten, mit ins Leben gerufen und ist der Chef der Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Migrantenvertretungen NRW (LAGA NRW).

Jetzt sieht Keltek sein Lebenswerk in Gefahr. Die neue schwarz-gelbe Landesregierung will die Mitwirkung der Zuwanderer völlig neu organisieren. Die Pläne seien ein „erheblicher Rückschlag“, findet der SPD-Politiker.

Erheblicher Umbruch

Die neue Linie von Schwarz-Gelb wird von Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) und Staatssekretärin Serap Güler (CDU) vertreten. Sie schlagen den Kommunen vor, die Integrationsräte durch Integrationssauschüsse abzulösen. Das klingt nach einer marginalen Veränderung. Tatsächlich verbirgt sich dahinter ein Umbruch.

Tayfun Keltek (SPD)

Tayfun Keltek (SPD)

Die Integrationsräte (früher: Ausländerbeiräte genannt) wurden bislang bei der Kommunalwahl mitgewählt. Auf den Listen können Kandidaten ohne deutschen Pass antreten. Für viele Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit, die seit Jahrzehnten in Deutschland leben, ist der Integrationsrat die einzige Möglichkeit zur politischen Teilhabe.

Die Integrationsausschüsse sollen im Gegensatz zu den Räten aber nicht direkt gewählt werden. Vielmehr könnten die Parteien im Stadtrat darüber entscheiden, welche Politiker entsendet werden – wie etwa beim Bau- oder Verkehrsausschuss auch. „Damit ist die politische Teilhabe von Migranten ohne deutschen Pass nicht gegeben“, kritisiert Keltek.

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Güler, deren Eltern aus der Türkei stammen, sieht hingegen große Vorteile in der Neuordnung. Denn die Integrationsräte haben bislang nur eine beratende Funktion, die Beschlüsse der Integrationsausschüsse wären hingegen bindend. „Ich kann mit dem Selbstverständnis vieler Integrationsräte nichts anfangen“, erklärt Güler im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

„Wir brauchen keine Kaffeekränzchen, die sich damit beschäftigen, das nächste Straßenfest zu organisieren“, so die Politikerin aus Köln. Die Beteiligung zur Wahl der Integrationsräte habe zuletzt nur bei 14 Prozent gelegen. „Das schmälert nicht nur die demokratische Legitimation der Vertreter, sondern wirft auch ein Schlaglicht auf die mangelnde Akzeptanz der Gremien“, sagt Güler. Kelteks Bedenken weist sie zurück: „Es scheint ihm mehr um eine Ego-Show zu gehen als um die Sache.“

Als weiteres Argument für die Neuregelung führt die Landesregierung den Kampf gegen religiösen Extremismus ins Feld. Fanatikern solle keine Plattform mehr geboten werden. „Es kommt ja immer wieder vor, dass Feinde der Demokratie bei der Listenwahl in die Integrationsräte einziehen und dort versuchen, ihren Einfluss geltend zu machen“, erklärt Güler.

Populismus-Vorwurf

Diese Argumentation will Keltek so nicht stehen lassen. „Die Behauptung, in den Integrationsräten würden religiöse Fanatiker agieren, entbehrt nach unserer Kenntnis jeder Grundlage“, sagt der frühere Diplom-Sportlehrer. „Damit stößt man allen Migranten, die sich kommunalpolitisch engagieren und in ihrer Stadt Verantwortung übernehmen, vor den Kopf“, betont Keltek. Und ergänzt: „Derartige Äußerungen schaden der Integrationsarbeit in NRW und sind Wasser auf die Mühlen der Populisten.“

Die schwarz-gelbe Landesregierung in Düsseldorf will die Einführung des Ausschussmodells erst im nächsten Jahr angehen. Dazu muss auch der Paragraf 27 der Gemeindeordnung geändert werden. Bislang ist geplant, dass die Kommunen selbst darüber entscheiden, ob sie die Integrationsräte abschaffen und durch Ausschüsse ersetzen oder nicht.

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