Panne bei TönniesArbeiter erhielten fälschlicherweise positive Corona-Tests

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Tönnies Kuh

Nur noch Geschichte: Das Logo der Firma Tönnies, in Form von einem Bullen, einer Kuh und einem Schwein, wurde vom Dach des Firmenkomplexes vor ein paar Wochen entfernt.

  • Die negativen Schlagzeilen rund um Tönnies reißen nicht ab.
  • Jetzt wurde bekannt dass einige Arbeiter fälschlicherweise positive Corona-Tests zugesendet bekommen haben.
  • Der Grund für die Panne: Zu wenig Zeit.

Berlin/Gütersloh/Köln – Mehrere Tönnies-Mitarbeiter aus dem Kreis Gütersloh haben in den vergangenen Tagen fälschlicherweise einen positiven Corona-Bescheid zugestellt bekommen, obwohl sie nicht mit dem Virus infiziert waren. Sie mussten deswegen zu Unrecht länger in Quarantäne bleiben. Das bestätigte der Kreis am Donnerstag auf Anfrage dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Zuvor hatte „Monitor“ über den Irrtum berichtet. Auch sollten mehrere Mitarbeiter von Tönnies nach Ablauf der allgemeinen Quarantäne Mitte Juli teilweise bis Mitte August weiter isoliert werden, obwohl sie als nicht mehr ansteckend galten – weil sie angeblich Kontakt zu Infizierten gehabt hätten.

Wie diese Zeitung aus Verwaltungskreisen erfuhr, war der Grund für die Panne schlicht mangelnde Zeit. So hatte das zuständige Kreisgesundheitsamt erst am letzten Tag der für alle Mitarbeiter geltenden, vierwöchigen Quarantäne den Kommunen die Listen mit den weiter zu isolierenden Personen zur Verfügung gestellt. Dass die Übermittlung so spät passierte, begründet der Kreis mit einer Arbeitsüberlastung.

Unter den auf den Listen angegebenen Adressen leben allerdings oft mehrere Dutzend osteuropäische Arbeiter in unterschiedlichen Wohnungen.

Fehlerhafte Adresslisten

In wenigen Stunden herauszufinden, welcher Arbeiter vor Ort zu welchen Kollegen tatsächlichen Kontakt hatte, war für die Ordnungsbehörden kaum möglich. Deshalb offenbar verschickten sie hunderte Musterschreiben, die auf Deutsch  sowie mit identischem Inhalt formuliert waren und in denen eine Quarantäneverlängerung angeordnet wurde. Auch an Arbeiter, von denen kein Risiko mehr ausging.

Ein solches Schreiben liegt dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vor. Darin heißt es unteranderem: „Es bleibt Ihnen (...) untersagt, Ihre Wohnung ohne ausdrückliche Zustimmung des Gesundheitsamtes zu verlassen.“

In einigen Fällen seien zudem die Briefe an Kontaktpersonen und tatsächlich Infizierte vertauscht worden. So kam es zu den falschen Corona-Bescheiden.

Die Quarantäne-Auflagen im Einzelnen wurden wenige Tage später zumindest von einigen Kommunen noch einmal überarbeitet. So kam nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ etwa bei einer Prüfung der Stadt Gütersloh heraus, dass nicht knapp 120 Bewohner einer Unterkunft, wie zunächst von der Liste suggeriert, weiter in Quarantäne bleiben müssten. Sondern zwei.

Seit dem Corona-Massenausbruch bei Tönnies Anfang Juni sei die Verwaltung „von dem Szenario überrumpelt“ worden, heißt es aus dem Kreis. Zudem seien die Adresslisten der Arbeiter, die Tönnies selbst weitergegeben hatte, schlicht fehlerhaft. Unter einer Anschrift etwa hätten Kreismitarbeiter keine Unterkunft vorgefunden, sondern eine Bankfiliale. In einem anderen Fall hätten deutlich mehr Menschen in einem Haus gelebt, als von Tönnies angegeben.

Um die Beschäftigungsverhältnisse der Arbeiter zu verbessern, die oft bei Subunternehmerfirmen beschäftigt sind, hatte die Bundesregierung am Mittwoch ein Verbot von sogenannten Werkverträgen und Leiharbeitern in Großschlachtereien ab 2021 beschlossen.

Tönnies weist Vorwürfe zurück

Kurz darauf war Kritik laut geworden, Deutschlands größter Fleischverarbeiter Tönnies könne versuchen, mit Firmenneugründungen das Gesetz zu umgehen. Tönnies hatte zuletzt 15 sogenannte Vorratsgesellschaften am Amtsgericht Gütersloh ins Handelsregister eintragen lassen. Das Bundesarbeitsministerium hat etwaige Befürchtungen am Donnerstag zurückgewiesen. „Unser Gesetzentwurf ist eindeutig. Es wird verboten, Fremdpersonal im Kerngeschäft der Fleischindustrie einzusetzen“, sagte Björn Böhning, Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Der Schlachthofbetreiber ist für alle Arbeitnehmer in seinem Kerngeschäft zuständig.“ Das gelte für Werkverträge ab dem 1. Januar 2021, für Leiharbeit ab dem 1. April 2021. Ausgenommen seien nur Unternehmen mit bis zu 49 tätigen Personen.

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Der Staatssekretär sagte, diese Ausnahme sei „umgehungsfest“. Man müsse sich das praktisch vorstellen. „Ein Unternehmen hat etwa 9000 Mitarbeiter, bei ihm werden etwa 100.000 Schweine wöchentlich geschlachtet. Es könnte natürlich versuchen, alle Mitarbeiter jeweils in 49er-Einheiten aufzuteilen, die dann aber auch unter Einhaltung aller Hygiene- und Kühlvoraussetzungen räumlich getrennt werden müssten.“ Das sei unrealistisch.

Tönnies wies die Vorwürfe zurück. Man habe angekündigt, alle Mitarbeiter in den Kernbereichen der Produktion direkt anzustellen. Dabei bleibe es.

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