Tief in den roten ZahlenStreit um NRW-Haushalt im „Hau-Ruck-Verfahren“

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NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper

NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper

  • NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) will den Etat für 2021 erst im Oktober einbringen.
  • Die SPD hält das für einen Trick: Die „schlechten Nachrichten” wolle die CDU wohl erst nach der Kommunalwahl am 13. September veröffentlichen.
  • Unabhängig vom Parteienstreit steht fest: Die Verschuldunglage stellt die betroffenen Kommunen vor immense Probleme.
  • Lesen Sie hier die Hintergründe.

Düsseldorf – Die SPD im Düsseldorfer Landtag wirft NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) vor, die Einbringung des Haushalts für das Jahr 2021 aus taktischen Gründen zu verzögern.

Laut Landeshaushaltsordnung muss der Etat für das Folgejahr immer im September eingebracht und bis zum Jahresende verabschiedet werden. Lienenkämper plant nun, den Haushalt wegen der Corona-Krise erst im Oktober einzubringen. Stefan Zimkeit, Finanzexperte der SPD, hält das für einen Trick, um den Haushalt erst nach der Kommunalwahl am 13. September ins Beratungsverfahren zu bringen. „Möglicherweise geht Lienenkämper davon aus, schlechte Nachrichten verkünden zu müssen“, sagte Zimkeit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Ein Sprecher des Finanzministeriums erklärte, die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Steuereinnahmen ließen sich derzeit noch nicht prognostizieren. „Um die Haushaltsplanungen auf eine verlässlichere Basis zu stellen, hat die Landesregierung entschieden, dieser besonderen Situation Rechnung zu tragen und die zusätzlichen Erkenntnisse aus der September-Schätzung noch in die Entwürfe einfließen zu lassen“, hieß es.

Zimkeit hat für dieses Vorgehen kein Verständnis: „Ich halte eine verspätete Einbringung des Landeshaushalts für unnötig. Finanzminister Lienenkämper hat bereits angekündigt, alle negativen Auswirkungen einer Corona-Steuerschätzung durch die Mittel aus dem NRW-Rettungsschirm auszugleichen. Er muss sie also nicht mehr zwingend abwarten. Auf weitere aktuelle Entwicklungen kann er jederzeit durch Ergänzungsvorlagen reagieren.“

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Monika Düker, Fraktionschefin der Grünen, warnt davor, eine fachliche Diskussion sei bei dem geplanten Eilverfahren nicht möglich: „Mit dem nächsten Haushalt werden wichtige Weichen gestellt, wie wir die Krise bewältigen können. Das kann nicht im Hau-Ruck-Verfahren durchs Parlament gepeitscht werden.“ Nächste Woche soll das Thema im Ältestenrat diskutiert werden. Der Landtag hatte im März einen Rettungsschirm im Umfang von 25 Milliarden Euro beschlossen, um die Folgen der Corona-Krise abfedern zu können. Sebastian Hartmann, Chef der NRW-SPD, fordert die Landesregierung auf, den von der SPD vorgeschlagenen 300-Euro-Familienbonus des Bundes aus eigenen Mitteln zu verdoppeln. „Jetzt muss er hier Wort halten. Er kann nicht immer nur öffentlichkeitswirksam fordern, sondern muss auch mal liefern. Laschets öffentliche Erklärungen sind jetzt mit konkreten Haushaltsmitteln des Landes in Euro und Cent zu bezahlen“, sagte Hartmann dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Unabhängig von Corona bleibe die Altschuldenfrage der Kommunen offen. „Deshalb kommt das Land gar nicht daran vorbei, jetzt mindestens die Hälfte der Altschulden der NRW-Kommunen zu übernehmen“, sagte Hartmann. Die erforderlichen gut 11,5 Milliarden Euro könnte die Landesregierung gut im Haushalt schultern, wenn sie über die nächsten 30 Jahre verteilt würden. Die Zinsenseien seien im Moment so günstig wie nie.

Die Verschuldunglage stellt die betroffenen Kommunen vor immense Probleme. Viele Städte und Gemeinden werden weitere Einnahmeausfälle und steigende Schuldenstände verzeichnen. „Dann geht hier sprichwörtlich das Licht aus“, befürchtet Hartmann. 

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