Opossum HeidiSchräger Blick ist in Gefahr

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Heidi, das schielende Opossum aus dem Leipziger Zoo. (Bild: dpa)

Heidi, das schielende Opossum aus dem Leipziger Zoo. (Bild: dpa)

KÖLN - Heidi nimmt ab. 400 Gramm hat das Opossum des Leipziger Zoos schon abgespeckt. Auf dem Speiseplan nur noch Gemüse und fettarmes Fleisch. Keine fetten Insekten mehr. Heidis einst sehr dicker Schwanz ist dünner geworden. Und: Nach Aussagen der Zoomitarbeiter sind auch die drückenden Fettpolster hinter den Augen etwas geschmolzen. Was aus PR-Sicht katastrophale Folgen hat. Heidis Schielen geht nämlich zurück.

Es sei schon besser geworden mit dem extremen Silberblick, sagt man im Leipziger Zoo. Das schielende Opossum wird sich sein medienwirksames Adjektiv weghungern. Darüber wird zumindest spekuliert. Dabei fing der Ruhm doch gerade erst an. Ein Fotograf, der vor einigen Wochen die Tiere des neu gebauten Gondwanalandes in Leipzig knipste, bekam auch die schielende Heidi vor die Linse. Was für Augen! Welch ein Blick! Hieß es in Medienhäusern überall auf der Welt. Heidi wurde gedruckt, gefilmt, es gibt ihr zu Ehren ein Kuscheltier der Kosener Spielzeugmanufaktur, das schöner schielt als einst der Löwe Clarence aus der amerikanischen Kult-TV-Serie Daktari.

Ein Harzer Kinderchor besingt nun die Beutelratte und auch auf Youtube gibt es einen elektronischen Song, der über die übergewichtige Nagerin holprig dichtet: „Die Heidi ist sehr niedlich und auch sehr verspielt. Sie ist einzigartig, denn unsere Heidi schielt.“

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Bei Facebook hat der Beutelsäuger schon die Kanzlerin geschlagen. Mehr als 70 000 Menschen sind mit Heidi befreundet, Angela Merkel hat erst rund 64 000 Bekanntschaften geschlossen, dabei ist Merkel schon seit sechs Jahren auf der Suche nach elektronisch Vernetzten, Heidi erst seit einem Monat. Heidi tritt in große Fußstapfen. In die des Eisbären Knut, der vor vier Jahren den Zoologischen Garten Berlins in die Schlagzeilen brachte. Von der Mutter verstoßen, im Brutkasten aufgepäppelt, vom Pfleger aufgezogen. Die Eisbärin Flocke fällt einem noch ein, die alle Besucher des Nürnberger Tiergartens entzückte. Und natürlich Marla, das Elefantenbaby aus dem Kölner Zoo. Vielleicht wird der Leipziger Zoo ganz unerwartet eine Menge Geld verdienen mit Heidis Model-Tätigkeit als schielender Fettwanst. Das war nicht geplant. Dem Zoo, so hört man aus den Aussagen der Mitarbeiter, wäre es ohnehin lieber gewesen, die ausgeklügelte, teure Tropenerlebniswelt hätte die Menschen auf der Welt oder zumindest in Leipzig in Entzücken versetzt. Nicht dieses schlichte Opossum aus dem „Nachttierbereich“. Aber wenn dann eben doch Geld kommen sollte, werden die Erlöse, so wird versichert, in ein Artenschutzprogramm fließen. Einzig die Patenschaftsgebühren bleiben dem Zoo erhalten.

ksta.tv: „Heidi, das schielende Opossum“

Gut ein Dutzend Liebhaber waren schon bereit, 150 Euro Patenschaft für Heidi zu bezahlen. Was noch nichts ist im Vergleich zu den Erdmännchen, die haben rund 140 Paten. Aber Heidi steht nach Auskunft des Fördervereins im Leipziger Zoo ja auch erst am Anfang. Schließlich sei die Dame mit dem schrägen Blick für die Besucher noch gar nicht zu sehen. Noch in Quarantäne. Erst im Sommer wird die Tropenerlebniswelt Gondwanaland eröffnet. Dann allerdings - so wird zumindest spekuliert - könnte die zweieinhalb Jahre alte Übergewichtige sich soviel Fett weggehungert haben, dass da gar keine Fettpolster mehr hinter den Augen sind, welche die Fehlstellung ausgelöst haben könnten. Und Heidi wird vielleicht mit kerzengeradem Blick den Besuchern in die Augen schauen. Oder sich gar tot stellen, wie es Opossums in brenzligen Situationen gerne zu tun pflegen. Der Trubel wird dann nachlassen. Heidi wird kein Star mehr sein im großen Tropenhaus. Nur noch ein ganz normales hungriges Opossum.

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