Otto StraznickyEin Original wird 90

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Otto Straznicky ist auch mit 90 fit wie eh und je. (Bild: Komuth)

Otto Straznicky ist auch mit 90 fit wie eh und je. (Bild: Komuth)

Erftstadt-Köttingen – Trübsal blasen ist nicht sein Ding. Quicklebendig wie eh und je freut sich der Köttinger Eisenbahnfan und Heimatforscher Otto Straznicky (genannt „Ostra“) seines Lebens. Am heutigen Mittwoch wird er 90 Jahre alt. „Ich fühle mich toll“, sagt er. Das mag man ihm auch gerne glauben. Sein Credo lautet: „Man darf sich bloß nicht hängen lassen.“

Der betagte Herr fährt noch locker mit seinem Motorroller nach Köln, liest jeden Vormittag mit Freude seine Hauslektüre, den „Kölner Stadt-Anzeiger“, und schreibt gerne Briefe. Seitenweise, in filigraner Handschrift, korrekt jeden Bogen und Schnörkel gesetzt, als hätte ein Künstler die Buchstaben aufs Papier gezaubert.„Ostra“ ist in Erftstadt und weit darüber hinaus bekannt wie ein bunter Hund. Das Gesicht, die Gesten, der Auftritt sind unverwechselbar. Er ist Ehrenmitglied der Rheinflotte Blaue Jungs, ebenso beim Brühler Eisenbahnverein und beim Modelleisenbahnclub.Otto Straznicky erinnert sich genau: Durch Zufall kam er von Österreich ins Rheinland. Damals, 1944, war er in Köttingen als Mitglied einer Wehrmachteinheit einquartiert und lernte seine spätere Frau Änne kennen. „Ich sah sie auf der damaligen Heerstraße, Hausnummer 22. Sie war ein blutjunges Mädchen mit schwarzer Haarpracht.“ Die Eltern des Mädchens hätten ihn liebevoll aufgenommen. Straznicky blieb in seiner neuen, seiner „zweiten Heimat“. Die erste war und ist Wien, wo er geboren wurde.

Ein Köttinger Nachbar, Lokomotivführer in Knapsack, vermittelte Straznicky damals am Beginn seines Berufslebens eine Arbeitsstelle als Heizer auf der Rangier- und Anschlussbahn der Brikettfabrik „Roddergrube“. „Allerdings erlebte ich keine romantischen Gefühle, denn die Wechsel- und insbesondere Nachtschichten verdarben mir den Spaß an der Eisenbahn gründlich.“ Als „positiven Wendepunkt“ sieht der Köttinger den Erwerb des Meistertitels (1967) und den Schritt zur Selbstständigkeit mit einer kleinen Schlosserwerkstatt. Der Mann mit dem Talent zum Basteln legte sich über viele Jahre eine der beachtlichsten Modelleisenbahn-Sammlungen zu und schuf sich in seinem Haus an der Hubert-Rüttger-Straße ein Abbild aus über 140 Jahren Eisenbahngeschichte.„Ostras“ Modellbahnsammlung besteht aus seltenen Märklin- und Bing-Lokomotiven von 1885 bis heute und umfasst dabei nicht nur H0-Loks, sondern auch Gleisstücke und Modelle der Spuren 0 und 1.

Otto Straznicky sammelt seit 1962 auch Fabrikschilder. 500 davon hat er, darunter begehrte Sammlerstücke wie das belgische Fabrikschild der Firma „Ateliers Detombay“. Auch Lampen und Signalgeräte gehören dazu, manches in kleiner Nachbildung, aber auch viele Originale. Die Liebe zur Historie war es auch, die Straznicky antrieb, Industriedenkmäler (etwa die alte Klüttenpresse auf dem Köttinger Ortsmittepunkt) oder die Rodder-Lok vor der Donatus-Grundschule in Liblar zu beschaffen. Und der Stadt schenkte er unlängst 200 alte Aufnahmen von Erftstädter Industrieanlagen und Maschinen. Vielen Bahnfans dürfte der Mann mit dem Schnäuzer aufgrund der „Ostra-Bahn“ bekannt sein. Die Fünf-Zoll-Bahn war auf vielen Festen im Einsatz, auf den Anhängern wurden die Kinder umher gefahren. Die Bahn war rund800-mal im Einsatz. Dabei wurden mehr als eine Viertelmillion Kinder befördert. Nun steht sie im Ausstellungsgelände „Ars Technica“ in Losheim. Andere Teile der Sammlung beherbergt Enkel Ralph in einer Halle im Nörvenicher Gewerbegebiet bei einer Modellbaufirma, wieder andre Teile landeten in einem Eisenbahnmuseum in Wien. Einige Exemplare stehen noch in Ostras Köttinger Vitrinen.

Loks und Kesselwagen, Schienen oder Haltesignale sind aber nicht mehr das ganz große Thema des 90-Jährigen. Der Mann mit dem Talent, Menschen zu unterhalten, entdeckte vor etwa zwölf Jahren seine Leidenschaft fürs Theaterspiel und engagiert sich seitdem beim Altentheater des Freien Werkstatt-Theaters Köln. „Ich habe seitdem keine einzige Probe verpasst“, sagt er stolz . Regisseurin Ingrid Berzau habe in ihm eine wahre Leidenschaft fürs Theaterspiel entfacht. „Ach hätte man mich nur schon früher aufs Theaterspielen gebracht.“, Die nächste Premiere stehe Ende Mai an. Titel: „Ja, was ist das Alter?“

Otto Straznicky: „Das ganze Leben ist doch eine Bühne. Doch im Theater stellt man nicht nur dar. Man kann Menschen bewegen, sie zum Lachen bringen, Freude weitergeben.“ Den Ausspruch des Buchautors Reinhard Abeln „Jeder kann Freude schenken“ habe er sich zum Vorsatz genommen. Und der 90-Jährige setzt gleich mit einer Lebensweisheit noch einen drauf: „Der hat sein Leben am besten verbracht, der die meisten Menschen hat froh gemacht.“

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