„Fahrspurende“AfD-Politiker blamiert sich mit Tweet gegen „Genderwahnsinn“

Lesezeit 3 Minuten
Fahrspurende

Vor Baustellen enden gelegentlich Fahrspuren.

Während der Corona-Krise ist es medial etwas ruhiger um die AfD geworden. Das Thema Migrationspolitik, eines der Lieblingsfelder der Rechtspopulisten, steht derzeit weniger auf der Tagesordnung. Zu Zeit des Lockdowns versuchte man allerdings, die Grenzschließungen durch die Bundesregierung zu kritisieren – absurderweise eine Position, die die Partei bei der Flüchtlingspolitik selber immer wieder vertreten hatte.

Die AfD versucht seit einigen Monaten außerdem, durch ihre Kritik am vermeintlichen „Genderwahn“ oder „Gendergaga“ Aufmerksamkeit zu erzielen. In Zeiten, in denen auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und TV immer häufiger der Gender Gap mitgesprochen wird, sich das Hinzufügen der weiblichen Schreibweise allmählich durchsetzt oder eine neutrale Ausdrucksweise benutzt wird, meint man sich als Hüter der Tradition inszenieren zu können. Neben den Medien sind die Grünen, die sich schon seit Jahren für eine gendergerechte  Sprache einsetzen, zur Zielscheibe der AfD-Häme geworden.

Fahrspurende? Was soll das sein?

Der Spott kann aber auch schnell nach hinten losgehen, wie der Berliner AfD-Abgeordnete Gunnar Lindemann jetzt feststellen musste. „Frau übersieht Fahrspurende und fährt in Baustelle – zwei Verletzte“ – mit dieser Überschrift machte die „BZ“ am Montagabend auf einen schweren Unfall im brandenburgischen Michendorf aufmerksam. So weit, so richtig.

Blöd nur, dass Lindemann offenkundig ein großes Problem damit hatte, diese Überschrift richtig zu lesen. Zugegeben: Das Wort „Fahrspurende“ ist auf den ersten Blick tatsächlich ein bisschen ungewohnt. Aber eben nur auf den ersten Blick. Nach kurzem Nachdenken sollte klar sein, dass damit natürlich das Ende einer Fahrspur gemeint ist und nicht etwa eine neutrale Ausdrucksweise wie „Studierende“ oder „Lesende“.

Stattdessen las er in dem Wort etwas ganz anderes: „Der tägliche Genderwahnsinn: Jetzt werden sogar Fahrspuren gegendert“, twitterte er mit Verweis auf die Überschrift der „BZ“. Bitte was? In Lindemanns Augen sei das Wort Fahrspurende eine genderneutrale Version von… ähm… ja von was eigentlich? Der Fahrspurer? Was soll das für ein Substantiv sein?

Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten.

Lindemann sah auch nach genauerem Hinsehen das Ende des Tunnels – oder eben der Fahrspur – nicht: Er schrieb, als er so zahlreich auf seinen Fauxpas aufmerksam gemacht wurde, das Wort „Fahrspurende“ komme ja in der Tat gar nicht im Duden vor. 

Dass es sich bei dem Wort allerdings um ein Kompositum, also ein zusammengesetztes Wort handelt und es daher nicht extra im Duden aufgeführt wird, hatte er offensichtlich nicht verstanden. Auch darauf wurde er wieder von aufmerksamen Usern hingewiesen.

Auch sonst war der Tweet natürlich ein gefundenes Fressen für zahlreiche Nutzer. Knapp 1.300 Retweets erreichte er am Vormittag, zumeist mit bissigen und sich lustig machenden Kommentaren unterlegt. (cme, ft)

KStA abonnieren