Abo

Flut-KatastropheDeutscher Wetterdienst weist Vorwürfe zurück

Lesezeit 25 Minuten
Neuer Inhalt

Eine Hinweistafel des Deutschen Wetterdienstes.

Koblenz/Hagen – Nachdem sich das verheerende Wasser aus vielen Flutgebieten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz allmählich zurückgezogen hat, stehen nun die Aufräum- und Wiederaufbau-Arbeiten an. Die Ereignisse im Newsblog.

  • Mittwoch, 25. August

DWD: Keine unpräzisen Warnungen vor Hochwasser in NRW

18.47 Uhr: Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hat mit Nachdruck den Vorwurf zurückgewiesen, zu ungenau vor dem verheerenden Hochwasser Mitte Juli in Nordrhein-Westfalen gewarnt zu haben. Aus der Warnchronologie werde ersichtlich, „dass das Ereignis meteorologisch erkennbar und vorhersagbar war“, teilte der DWD am Mittwoch in Offenbach in einer Stellungnahme mit.

Das NRW-Umweltministerium hatte in einem Bericht für den Landtag zu den Hochwasserereignissen auch den DWD in die Verantwortung genommen. Dessen Angaben seien in einem relevanten Punkt „nicht präzise“ gewesen.

Alles zum Thema Deutscher Wetterdienst

Dem hielt der DWD entgegen, man habe schon frühzeitig vor länger anhaltenden, gewittrig und mit Starkregen durchsetzten Niederschlagsereignissen „mit in der Region zuvor kaum dagewesenen Niederschlagsmengen gewarnt“. Dabei sei vor Mengen von mehr als 100 Liter pro Quadratmeter, teils bis 200 Liter pro Quadratmeter in 48 Stunden und in einer großen Fläche gewarnt worden.

Die Schwierigkeit bei einer solchen Wetterlage sei allerdings die punktuelle Vorhersage, wo genau sich Gewitter- und Starkniederschlagsereignisse einstellen werden und ob sie eventuell mehrfach denselben Ort treffen. Diesem Umstand habe das Warnmanagement in vollem Umfang Rechnung getragen. „Das bestehende Beratungsangebot des DWD mit direktem Austausch wurde nach den uns vorliegenden Informationen augenscheinlich zu wenig genutzt“, erklärte der Wetterdienst.

Die Grünen im NRW-Landtag warfen der Landesregierung vor, sie versuche „ihre Weste reinzuwaschen“. Im Bericht des Umweltministeriums finde sich nichts zum Handeln der Regierung, monierte der umweltpolitischer Sprecher Norwich Rüße. Zudem habe Heinen-Esser aus der Warnung des DWD „wissentlich“ einen zentralen Halbsatz verschwiegen. Das Handeln der Landesregierung und der Behörden in der Katastrophe müsse in einem Untersuchungsausschuss aufgearbeitet werden, bekräftigte er die Grünen-Forderung.

SPD stellt Landesregierung Ultimatum für Antworten zur Flut

18.33 Uhr: Die SPD-Fraktion droht der Landesregierung mit einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen. Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sei ein Katalog mit 45 Fragen übermittelt worden, sagte der stellvertretende Fraktionschef der SPD, Sven Wolf, am Mittwoch in Düsseldorf.

Die Landesregierung habe die Chance, diese sachlichen Fragen bis zum 6. September vollumfänglich zu beantworten. Tue sie das nicht, bleibe als letztes parlamentarisches Mittel nur der Untersuchungsausschuss, erklärte er.

Es gehe um die 49 Tote der Hochwasserkastastrophe und die zentrale Frage, hätten Menschenleben gerettet werden können.

„Die Flut war eine Katastrophe mit Ansage“, bekräftigte Wolf die Kritik der SPD mit Verweis auf Informationen, die schon Tage vor dem Hochwasser auf drohendes Extremwetter hingewiesen hätten. Diese Ansage scheine in der Landesregierung aber niemand gehört zu haben. „Wir brauchen jetzt schnelle Antworten, weil das die Menschen auch vor Ort wollen und es sollte auch für keinen der Betroffenen der Eindruck entstehen, dass irgendjemand hier politischen Geländegewinn machen will“, sagte Wolf auf die Frage, warum die SPD nicht umgehend dem Vorstoß der Grünen zu einem Untersuchungsausschuss folge.

  • Sonntag, 15. August

Starke Hochwasser-Schäden an über 300 Höfen in NRW

09.26 Uhr: Vier Wochen nach der Flutkatastrophe werden die bei Bauern entstandenen Schäden deutlicher. Auf etwa 300 Höfen in Nordrhein-Westfalen gebe es Flutschäden an Ställen, Häusern oder Maschinen, teilte die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen mit. Damit hat sich die Zahl gegenüber einer ersten Schätzung, als noch von 100 betroffenen Hofstellen die Rede war, deutlich erhöht. Viele Landwirte hätten sich bereits gemeldet. Das Hochwasser hatte vielerorts Felder mit Zuckerrüben, Getreide, Mais, Kartoffeln und Grünland überschwemmt und die Ernte teils vernichtet.

Die meisten Hochwasserschäden in der Landwirtschaft gebe es im Raum Aachen sowie in den Kreisen Düren und Euskirchen, sagte Kammersprecher Bernhard Rüb. Betroffen seien auch Landwirte aus den Kreisen Rhein-Sieg, Rhein-Erft, Viersen, Heinsberg sowie Gebiete an der Wupper und deren Nebenflüssen. „Es gibt auch große Verluste an Futtervorräten“, berichtete der Sprecher. Auf den Feldern seien Heu- und Strohballen von dem Hochwasser mitgerissen worden. Die nach drei Dürrejahren ohnehin getroffenen Landwirte wollten den Wiederaufbau planen und warteten auf eine Aussage über die Verteilung der Hilfsgelder.

Die Landwirtschaftskammer hat unterdessen im Auftrag der Landesregierung mit der Untersuchung von Pflanzen auf Schadstoffe begonnen. Dafür werden Proben von 150 ausgewählten Äckern und Wiesen genommen, die überflutet waren. Erste Ergebnisse lägen in etwa zwei Wochen vor, sagte der Sprecher. Das Hochwasser hatte auch Autos, Öltanks und Haushaltsgeräte mitgerissen und auf Felder gespült. Die Proben sollen unter anderem auf Schwermetalle und Spuren von Mineralöl untersucht werden.

  • Samstag, 14. August

Krisenstab: Orte im Ahrtal zumindest notdürftig wieder erreichbar

17.38 Uhr: Einen Monat nach der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal sind alle Orte über das Straßennetz zumindest notdürftig wieder erreichbar. Die Situation werde durch Räumarbeiten, provisorische Hilfswege und Behelfsbrücken stetig verbessert, teilte der Krisenstab in Bad Neuenahr-Ahrweiler (Rheinland-Pfalz) am Samstag mit. Im Bereich Dernau sei eine weitere Behelfsbrücke vom Technischen Hilfswerk (THW) eröffnet worden.

Am Samstag seien erneut mehr als 3000 Kräfte von Feuerwehr, Hilfsorganisationen, THW, Polizei und Bundeswehr im Schadensgebiet im Einsatz gewesen. Die Wiederherstellung der Infrastruktur mit Strom, Gas, Wasser und Abwasser sowie die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln, Duschen und Toiletten stünden weiter im Vordergrund. Private Helferinnen und Helfer seien weiter willkommen, teilte der Krisenstab mit. „Das Ahrtal braucht weiterhin jede helfende Hand.“ Die Helfer-Shuttle-Unternehmen pendelten auch am Wochenende ins Krisengebiet und sorgten für die An- und Abreise.

  • Dienstag, 3. August

Scholz erwartet mehr als sechs Millarden Euro an Hochwasserschäden

13.50 Uhr: Bundesfinanzminister Olaf Scholz geht davon aus, dass der Wiederaufbau nach der verheerenden Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen mehr als sechs Milliarden Euro kosten kann. In etwa diese Summe sei bisher für die Wiederaufbauarbeiten nach der letzten großen Hochwasserkatastrophe im Jahre 2013 ausgegeben worden, sagte der SPD-Kanzlerkandidat am Dienstag bei einem Besuch im hart getroffenen Stolberg bei Aachen. Doch die Schäden in NRW und Rheinland-Pfalz überträfen wahrscheinlich das Ausmaß dessen, was damals in elf Bundesländern zu verzeichnen gewesen sei.

„Wir wollen allen helfen beim Wiederaufbau, beim Ersatz der Schäden - und darum geht es ja auch um Milliarden“, sagte Scholz. Was niemand wieder gut machen könne, seien dagegen die zerstörten Leben, die zerstörte Gesundheit und alles das, was die Katastrophe in den Herzen und Köpfen der Menschen angerichtet habe. „Aber das, was man mit Geld in Ordnung bringen kann, das werden wir mit Geld in Ordnung bringen.“

Das Bundeskabinett werde am Mittwoch über Erleichterungen für die betroffenen Unternehmen entscheiden. Noch vor der Bundestagswahl soll außerdem ein Gesetz verabschiedet werden, das die Weichen für den Wiederaufbau stellt.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sagte in Stolberg, bisher seien im bevölkerungsreichsten Bundesland bereits 215 Millionen Euro an Soforthilfen ausgezahlt worden, und auch die Wiederaufbauhilfe werde bald fließen. Er betonte, beim Wiederaufbau werde es auch darum gehen, die Auswirkungen des Klimawandels zu berücksichtigen und so zu bauen, dass Hochwasser künftig nicht wieder solche Schäden anrichten könne.

Krisenstab: An Ahr nur geringer Anstieg des Pegels

13.14 Uhr: Trotz der vorhergesagten Gewitter mit Starkregen geht der Katastrophenschutzstab für die Ahr nur von einem geringfügigen Anstieg des Pegelstandes aus. An kleineren Flussläufen könne es lokal zu Überschwemmungen kommen, hieß es am Dienstagmittag. „Die Einsatzkräfte vor Ort sind informiert und weitere Einsatzkräfte wurden bereits in Bereitschaft versetzt“, erklärte der Krisenstab. Niederschlagsmengen und Pegelstände würden ständig überwacht und ausgewertet. Der Katastrophenschutzstab stehe im ständigen Austausch mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) und dem Hochwassermeldedienst beim rheinland-pfälzischen Landesamt für Umwelt.

Der Kreis Ahrweiler war bei der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz vor drei Wochen besonders stark betroffen. Die Zahl der Menschen, die bei der Flut im Ahrtal ihr Leben verloren hatten, war bis Montag auf 138 gestiegen.

Für den Norden von Rheinland-Pfalz sowie Teile Nordrhein-Westfalens und Hessens galt am Mittag eine DWD-Unwetterwarnung der Stufe 2 („Warnung vor markantem Wetter“). In der Nacht zum Mittwoch sollten Schauer und Gewitter langsam nachlassen.

  • Montag, 2. August

Staatsanwaltschaft prüft Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung im Ahrtal

13.38 Uhr: Die Staatsanwaltschaft Koblenz prüft die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nach der Unwetterkatastrophe im Ahrtal. Es gebe den Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung infolge möglicherweise unterlassener oder verspäteter Warnungen oder Evakuierungen, teilte die Behörde am Montag mit. In die Prüfung würden neben Presseberichten auch Feststellungen aus Todesermittlungsverfahren und weitere polizeiliche Hinweise einbezogen.

Es lägen inzwischen auch polizeiliche Erkenntnisse zum Tod von zwölf Menschen in einer Betreuungseinrichtung in Sinzig vor, hieß es weiter. Diese würden daraufhin ausgewertet, ob sich aus ihnen der Anfangsverdacht von Straftaten ergebe. Im Erdgeschoss des Wohnheims war das Wasser innerhalb kürzester Zeit schnell gestiegen, die Menschen konnten nicht mehr in Sicherheit gebracht werden.

Nach den Unwettern und dem darauf folgenden Hochwasser in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Bayern Mitte Juli wurden inzwischen mehr als 180 Todesopfer registriert. Das rheinland-pfälzische Ahrtal war von der Katastrophe besonders betroffen. In dem Bundesland stieg die Zahl der Todesopfer nach Angaben der Polizei bis Montag auf 138. Weitere 26 Menschen galten noch als vermisst.

Der Einsatzleiter Heinz Wolschendorf verteidigte am Montag den Rettungseinsatz im Ahrtal. „Wir haben letztendlich alles, was möglich war, getan, um die Bevölkerung zu unterstützen und Rettungsaktionen durchzuführen“, sagte er. Wegen der Dimension des Einsatzes seien „gewisse Dinge“ am Anfang aber einfach nicht zu überblicken gewesen. Am Wochenende hatte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet, dass der Landkreis Ahrweiler offensichtlich in der Nacht vor der Flutkatastrophe vom Landesumweltamt gewarnt worden sei, darauf aber nicht rechtzeitig reagiert habe. Schon am Vortag, am Nachmittag des 14. Julis, habe das Landesumweltamt demnach Prognosen veröffentlicht, die einen Pegelstand der Ahr von 3,70 Meter vorhergesagt hätten. Am Abend habe es Mails und Online-Informationen der Landesbehörde gegeben. Darin sei gegen 21.30 Uhr ein erwarteter Pegelstand von fast sieben Metern genannt worden. Dennoch habe der Landkreis erst gegen 23.00 Uhr den Katastrophenfall ausgerufen. Landrat Jürgen Pföhler (CDU) wies die Vorwürfe am Sonntag zurück.

  • Samstag, 31. Juli

Landkreis Ahrweiler soll Warnungen missachtet haben

10.54 Uhr: Der Landkreis Ahrweiler ist laut einem Medienbericht vor der Flutkatastrophe in der Nacht auf den 15. Juli präzise gewarnt worden, ohne jedoch rechtzeitig darauf zu reagieren. Es seien bei der Kreisverwaltung mehrere automatisierte Mails des rheinland-pfälzischen Landesumweltamts eingegangen, berichtete die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ unter Berufung auf einen Sprecher der Behörde.

Bereits am Nachmittag des 14. Juli veröffentlichte das Landesumweltamt demnach Prognosen, die einen Pegelstand der Ahr von deutlich mehr als dem vorherigen Höchststand von 3,7 Meter vorhersagten. Am Abend habe es dann neben den Mails auch weitere Online-Informationen der Landesbehörde gegeben. Darin sowie in den Mails an die Kreisverwaltung sei gegen 21.30 Uhr ein erwarteter Pegelstand von fast sieben Metern genannt worden. Dennoch habe der Landkreis erst gegen 23 Uhr den Katastrophenfall ausgerufen und Evakuierungsmaßnahmen eingeleitet. Lediglich am frühen Abend war die Warnung laut „FAZ“ zwischenzeitlich etwas entschärft worden.

Damit habe Landrat Jürgen Pföhler (CDU) seine zunächst abwartende Haltung begründet. Landesinnenminister Roger Lewentz (SPD) verwies gegenüber der „FAZ“ auf die Zuständigkeit der Kreisverwaltung. Er kündigte an, die Abläufe an dem Abend würden „exakt aufgearbeitet“ werden.

  • Montag, 26. Juli

Bis zu 100 Höfe in NRW komplett unter Wasser

Die Landwirtschaftskammer hat zahlreiche Bauernhöfe ermittelt, die im Hochwasser mit ihren Feldern komplett unter Wasser waren. Nach einer ersten Auswertung von Satellitenbildern seien etwa 75 bis 100 Höfe derart gravierend betroffen gewesen, berichtete die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. Die Auswertung sei aber noch nicht abgeschlossen.

„Die direkte Kontaktaufnahme ist momentan schwierig“, sagte ein Kammersprecher. Einige Hofstellen seien nicht erreichbar und viele Landwirte noch mit Notfall- und Schutzmaßnahmen beschäftigt. Vor allem die besonders betroffenen Landwirte könnten noch nicht über die Lage sprechen, sie seien emotional stark aufgewühlt. Bei Landwirten sei der Hof zugleich Wohnort und Arbeitsplatz. Ein Hochwasser in der Erntezeit sei ungewöhnlich. „Das kennen wir so nicht.“

Durch das steigende Wasser, aber auch durch Starkregen wurden Felder überschwemmt. Ganze Felder mit reifem Getreide wurden durch die Fluten umgespült oder durch Starkregen zu Boden gedrückt. Betroffen sind unter anderem auch Spargel-, Mais-, Erdbeer- oder Kartoffelfelder und Grünland.

Nach einer ersten Schätzung haben etwa 15.000 Hektar landwirtschaftliche Flächen Überschwemmungsschäden. Das sei ein geringer Teil der gesamten landwirtschaftlichen Fläche von Nordrhein-Westfalen, aber bei den betroffenen Bauern bis zu hundert Prozent der bewirtschafteten Felder, so die Kammer.

  • Donnerstag, 22. Juli

Kölner Feuerwehr sorgt mithilfe von Elon Musk für kostenlosen Internetzugang in Krisengebieten

Der Fernmeldedienst der Kölner Feuerwehr sorgt für Internet in den schwer getroffenen Hochwassergebieten. Wie die Pressestelle auf Twitter mitteilte, haben die Einsatzkräfte im besonders schwer getroffenen Ahrtal am Donnerstag zwölf Satellitenschüsseln angebracht, über die Betroffene kostenlosen Internetzugang erhalten können. Auch das zusammengebrochene Mobilfunknetz soll so stabilisiert werden.

Die Satellitenschüsseln vom Typ „Starlink“ werden vom Unternehmen „SpaceX“ hergestellt, das Milliardär Elon Musk gegründet hat. Musks Plan ist es, durch die Satellitenschüsseln weltweit für schnelles Internet zu sorgen.

Bezirksregierung Köln ruft zur Hilfe bei Müllentsorgung in Katastrophengebieten auf

Die Bezirksregierung appelliert an Unternehmen und Anlagenbetreiber, die von der Flutkatastrophe betroffenen Kommunen und Privathaushalte bei der Müllentsorgung zu unterstützen. In den Hochwassernotstandsgebieten seien „unvorstellbar große Abfallmengen und Abfallgemische angefallen“, die dringend entsorgt werden müssten, so die Kölner Behörde. Da die herkömmliche Entsorgungsinfrastruktur aber bereits restlos ausgelastet sei, benötige man Hilfe aus der Privatwirtschaft.

Benötigt werden unter anderem Transportmöglichkeiten, Lagerflächen beziehungsweise Tanks zur Zwischenlagerung von Flüssigkeiten und Schlämmen sowie Behandlungsmöglichkeiten für verschiedene Abfälle wie Sperrmüll, Elektroschrott, Öl-/Wasser-Gemische und ähnliches. Firmen, die ihre Hilfe anbieten wollen, finden dazu ein Formular auf der Internetseite der Bezirksregierung. (pf)

Appell von Autobahn GmbH: Lebensgefahr auf gesperrten Autobahnen

Aus gegebenem Anlass möchte die Autobahn GmbH Rheinland dringend an alle Verkehrsteilnehmer appellieren, die derzeit gesperrten Autobahnen nicht zu betreten oder zu befahren. Auch wenn Schäden auf den ersten Blick nicht erkennbar sind, kann die Fahrbahn dennoch unterspült und abgängig sein. Im schlimmsten Fall besteht Einsturzgefahr – ganz gleich ob mit einem Fahrzeug oder zu Fuß. Es ist lebensgefährlich, als ungeschulter Außenstehender die gesperrten Autobahnen zu betreten. Zudem gefährden sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die weiterhin unermüdlich auf diesen Strecken im Einsatz sind.

Bislang 47 Unwetter-Tote in NRW - Polizei korrigiert Zahl

Bei der Unwetterkatastrophe sind in Nordrhein-Westfalen nach bisherigen Erkenntnissen 47 Menschen ums Leben gekommen. Die Kölner Polizei korrigierte am Mittwoch ihre Angaben vom Vortag, wonach eine weitere Leiche in Bad Münstereifel gefunden und die Zahl der Toten im Kreis Euskirchen damit auf 27 gestiegen sei. Dies habe sich zwischenzeitlich nicht bestätigt, es gebe 26 Todesopfer im Kreis Euskirchen, teilte die Polizei am Mittwoch mit und entschuldigte sich für ihren Fehler.

Die deutsche Versicherungsbranche rechnet mit versicherten Hochwasserschäden in Höhe von vier bis fünf Milliarden Euro. Das seien erste vorläufige Schätzungen und sie beträfen nur die Länder Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, teilte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) am Mittwoch mit. Die Hochwasserkatastrophe gehöre damit „zu den verheerendsten Unwettern der jüngeren Vergangenheit“, erklärte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.

Nordrhein-Westfalen kündigt Soforthilfen an

Die nordrhein-westfälische Landesregierung wird 200 Millionen Euro für die Opfer der Unwetterkatastrophe bereitstellen. Das kündigte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Dienstag im „heute journal“ des ZDF an. „Das Land Nordrhein-Westfalen wird 200 Millionen Euro bereitstellen, die dann der Bund verdoppeln will“, sagte er. Laut Düsseldorfer Regierungskreisen gibt es eine Zusage des Bundes, Soforthilfen der Länder zu verdoppeln.

  • Mittwoch, 21. Juli

Land Rheinland-Pfalz stellt Soforthilfen für Flutopfer bereit

Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat für Betroffene der Hochwasserkatastrophe in dem Bundesland Soforthilfen bis zu 3500 Euro pro Haushalt beschlossen. Das Geld soll ohne Bedürftigkeitsprüfung schnellstmöglich über die Kreisverwaltungen ausgezahlt werden, teilte die Staatskanzlei in Mainz am Dienstag mit.

„Wer durch das Hochwasser einen Schaden an Wohnraum, Hausrat oder Kleidung erlitten hat, bekommt unbürokratisch und schnell Hilfe“, teilte Innenminister Roger Lewentz (SPD) mit. Eine Vermögensprüfung sei nicht notwendig, Spenden würden nicht angerechnet. „Damit hoffen wir dazu beitragen zu können, die akute Not vieler Menschen ein Stück weit zu lindern.“

Darüber hinaus seien auf dem Spendenkonto der Landesregierung mehr als 6,2 Millionen Euro an Privatspenden eingegangen, teilte die Staatskanzlei mit. „Das Geld soll über die Kreisverwaltungen verteilt werden“, meinte Lewentz. „Vor Ort kann am besten gesehen werden, wo die Not am größten ist und wie Abhilfe geschaffen werden kann.“

Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sprach von einer „beispiellosen Spendenbereitschaft“. Das Leid vieler Menschen sei unermesslich. „Umso wichtiger ist dieses starke Signal der Solidarität mit der Region. Es ist für die Menschen vor Ort wichtig zu erfahren, dass sie in ihrem Leid nicht alleine sind“, betonte sie.

Zahl der Unwetter-Toten in NRW steigt auf 48

Die Zahl der Todesfälle nach der Unwetterkatastrophe ist in Nordrhein-Westfalen um ein Opfer auf 48 gestiegen. Wie das Kölner Polizeipräsidium am Dienstag mitteilte, hat ein Leichenspürhund einen weiteren, noch nicht identifizierten Toten im Katastrophengebiet in Bad Münstereifel gefunden.

Mehr als 850 als vermisst gemeldete Menschen hätten die Ermittler mittlerweile telefonisch erreicht. Aktuell suche die Polizei noch nach 14 Menschen aus dem Raum Bonn/Rhein-Sieg-Kreis und zwei aus dem Kreis Euskirchen, der in NRW die meisten Todesopfer nach dem Starkregen zu beklagen hat.

500 Polizisten seien im Einsatz, um neben der Vermisstensuche auch das Hab und Gut der von der Naturkatastrophe getroffenen Menschen in den Kreisen Rhein-Sieg und Euskirchen zu schützen. In den Katastrophengebieten stellten die Einsatzkräfte vermehrt sogenannte Schrotthändler fest, die häufig glaubten, dass am Straßenrand trocknende Möbel Müll sein könnten und mitgenommen werden dürften. Dies werde jedoch in jedem Fall strafrechtlich verfolgt, warnte die Polizei.

ADAC-Luftrettung: Einsatzbild im Katastrophengebiet wandelt sich

Im Katastrophengebiet in Rheinland-Pfalz wandelt sich einige Tage nach den folgenschweren Unwettern nach Angaben der ADAC Luftrettung das Einsatzbild allmählich. Vor allem direkt nach der Flut seien von zweien aus München und Landshut nach Koblenz verlegten Rettungshubschraubern mit Seilwinden zahlreiche Einsätze geflogen worden, berichtete ein Sprecher der ADAC Luftrettung am Dienstag in München.

Von Donnerstag bis Montagabend seien es 65 solcher Windeneinsätze gewesen im Krisengebiet in Rheinland-Pfalz, vereinzelt auch in Nordrhein-Westfalen. Verletzte seien geborgen und 40 Menschen aus Zwangslagen befreit worden, etwa von Dächern oder aus von Wasser eingeschlossenen Häusern oder Plätzen.

Mittlerweile würden vermehrt auch wieder normale Rettungseinsätze in der Region geflogen, etwa wegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Arbeitsunfällen. In der Region sei derzeit eine Menge schweres Gerät. Neben den zwei Hubschraubern mit Spezialwinden, von denen einer mittlerweile wieder in Bayern ist, sind im Krisengebiet auch die üblichen örtlichen ADAC-Rettungshubschrauber aus Wittlich, Koblenz sowie Aachen/Würselen und Köln in NRW im Einsatz.  

Zahl der Toten im Kreis Ahrweiler steigt auf 122 

Fünf Tage nach dem verheerenden Hochwasser in Rheinland-Pfalz ist die Zahl der Toten im Kreis Ahrweiler auf 122 gestiegen. Weitere 763 Menschen wurden verletzt, wie ein Polizeisprecher am Dienstag in Koblenz sagte. Aktuell würden noch 155 Menschen vermisst, sagte der Sprecher weiter.

Fernverkehr der Bahn läuft nach Hochwasser ohne Einschränkungen

Der Fernverkehr der Bahn läuft nach der Hochwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen wieder ohne Einschränkungen. Nach Informationen der Bahn von Dienstag fahren die Züge zwischen Köln, Wuppertal und Hagen als auch im Ruhrgebiet wieder. Auch auf den Strecken Köln in Richtung Rhein-Main-Gebiet sowie zwischen Köln und Brüssel und in Richtung Amsterdam sind die Verbindungen wieder ohne Unterbrechung zu nutzen.

Pendler und Reisende im Nah- und Regionalverkehr müssen dagegen weiter mit Einschränkungen rechnen. In den Hochwasserregionen sind sieben Brücken und 24 Kilometer Schienen-Strecken laut Mitteilung nicht mehr oder nur noch zum Teil vorhanden. Betroffen sind sieben Regionalstrecken, die zum Teil neu gebaut oder umfassend saniert werden müssen.

Insgesamt wurden 80 Bahnstationen durch das Unwetter beschädigt. Insgesamt sind Gleise auf einer Länge von 600 Kilometern von den Unwetterfolgen betroffen. Die Bahn spricht von Reparatur- und Wiederaufbaumaßnahmen, die Wochen bis Monate dauern werden.

Rund 30 000 Menschen im Westen noch ohne Strom

Im Westen Deutschlands waren nach dem verheerenden Unwetter der vergangenen Woche auch am Montagmittag noch rund 30 000 Menschen im Gebiet des Versorgers Westnetz ohne Strom.

Die genaue Zahl der Betroffenen sei aufgrund der enormen Zerstörungen und Evakuierungen nur sehr schwer zu ermitteln, teilte der Westnetz-Mutterkonzern Eon mit. Der Konzern ist nach eigenen Angaben dabei, Mitarbeiter, Notstromaggregate und anderes technisches Gerät aus anderen Regionen in die Krisengebiete zu transportieren, um bei der Bewältigung der Krise zu helfen.

Caritas zahlt 1,5 Millionen Euro Soforthilfe aus

Die Caritas zahlt für die von der Hochwasserkatastrophe betroffenen Menschen Spenden in Höhe von 1,5 Millionen Euro als Soforthilfe aus. Das Geld werde nach dem dringendsten Bedarf vor Ort verteilt, teilte der Sozialverband am Montag in Freiburg mitte. Das könnten sowohl Soforthilfen in Form von Bargeldauszahlungen als auch psychologische Beratungsangebote oder Hilfen bei Unterstützungsanträgen sein.

Aus den bereitgestellten Soforthilfen könnten unter anderem Evakuierungen, die Unterbringung und Versorgung von Flutbetroffenen, aber auch einmalige pauschale Geldzuwendungen in geringer Höhe unmittelbar bezahlt werden. Der Verband sei „überwältigt davon, wie groß bundesweit die Hilfsbereitschaft der Menschen ist“, erklärte Caritas-Präsident Peter Neher. Das mache allen, die daran mitarbeiten, das Leid zu lindern, „große Hoffnung“.

Innenminister Reul lobt Reaktion von Städten und Kreisen

In der Unwetterkatastrophe haben die Städte und Kreise aus Sicht des nordrhein-westfälischen Innenministers gut reagiert. „Die Entscheidungen vor Ort sind richtig getroffen worden“, sagte Reul am Montag in Düsseldorf. „Ich kenne keinen Fall, wo auf Grund zu später Evakuierung Schaden entstanden ist.“ Ein größeres Problem sei vielfach gewesen, dass Menschen Warnungen nicht ernst genommen hätten und ihr Haus nicht verlassen wollten.

Die Kreise und Städte seien zuständig für die Schutzmaßnahmen, bekräftigte Reul. „Das ist ein scharfer Grundrechtseingriff, Leute von ihrem Grund und Boden zu vertreiben.“ Dies werde daher vor Ort sehr gründlich abgewogen.

Reul versprach, das Vorgehen der staatlichen Stellen „schonungslos und ehrlich“ aufzuklären. Dazu sei aber jetzt nicht die Zeit. Zur Kritik am Katastrophenschutz sagte Reul: „Das Wesen von Katastrophen ist, dass sie nicht vorhersehbar sind.“ Das gelte erst recht für Naturkatastrophen.

Innenminister: Anzahl der Todesopfer in NRW auf 47 gestiegen

In Nordrhein-Westfalen ist die Zahl der bekannten Todesopfer am Montag um einen Menschen auf 47 gestiegen. Wie Innenminister Herbert Reul (CDU) ergänzte, könne man noch immer nicht ausschließen, noch weitere Opfer zu entdecken.

Nach Kritik: Laschet kündigt Analyse von Abläufen beim Katastrophenschutz an

Nach Kritik am Katastrophenschutz in den Unwetterregionen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen hat NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) eine Analyse der Abläufe angekündigt. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz hob hervor, die Warninfrastruktur habe funktioniert, auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) wies Vorwürfe zurück.

Die Kritik war angesichts der hohen Zahl der Todesopfer in den Hochwassergebieten laut geworden; auch gab es am Wochenende Berichte über frühzeitige Alarmmeldungen des europäischen Hochwasser-Warnsystems Efas, aus denen betroffene Bundesländer demnach aber nicht die angemessenen Konsequenzen gezogen hätten. Laschet sagte bei einem gemeinsamen Besuch mit Seehofer an der zeitweise von Dammbruch bedrohten Steinbachtalsperre bei Euskirchen, die betroffenen Landkreise hätten auf Warnungen des Deutschen Wetterdienstes reagiert. „Wir werden das im Nachhinein untersuchen, wo können die Meldewege noch besser werden“, kündigte der CDU-Chef gleichwohl an.

Offensichtlich seien örtlich teils ganz andere Phänomene aufgetreten, als in den Katastrophenplänen standen, zum Beispiel nicht einkalkulierte Gefahren durch eine unterspülte Kiesgrube, sagte Laschet weiter. „Deshalb wird da eine genaue Analyse erforderlich sein.“ Seehofer verteidigte den Katastrophenschutz. Manches an der derzeit geäußerten Kritik sei einer „ganz billigen Wahlkampfrhetorik“ zuzuordnen, sagte er bei dem Termin mit Laschet. Dies sei fast schäbig. Seehofer kündigte aber ebenfalls eine Aufarbeitung der Abläufe an. Auch verwies er auf die Zuständigkeit der Länder für den Katastrophenschutz. Vize-Regierungssprecherin Martina Fietz sagte, es gebe beim Katastrophenschutz „kontinuierlichen Verbesserungsbedarf“.

400 Millionen Soforthilfe geplant – Bund und Länder sollen sich die Kosten teilen

Für die von den jüngsten Überschwemmungen betroffenen Regionen soll es einem Bericht zufolge eine Soforthilfe von Bund und Ländern in Höhe von mindestens 400 Millionen Euro geben. Dabei steuere der Bund 200 Millionen bei, die anderen 200 Millionen übernähmen die betroffenen Bundesländer, berichtete die „Rheinische Post“ (Dienstagsausgabe) unter Berufung auf Regierungskreise.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte am Wochenende von „deutlich mehr als 300 Millionen Euro“ gesprochen. Bei Bedarf könnten die Mittel über 400 Millionen Euro hinaus aufgestockt werden, hieß es nun laut der „Rheinischen Post“ aus Regierungskreisen. Die Soforthilfe soll demnach Teil eines Maßnahmenpakets rund um die Unwetterkatastrophe sein, mit dem sich der bisherigen Planung zufolge am Mittwoch das Bundeskabinett befasst. Dem Bericht zufolge soll auch ein milliardenschwerer Wiederaufbaufonds für zerstörte Infrastruktur in den Flutgebieten beschlossen werden.

An diesem Fonds sollten sich neben dem Bund alle 16 Länder finanziell beteiligen. Im Gespräch sei, dass es dazu in den kommenden zwei bis drei Wochen eine virtuelle Ministerpräsidentenkonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gebe. Der Bund wolle außerdem den Ländern die eigentlich vorgeschriebene Erstattung der Kosten für Rettungseinsätze von Bundespolizei, Technischem Hilfswerk (THW) sowie Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe erlassen, schrieb die „Rheinische Post“ weiter. Auch die aktuellen Bundeswehreinsätze sollten den Ländern nicht in Rechnung gestellt werden.

117 Tote und noch immer viele Vermisste in Rheinland-Pfalz

Am fünften Tag nach dem verheerenden Unwetter sind in Rheinland-Pfalz noch immer Tote geborgen worden. Ihre Zahl stieg von Sonntag auf Montag um 7 auf 117. Die Polizei rechnet mit weiteren Toten.

„In welchem Ausmaß, können wir nicht sagen“, berichtete Polizeisprecher Lars Brummer in Koblenz. Wie viele Menschen vermisst würden, sei immer noch unklar, weil die Handy- und Telefonnetze noch immer nicht überall funktionierten. Zudem konnten noch nicht alle Meldungen abgeglichen werden.

Kritik am Katastrophenschutz war weder aus den Kreisen und Kommunen, noch von der politischen Opposition zu hören. „Im Moment kümmern wir uns um das, was passiert ist“, hieß es im Krisenstab im besonders schwer getroffenen Kreis Ahrweiler. Der Kreis Vulkaneifel und der Eifelkreis Bitburg-Prüm sehen zunächst keine Mängel bei der Alarmkette. Im Kreis Trier-Saarburg stand eine Analyse noch aus. Die Landesregierung hatte am Sonntag auf das rasante Tempo verwiesen, mit dem Wassermassen alles mitgerissen hatten.

Seehofer an der Ahr: Wiederaufbau wird Milliarden kosten

Bei einem Besuch im Katastrophengebiet an der Ahr hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) die Kosten für den Wiederaufbau auf mehrere Milliarden Euro geschätzt. „Das ist eine Ausnahmesituation, die wir auch bei aller Anstrengungen vor Ort nur in einem großen nationalen Kraftakt bewältigen können“, sagte Seehofer am Montag in Bad Neuenahr-Ahrweiler.

In Begleitung von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner und dem rheinland-pfälzischen Innenminister Roger Lewentz (SPD) machte sich Seehofer auch einen Eindruck von Hilfseinsätzen wie dem Aufbau mobiler Trinkwasseranlagen durch das Technische Hilfswerk (THW). Der Katastrophenschutz in Deutschland sei gut aufgestellt, sagte Seehofer. Bund, Länder und Kommunen müssten sich aber auch gemeinsam Gedanken machen, welche Lehren aus dem Krisenmanagement zu ziehen seien. Es wäre falsch „in der Arroganz (zu) verharren“, dass man nichts mehr verbessern könne.

Bad Neuenahr-Ahrweiler: Autozulieferer ZF muss Produktion weiter aussetzen

In einem durch Hochwasser verwüsteten Werk des Autozulieferers ZF im rheinland-pfälzischen Bad Neuenahr-Ahrweiler ist vorerst keine Wiederaufnahme der Produktion in Sicht. Man könne wenige Tage nach der Hochwasserkatastrophe noch keine Angaben zur Dauer der Produktionsunterbrechung machen, zumal das Ausmaß der Schäden noch immer nicht abzusehen sei, sagte ein Sprecher des Konzerns mit Hauptsitz in Friedrichshafen am Montag auf Anfrage.

Auch zu der Frage, ob eine vorübergehende Verlagerung der in Bad Neuenahr-Ahrweiler ansässigen Produktion von Ventilen für elektronische Dämpfungssysteme an andere ZF-Standorte machbar oder konkret geplant sei, wollte sich der Sprecher nicht näher äußern. Es hieß lediglich, man unternehme „größtmögliche Anstrengungen“, um die Auswirkungen auf Liefervereinbarungen mit Kunden „so gering wie möglich“ zu halten.

In dem betroffenen Werk arbeiten nach ZF-Angaben regulär rund 280 Mitarbeiter. Durch das Hochwasser seien in der Nacht zum vergangenen Donnerstag unter anderem Produktions- sowie Lagerhallen geflutet worden. Das Wasser habe in dem Werk bis zu zwei Meter hoch gestanden. Von außen seien zwölf Fahrzeuge, darunter ein Wohnwagen, in die ZF-Hallen gespült worden. Das Werk sei stark verwüstet, der Boden mit einer dicken Schlammschicht bedeckt worden. Verletzte habe es nicht gegeben.

110 bestätigte Todesfälle in Ahrweiler

Im Kreis Ahrweiler in Reinland-Pfalz hat sich die Zahl der Todesopfer bis Sonntagmorgen auf 110 erhöht. Ebenso wurden 670 Personen verletzt, wie die Polizei mitteilte.

Die Zahl der Toten und Verletzten könnte sich aber weiter erhöhen. In einer Vielzahl der umliegenden Gemeinden gibt es auch weiterhin weder Strom noch Telefonempfang. Ebenso sind weiterhin eine Vielzahl der Straßen im Ahrtal gesperrt.

Es wird befürchtet, dass noch weitere Todesopfer und Verletzte hinzukommen. Weiterhin werden Menschen vermisst.

46 Todesopfer in NRW – darunter vier Feuerwehrleute

In Nordrhein-Westfalen ist die Zahl der Toten im Zusammenhang mit der Unwetterkatastrophe auf 46 gestiegen, darunter waren vier Feuerwehrleute. Das teilte eine Sprecherin des NRW-Innenministeriums am Sonntag mit.

Damit hat sich die Zahl der Todesopfer gegenüber Samstag um eine Person erhöht. Allein aus NRW seien 650 Polizisten und 19 000 Einsatzkräfte etwa von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk (THW) an den Rettungsarbeiten beteiligt, hieß es weiter.

Merkel vor Ort: „Gespenstisch“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat bei ihrem Besuch in den vom Hochwasser schwer getroffenen Gebieten in Rheinland-Pfalz schnelle Hilfe angekündigt. „Wir stehen an Ihrer Seite, Bund und Land“, sagte sie am Sonntag in Adenau im Kreis Ahrweiler. Bund und Land würden Hand in Hand arbeiten, „um die Welt wieder Schritt für Schritt in Ordnung zu bringen in dieser wunderschönen Gegend“. 

Sie sei gekommen, um sich ein reales Bild von der surrealen, „gespenstischen Situation“ vor Ort zu verschaffen, sagte Merkel. „Die deutsche Sprache kennt kaum Worte für die Verwüstung, die hier angerichtet ist.“

Am kommenden Mittwoch werde die Bundesregierung ein Programm verabschieden für schnelle Hilfen, mittelfristige Aufgaben und zur Wiederherstellung der Infrastruktur, versicherte Merkel. Es gehe darum, schnell zu handeln, aber mit langem Atem.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), der am Samstag mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Katastrophengebiet in Erftstadt besucht hatte, versprach Direkthilfe für die betroffenen Menschen und sagte zu, dass „sehr unbürokratisch Geld ausgezahlt“ werde.

Polizei geht gegen Schrottsammler und Plünderer vor

Gleich 13 Mal ist die Polizei am Wochenende in Altena ausgerückt, weil verdächtige Schrottsammler durch die Hochwassergebiete gezogen sind. Mehrfach trafen die Beamten auf Männer, die Metallschrott und Elektrokleinteile einsammelten und abtransportieren wollten, wie die Polizei am Montag mitteilte.

Am Samstagabend sei ein 20-Jähriger zu Fuß durch Altena im Märkischen Kreis gelaufen und in einem Keller verschwunden. Der Keller sei wegen des Wasserschadens nicht mehr verschließbar gewesen. Der Mann habe den Keller mit einer Tüte wieder verlassen - eine Streife fand darin diverse Elektrokleinteile.

Die Polizei habe ihre Präsenz in den betroffenen Gebieten erhöht, hieß es in der Mitteilung. Wer verdächtige Fahrzeuge oder Personen beobachte, solle sofort den Notruf wählen und diese melden. 

Wupper-Talsperre mit Öl verschmutzt?

Im Bereich der Wupper-Talsperre kam es infolge des Unwetters zu einer Wasserverschmutzung. In der Nähe des Stadtzentrums Hückeswagen wurden mehrere gewerbliche Betriebe, Firmengelände und Häuser überflutet. Dabei kam es zum Austritt unterschiedlicher Stoffe und Flüssigkeiten, darunter auch Öle, wie die Bezirksregierung am Sonntag mitteilte.

Die hohen Wassermengen transportierten diese über die Wiebach-Vorsperre bis in die Hauptsperre der Wupper-Talsperre. Aufgrund der unbekannten Zusammensetzung der Stoffe werden derzeit Wasser- und Luftproben genommen und analysiert. Derzeit weist der Wupperverband darauf hin, dass eine Freizeitnutzung, wie Bootsport, Angeln, Baden und Tauchen im Bereich der Wupper-Talsperre momentan untersagt ist.

Diverse Autobahnsperrungen in der Region

Die Rheinland-Niederlassung der Autobahn GmbH des Bundes informiert am Sonntagnachmittag über diverse Autobahnsperrungen. Die A1 in Fahrtrichtung Koblenz ist zwischen dem Autobahnkreuz Köln-West und dem Dreieck Erfttal voll gesperrt. Ebenso in Fahrtrichtung Dortmund zwischen Dreieck Erfttal und der Anschlussstelle Hürth. Auch die A61 ist in beide Richtungen zwischen den Autobahnkreuzen Kerpen und Meckenheim auf nahezu allen Abschnitten gesperrt. Auf der A1 gebe es in Richtung Koblenz zwischen Köln-Lövenich und Köln-Bocklemünd einen Engpasse.

Experten seien großflächig ausgerückt, um Schäden zu begutachten. Über das Ausmaß konnte die Autobahn GmbH noch keine Auskunft geben. Die Lage könne sich weiterhin jeder Zeit ändern.

Polizei warnt vor Falschmeldungen

Die Polizei warnte unterdessen wegen der zerstörten regionalen Infrastruktur vor den Gefahren freiliegender Stromleitungen - und vor Falschmeldungen: So gebe es „keine Flutwelle oder Dammbruch in Sinzig, Ahrweiler oder Umgebung“, hieß es in einer Mitteilung am Samstagnachmittag. Aus Angst vor Plünderungen und wegen Hochwassertouristen soll die Polizeipräsenz erhöht werden.

Angehörige, Freunde oder Bekannte, die jemanden vermissen, können sich unter der Rufnummer 0800 6565651 bei der Polizei melden. Die Hotline sei rund um die Uhr erreichbar.

Die Wetterlage hat sich inzwischen entspannt. Es bleibt aber wechselhaft, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) mitteilte. Daher könne es auch weiterhin zu örtlichen Gewittern mit Starkregen kommen. (dpa)

KStA abonnieren