„Muss man dazu denken“Fehlendes Detail auf Helmut-Schmidt-Münze führt zu Irritation

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Helmut Schmidt Münze 2

Das Portrait von Altkanzler Helmut Schmidt auf einer neuen Zwei-Euro-Münze – allerdings ohne Zigarette.

Helmut Schmidt war Hamburger, Bundesverteidigungs- sowie Bundesfinanzminister und von 1974 bis 1982 Bundeskanzler. Und Helmut Schmidt war Raucher. Auf einer Gedenkmünze für den Altkanzler, die seit Dienstag im Umlauf ist, wird das nicht thematisiert. Im Gegenteil: Die Handhaltung des Politikers auf der Münze lässt sogar die Vermutung zu, die zu Lebzeiten für Schmidt unverzichtbare Zigarette sei wegretuschiert worden. Im Internet sind viele irritiert.

Denn schließlich dokumentieren zahlreiche Aufnahmen von Interviews, Podiumsdiskussionen und Talkshows, wie der Politiker nachdenklich eine Zigarette in seiner Hand wiegt oder weißer Rauch neben ihm in dünnen Schwaden aufsteigt – und das auch noch in Zeiten, in denen das Rauchen gesellschaftlich schon längst nicht mehr en vogue war.

Eigenen Angaben zufolge rauchte Schmidt lange Zeit lang rund drei Packungen am Tag, in seinen letzten Jahren dann täglich die Hälfte. Helmut Schmidt ohne Zigarette? Für viele nicht vorstellbar. „Da fehlt doch etwas“ und „Die Zigarette muss man sich dazudenken“, heißt es in den Kommentarspalten im Netz.

Die Tagezeitung „taz“ spottet: „Die Gedenkmünze wirkt so, als führte er gerade einen Zauberspruch aus.“

Motiv von Berliner Künstler

Seit Dienstag erinnern die Europäer mit 30 Millionen Münzen an den vor zwei Jahren gestorbenen Altkanzler. Ein Zwei-Euro-Stück zeigt das Porträt des SPD-Politikers und dient im gesamten Euro-Raum als Zahlungsmittel. Das Motiv wurde von dem Berliner Künstler Bodo Broschat gestaltet, der auch die zeitgleich in Umlauf kommende Zwei-Euro-Münze mit dem Berliner Schloss Charlottenburg erarbeitet hat. Es zeigt den Kopf des Altkanzlers mit akkurat gescheiteltem Haar und der rechten Hand, die er zu einer charakteristischen Geste beim Reden erhoben hat – ohne Zigarette eben.

Münze zeigt Diskussionsgestus

Wenn es nach Bernhard Weisser, Direktor des Münzkabinetts Berlin und Mitglied der Auswahljury für die Gestaltung der Gedenkmünze geht, fehlt nichts. „Es gab kein Diktum. Der Künstler hat sich entschieden, ihn ohne Zigarette darzustellen“, erklärte Weisser im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur. Entscheidend für die Darstellung Schmidts sei vor allem seine Position in der Gesellschaft als Ratgeber und ausgleichende Persönlichkeit gewesen, so Weisser. Der Altkanzler sei eine moderierende und besonnene Persönlichkeit gewesen, die sich gerne in Diskussionen begeben habe. Dieser Rede- und Diskussionsgestus sei auf der Münze sehr gut eingefangen worden. „Und genau diese Haltung hat er eben auch ohne Zigarette gehabt“, sagt Weisser.

Schmidt wäre im kommenden Dezember 100 Jahre alt geworden. Anfang 2016 hatte Hamburgs Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) dem damaligen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vorgeschlagen, den Altkanzler auf diese Weise zu ehren. Die Bundesregierung beschloss daraufhin, die Münze zum 100. Geburtstag von Helmut Schmidt (23. Dezember 1918) prägen zu lassen. Damit soll das Lebenswerk des Altkanzlers und früheren Hamburger Innensenators gewürdigt werden.

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Am 19. September vergangenen Jahres hatten Tschentscher und Schmidts Tochter Susanne den Startknopf der Prägemaschine in Hamburg gedrückt. „Die Zwei-Euro-Münze ist eine ganz wunderbare Würdigung für meinen Vater“, sagte Susanne Schmidt damals. Das Besondere an der Münze sei das Normale, dass sie nun Teil unseres Alltags werde. „Da hat dann jeder seinen kleinen Helmut Schmidt in der Tasche zum Anfassen und kann damit die Zeitung holen oder einparken.“

Bereits nach dem Tod von Helmut Schmidt am 10. November 2015 hatte die Hamburger Münze mit der Herstellung einer Serie von Gedenkmedaillen begonnen, auf denen wichtige Stationen im Leben des Altkanzlers zu sehen sind. Sammler können nun auch die Zwei-Euro-Münze in Spiegelglanz erwerben.

Motive müssen genehmigt werden

Die Euroländer dürfen nach Angaben des Bundesverwaltungsamtes ein bis zwei Sonderprägungen pro Jahr machen. Schmidt ist nicht der erste deutsche Politiker auf einer Euro-Münze. Zum 50. Jubiläum des Elysée-Vertrages zwischen Deutschland und Frankreich wurde 2013 von beiden Ländern ein Zwei-Euro-Stück geprägt, das Kanzler Konrad Adenauer und Staatspräsident Charles de Gaulle zeigt.

Die Motive müssen jeweils von der EU-Kommission genehmigt werden. Nicht alle Vorschläge finden Anklang, wie Thomas Dress, Beauftragter für das Münzwesen im Bundesverwaltungsamt, sagt. Belgien habe 2015 eine Münze zum 200. Jahrestag der Schlacht bei Waterloo in Umlauf bringen wollen. Doch das gefiel den Franzosen gar nicht. Sie verhinderten die Erinnerung an Napoleons endgültige Niederlage im Jahr 1815. Helmut Schmidt dürfte dagegen in allen Euroländern geschätzt werden. Schließlich initiierte er 1978 zusammen mit dem französischen Präsidenten Valéry Giscard d'Estaing das Europäische Währungssystem und gilt damit als einer der Väter der Gemeinschaftswährung. (beq, dpa) 

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