18-Jährige in Freiburg vergewaltigtElf Angeklagte erscheinen zum Ausnahmeprozess

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Der Hauptangeklagte Ahmed Al H

Freiburg – Mit lauten, zornigen Rufen kommt einer der Angeklagten in den Gerichtssaal. Es ist ihm offenbar egal, welches Bild er hinterlässt. Die elf Angeklagten - acht Syrer, ein Iraker, ein Algerier und ein Deutscher im Alter zwischen 18 und 30 Jahren - werden mit Hand- und Fußfesseln vorgeführt. Manche verbergen ihr Gesicht hinter Aktendeckeln, andere kommen erhobenen Hauptes in den Saal. Es dauert, bis alle im Gedränge von Anwälten und Wachtmeistern ihren Platz gefunden haben.

Der erste Prozesstag in dem Großverfahren um die mutmaßliche Gruppenvergewaltigung einer 18-Jährigen in Freiburger beginnt auch aus anderen Gründen mit Verspätung. Die Angeklagten, die aus verschiedenen Justizvollzugsanstalten in Baden-Württemberg ins Gericht gebracht werden mussten, steckten im Stau. Sie sitzen getrennt in Untersuchungshaft, damit sie ihre Aussagen nicht absprechen können.

Elf Angeklagte, elf Verteidiger, dazu zwei Übersetzer, Sachverständige und Wachpersonal. Die schiere Zahl der Prozessbeteiligten vor der großen Jugendkammer lässt das Freiburger Landgericht ächzen. Damit alle im Gerichtssaal Platz finden, musste umgebaut werden. Im Saal wurden Zuschauerreihen entfernt. Im Hof musste ein Teich weichen, damit die sieben Vollzugswagen dort während der Verhandlung parken können. Und auch zusätzliche Arresträume mussten geschaffen werden, wo die Angeklagten die Verhandlungspausen verbringen.

Ausnahmeprozess unter vielen Gesichtspunkten

Es ist ein Ausnahmeprozess unter vielen Gesichtspunkten. Nach dem Mord an einer Freiburger Studentin, für den ein afghanischer Flüchtling verurteilt wurde, geht es im Freiburger Landgericht nun ein weiteres Mal um eine Gewalttat an einer jungen Frau, an der Flüchtlinge beteiligt sind. Die Staatsanwaltschaft legt den elf jungen Männern Vergewaltigung in Tateinheit mit unterlassener Hilfeleistung sowie Handel und Konsum mit Drogen zur Last.

Laut Anklage soll einer von ihnen im vergangenen Oktober der jungen Frau und ihrer Freundin in einer Diskothek zwei Ecstasy-Tabletten verkauft und ihr zusätzlich K.O.-Tropfen verabreicht zu haben. Der 22-jährige Hauptverdächtige soll die 18-Jährige dann unter dem Vorwand, ihr ein Tattoo am Oberschenkel zeigen zu wollen, nach draußen gelockt und sie dann in einem 50 Meter entfernten Wäldchen vergewaltigt haben. Danach soll er seine Bekannten zu der wehrlos am Boden liegenden Frau geführt haben, die sie dann auch vergewaltigt haben sollen. 

Der Fall hatte im Herbst vergangenen Jahres weit über Freiburg hinaus für Aufsehen und Empörung gesorgt. Die AfD meldete in Freiburg einen Protestzug an, dem allerdings eine viel größere Zahl an Gegendemonstranten gegenüber stand. Zudem gerieten die Polizeibehörden und der Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) in die Kritik. Die Ermittler hätten mit der Festnahme des Hauptverdächtigen zu lange gewartet, obwohl gegen ihn wegen weiterer Straftaten ein Haftbefehl vorgelegen habe, hieß es unter anderem. Die Behörden widersprachen dem Vorwurf, und begründeten das Vorgehen mit Ermittlungstaktik.

Verteidiger kritisiert Vorverurteilung

Das große öffentliche Interesse ist auch am ersten Prozesstag spürbar. Dutzend Kamerateams drängen sich vor dem Gerichtssaal, die Besucherplätze sind bis auf den letzten Platz besetzt. Gerade diese öffentliche Aufmerksamkeit kritisieren die Verteidiger jedoch zu Verhandlungsbeginn heftig. Sie habe zu einer öffentlichen Vorverurteilung geführt, sagt der Anwalt eines der Angeklagten, Jan-Georg Wennekers. Das Verfahren stehe unter einem „Ergebnisdruck“, fügt er hinzu und meint damit, dass die Empörung über die Vergewaltigung im Zusammenhang mit der Flüchtlingsdebatte ein hartes Urteil verlange.

Dabei wird es wohl mühsam werden, jedem einzelnen Angeklagten seine Tatbeteiligung nachzuweisen. Das Opfer kann sich an Details der Tat wegen der Drogen nicht mehr erinnern. Andere Zeugen gibt es offenbar nicht. Deshalb wird der Aussage der jungen Frau am fünften Prozesstag sicher besondere Aufmerksamkeit zukommen. Die Öffentlichkeit wir dann allerdings aller Voraussicht nach ausgeschlossen sein. (afp)

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