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Angriff auf WeizsäckerVerdächtiger wird in psychiatrische Klinik gebracht

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Polizisten führen den festgenommenen Tatverdächtigen ab.

Berlin – Der Angreifer des Berliner Arztes Fritz von Weizsäcker wird in ein psychiatrisches Krankenhaus gebracht. „Der Unterbringungsbeschluss wegen Mordes und wegen versuchten Mordes ist soeben antragsgemäß erlassen worden“, teilte die Staatsanwaltschaft Berlin am Mittwochabend bei Twitter mit. Der 57-Jährige sollte demnach noch am Mittwoch in eine nicht näher benannte Einrichtung gebracht werden.

Die Unterbringung wolle man in Hinblick auf eine „akute psychische Erkrankung“ des Beschuldigten beantragen, hieß es zuvor von der Behörde. Sein Motiv liege in einer „wohl wahnbedingten allgemeinen Abneigung des Beschuldigten gegen die Familie des Getöteten“. 

Zuvor hatte sie auf Anfrage bestätigt, dass der Tatverdächtige in Rheinland-Pfalz seinen festen Wohnsitz und keinen in Berlin habe. Mit einem richterlichen Beschluss und Unterstützung der Kollegen in Rheinland-Pfalz werde die Wohnung des Mannes durchsucht. Die Ermittlungen dauerten an. Den genauen Einsatzort nennt die Polizei nicht.

33-Jähriger Polizist überwältige den Angreifer

Fritz von Weizsäcker war am Dienstagabend in der Berliner Schlosspark-Klinik erstochen worden. Der 59 Jahre alte Chefarzt hielt im dortigen Tagungsraum der Abteilung für Psychiatrie gerade einen öffentlichen Vortrag, als kurz vor 19.00 Uhr ein Mann aus dem Zuschauerraum auf ihn losging, wie eine Polizeisprecherin sagte. Für den Mediziner kam jede Hilfe zu spät.

Laut Polizei überwältigte ein 33 Jahre alter Polizist, der privat vor Ort war, den Angreifer. Der Beamte wurde selbst schwer verletzt und in einem Krankenhaus operiert, ist aber nicht in Lebensgefahr. Mehrere der etwa 20 Menschen im Publikum halfen, den Angreifer festzuhalten. Er wurde festgenommen. Eine Mordkommission hat die Ermittlungen übernommen.

Die Polizei ermittelt laut der Sprecherin in alle Richtungen. Beamte sollen demnach auch die Familie von Weizsäckers dazu befragen, ob es Bedrohungen gegeben haben könnte. Experten untersuchten den Tatort. Notfallseelsorger waren vor Ort, um Zuschauer und Mitarbeiter der Klinik zu betreuen.

Von Weizsäcker hatte eine lange Karriere als Mediziner hinter sich. Nach Stationen in Freiburg, Boston und Zürich war er seit 2005 Chefarzt der Abteilung Innere Medizin I an der Schlosspark-Klinik.

Familienmitglieder, Kollegen und Fachkreise reagierten bestürzt auf den gewaltsamen Tod. Der Umweltwissenschaftler Ernst Ulrich von Weizsäcker würdigte seinen Cousin Fritz mit warmen Worten: „Ich fand ihn ganz wunderbar“, sagte von Weizsäcker der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Ich habe ihn ungewöhnlich lieb gehabt.“ Fritz von Weizsäckers Schwester Beatrice postet bei Instagram ein Kreuz.

FDP-Chef Christian Lindner bekundete auf Twitter seine Trauer. „Mein Freund Fritz von Weizsäcker wurde heute Abend in Berlin erstochen“, schrieb er. „Ein passionierter Arzt und feiner Mensch. [...] Einmal mehr fragt man sich, in welcher Welt wir leben.“

Universitätsklinik Charité „zutiefst erschüttert“

Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) betonte, sie verurteile Gewalt gegen Ärztinnen und Ärzte und Pflegekräfte „aufs Äußerste“. Dass Menschen, die anderen helfen und Leben retten, so etwas passiere, erschüttere sie besonders. Die Universitätsklinik Charité zeigte sich „zutiefst erschüttert“ und betonte, die Tat sei während eines Vortrags für Laienpublikum geschehen und damit in einem Kontext, wie er auch an der Charité alltäglich sei, teilte der Klinikvorstand mit.

„Eine solch grausames Gewaltverbrechen lässt uns alle mit der Frage nach dem ,Warum?' zurück“, erklärte der Präsident der Berliner Ärztekammer, Günther Jonitz. Man trauere um einen „engagierten Kollegen“, der seit Jahren in verschiedenen Gremien in der Ärztekammer aktiv gewesen sei.

Von Weizsäckers Vater Richard von Weizsäcker (1920-2015) war von 1984 bis 1994 Bundespräsident der Bundesrepublik, zuvor Regierender Bürgermeister von Berlin. (dpa)

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