Aussgangssperren und MaßnahmenSo reagieren die Bundesländer auf die Coronakrise

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Ausgangsspere

Die Ausgangssperre könnte schon bald Realität sein.

Berlin – Die Coronakrise hat Deutschland voll im Griff. Ein Blick auf die einzelnen Bundesländer zeigt: Über Maßnahmen und Herangehensweisen ist man sich noch nicht flächendeckend einig.

Bayern: Ausgangsbeschränkungen ab Samstag

Zur Eindämmung des Coronavirus hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) weitreichende Ausgangsbeschränkungen für den ganzen Freistaat angekündigt. Das Verlassen der eigenen Wohnung ist ab Samstag nur noch bei Vorliegen triftiger Gründe erlaubt. Dazu zählen unter anderem der Weg zur Arbeit, notwendige Einkäufe, Arzt- und Apothekenbesuche, Hilfe für andere, Besuche von Lebenspartnern, aber auch Sport und Bewegung an der frischen Luft - dies aber nur alleine oder mit den Personen, mit denen man zusammenlebt.

Berlin: Debatte um Ausgangssperre

In Berlins rot-rot-grüner Regierungskoalition gibt es beim Thema Ausgangssperre unterschiedliche Ansichten. Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) ist dafür, hat sich mit ihrer Position aber in der Sondersitzung des Senats am Donnerstagabend nicht durchsetzen können.

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„Senatorin Kalayci hat dem Senat eine Ausgangssperre empfohlen, die abgelehnt wurde“, teilte ihre Sprecherin am Freitag mit. Die „Berliner Morgenpost“ berichtete online von einem „heftigen Streit“ über das Thema, bei dem Kalayci für ihre Pläne kritisiert worden sei.

Brandenburg: Hoffen auf die Bevölkerung

Das Flächenland Brandenburg arbeitet im Kampf gegen die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus mit Berlin zusammen. Am Mittwoch trat Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) gemeinsam mit Berlins Regierendem Bürgermeister vor die Presse. Dabei ging es auch um mögliche weitere Maßnahmen wie Ausgangssperren. Woidke sagte, er hoffe nicht auf eine weitere Verschärfung von Maßnahmen. „Es wird aber im Wesentlichen davon abhängen, wie sich jeder einzelne verhält.“ Das sei der Gradmesser, ob es weitere restriktive Maßnahmen geben müsse. Er warnte außerdem vor einem Wettbewerb der Länder.

Bremen: Keine Pläne für eine Ausgangssperre

In Bremen gibt es derzeit keine Pläne für eine allgemeine Ausgangssperre. Sollte die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus weiter sprunghaft ansteigen, könne es zu einer Situation kommen, die solche Maßnahmen erforderlich mache, sagte Dr. Martin Götz aus dem Gesundheitsressort der Bremer Landesregierung dem Regionalmagazin “Buten un Binnen” von Radio Bremen.

Hamburg: Experten-Empfehlungen entscheiden

Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher hat in der Landespressekonferenz am Dienstag erklärt, bislang keine Ausgangssperren ins Auge gefasst zu haben. “Wir arbeiten momentan mit den Maßnahmen, die wir machen, um weitergehende Maßnahmen zu vermeiden”, sagte Tschentscher. Die bereits beschlossenen Maßnahmen hätten bereits “sinnvolle Wirkungen”. Ob weitere und verschärfte Maßnahmen getroffen würden, hänge von den Empfehlungen von Experten ab. Neben Schulen und Kitas sind auch in Hamburg viele Geschäfte geschlossen.

Hessen: Ab Samstags schließen alle Gaststätten und Restaurants

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hat eindringlich dazu aufgerufen, alle sozialen Kontakte zum Schutz der Bevölkerung auf eine Minimum zu reduzieren. Es werde zunehmend Stichproben und Kontrollen geben, kündigte der CDU-Politiker an. „Ich appelliere an die Bevölkerung: Es ist wirklich ernst gemeint, wenn wir sagen: 'Bitte so wenig wie möglich soziale Kontakte!' Wer das nicht einhält, zwingt uns zu weiteren Maßnahmen.“ Wenn dieser Appell an die Vernunft auf Dauer nicht fruchte, dann bleibe nur der Zwang, sagte Bouffier zu einer möglichen Ausgangssperre.

Ab Samstagmittag sollen in Hessen alle Gaststätten und Restaurants geschlossen werden. Das teilte die Staatskanzlei am Freitag in Wiesbaden mit.

Mecklenburg-Vorpommern: Urlauber werden ausgesperrt

Allgemeine Ausgangssperren stehen in Mecklenburg-Vorpommern bislang nicht auf der Agenda. Allerdings sperrt das Bundesland bereits Urlauber aus. Seit Donnerstagnachmittag kontrolliert die Polizei die Einhaltung des Einreiseverbotes für Touristen nach Mecklenburg-Vorpommern, wie Innenminister Lorenz Caffier (CDU) informierte.

Niedersachsen: Ausgangssperre droht

In Niedersachsen ruft die Landesregierung die Bevölkerung eindringlich zum Einhalten der Sicherheitsmaßnahmen auf. Ansonsten drohe eine Ausgangssperre, sagte Innenminister Boris Pistorius (SPD) am Donnerstag. Die Polizei rückte aus, um Verbote und Beschränkungen in den Städten durchzusetzen.

Nordrhein-Westfalen: Laschet zögert, Köln, Dortmund und Leverkusen greifen durch

Eine Ausgangssperre wegen der Corona-Pandemie bleibt für Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) "wirklich das allerletzte Mittel". Die Stadt Leverkusen hat am Freitag bereits verschärfte Maßnahmen eingeführt. Seit diesem Freitag sind dort Treffen von mehr als zwei Menschen unter freiem Himmel verboten. Ausnahmen gelten für Familien oder Wohngemeinschaften, wie die Stadt am Donnerstagabend mitteilte.

In Dortmund werden werden unterdessen Ansammlungen im öffentlichen Raum von mehr als vier Personen verboten. Das kündigte Ordnungsdezernent Norbert Dahmen am Freitag an.

Auch in Köln gibt es jetzt erhebliche Einschränkungen. Zusammenkünfte von mehr als zwei Menschen außerhalb der engeren Familie werden nicht mehr toleriert, teilte die Stadt am Freitagnachmittag in einer offiziellen Meldung mit. Das Kölner Ordnungsamt werde daher am Wochenende, teilweise mit Hilfe der Polizei, konsequent kontrollieren und alle Ansammlungen größerer Gruppen auflösen.

Rheinland-Pfalz: Keine Versammlungen von mehr als fünf Menschen

Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat die Einschränkungen für das öffentliche Leben ebenfalls verschärft. Sie ordnete am Freitag die Schließung von Gaststätten an und untersagte Versammlungen von mehr als fünf Menschen.

Saarland: Besondere Herausforderung für Grenzland

Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) hat am Freitag angekündigt, noch für den gleichen Tag eine Ausgangsbeschränkung verabschieden zu wollen. „Ich hätte mir gewünscht, dies im Geleitzug der anderen Bundesländer auf den Weg zu bringen, um eine einheitliche Lösung herbeizuführen“, sagte Hans in Saarbrücken. Allerdings stehe das Saarland als Grenzland vor einer besonders schwierigen Herausforderung. „Zudem gibt es leider nach wie vor zu viele Menschen, die unsere Anordnungen nicht ernst nehmen“, kritisierte der saarländische Ministerpräsident.

Sachsen: „Harte Ansage“

Sachsen will Menschenansammlungen in Zeiten der Corona-Krise unter Strafe stellen. Dies solle mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren geahndet werden können, sagte Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) am Freitag in einem Videobriefing. „Das ist eine harte Ansage. Aber sie ist notwendig (...) Für mich ist ganz entscheidend, dass nicht alle in Mithaftung genommen werden für eine kleine Gruppe, die sich nicht angemessen verhält.“ Man wolle, dass sich Menschen in Sachsen noch frei bewegen könnten. Wenn das aber „ohne Sinn und Verstand“ passiere, müsse man eingreifen.

Sachsen-Anhalt: Haseloff erwägt Ausgangsbeschränkungen

Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) erwägt, angesichts der Corona-Pandemie Ausgangsbeschränkungen zu verkünden. Die Bevölkerung müsse dringend zu Hause bleiben und nur unaufschiebbare Einkäufe erledigen. Die Maßnahmen der Landesregierung müssten durchgesetzt werden. „Sollten die Anordnungen nicht befolgt werden, sind weitere einschneidende Maßnahmen wie Ausgangsbeschränkungen möglich“, teilte Haseloff mit.

Schleswig-Holstein: Garg warnt

Eine allgemeine Ausgangssperre in Schleswig-Holstein wegen der Corona-Epidemie ist bisher offenbar nicht von der Landesregierung geplant. Allerdings: „Wenn sich die Menschen nicht an die bisher beschlossenen Maßnahmen halten, dann ist als allerletztes Mittel oder ein Mittel der Wahl auch eine Ausgangssperre denkbar“, sagte Gesundheitsminister Heiner Garg am Donnerstag.

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Thüringen: Ramelow noch skeptisch

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sieht in der Corona-Krise die Zeit für Ausgangssperren derzeit noch nicht gekommen. „Wir sind im Moment noch ein wenig skeptisch“, sagte er am Freitag dem Nachrichtenradio MDR Aktuell in Halle. Er setze zunächst auf die Wirkung der verhängten Beschränkungen.

Ordnungskräfte und die Polizei sollen die Einhaltung der Regeln zur Eindämmung des Coronavirus stärker kontrollieren, kündigte Ramelow an. Die drei Ministerpräsidenten aus Mitteldeutschland seien sich einig, „dass wir jetzt auch in die Parks hineingehen und deutlich machen, dass eine Ansammlung in Parks, eine Zusammenrottung auf öffentlichen Plätzen einfach nicht geht“, erklärte Ramelow.

Der Ministerpräsident betonte aber auch, Ausgangssperren nicht völlig auszuschließen. Es könne sein, dass regional oder lokal, wo Infizierungsherde seien, abgeriegelt werden müsse und tatsächlich die Menschen gebeten werden müssten, zu Hause zu bleiben, sagte er dem MDR. (rnd)

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