David Garrett im InterviewWarum seine Mutter jetzt mit auf Tour geht

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David Garrett 

  • Sechs Monate lang musste der Geiger wegen eines Bandscheibenvorfalls pausieren.
  • Die Krankheit habe ihm viel zu denken gegeben, aber auch die Chance, Freunde und Familie endlich wieder zu sehen.
  • Garrett, der seit seiner Kinderzeit schon ein Star ist, will nun etwas Druck aus seinem Leben nehmen.

Herr Garrett, im kommenden Mai treten Sie im Rahmen Ihrer Welttournee in der Lanxess-Arena auf. Köln ist für Sie fast ein Heimspiel.

Ich bin ja um die Ecke groß geworden – in Aachen. Mit meinen Eltern bin ich als Kind, so mit sechs, sieben Jahren, oft in die Philharmonie gegangen. In meiner Jugendzeit bin ich dann hier auf Rockkonzerte gegangen. In jungen Jahren habe ich von Köln fast mehr gesehen als von meiner Heimatstadt Aachen. Mein Vater hat hier immer Geigen-Auktionen gemacht hat. Da bin ich oft mitgekommen und spazieren gegangen, um mir die Stadt anzuschauen.

Gesundheitlich ist nach dem Bandscheibenvorfall wieder alles okay? Sie konnten sechs Monate nicht Geige spielen.

Alles zum Thema Konzerte in Köln

Ja, es ist alles wieder in Ordnung. Ich habe das in den vergangenen zwei Monaten unter Extrembedingungen testen können, weil wir sehr viel in Europa und Südamerika gespielt haben. Das hat alles sehr gut geklappt.

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Musik mit Showeffekt

Hatte diese erzwungene Pause am Ende auch Vorteile? Sie haben in einem Interview erzählt, dass Sie endlich Zeit hatten, Ihren Neffen richtig kennen zu lernen.

Also ich kannte ihn natürlich schon vorher…(lacht). Aber es ist etwas anderes, wenn man nur ein Wochenende Zeit hat oder wenn man mal zwei Monate in der Stadt ist. Ich wollte mit meiner Zeit etwas Sinnvolles anfangen. Und da ging es mir vor allem darum, wieder mehr Anschluss zu finden an Freunde und Familie. Wie geht es denen überhaupt? Man hat zwar immer gefragt, aber man hat es nie miterlebt. Und das Miterleben war sehr, sehr schön. Einfach mal ohne Zeitdruck zusammen zu sitzen.

Eine der Neuerungen nach der Auszeit ist, dass Ihre Mutter bei der Tour dabei ist.

Ja, ich hatte sie die vergangenen Monate mit auf Tournee. Und ihr macht das auch wahnsinnig viel Spaß. Ich dachte, sie verabschiedet sich nach einer Woche. Aber sie macht das mit einer unglaublich positiven Energie mit. Wir beide zusammen sind für unser Umfeld manchmal schon fast zu viel an guter Laune. Da ist schon frühmorgens sehr viel los.

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Der Musiker beim Interview in der Redaktion

Sie schleppt Sie auch zum Sightseeing?

Sie achtet darauf, dass ich auch mal das Gas rausnehme aus dem Tag, was ich immer noch ein bisschen lernen muss. Wir gehen viel miteinander spazieren. Ich war zum Beispiel schon so oft in Moskau oder Bukarest – und die Städte jetzt nochmal durch eine andere Person zu sehen, ist wirklich interessant. Außerdem hilft sie mir auch bei den Physio-Übungen, die ich immer noch vorsorglich mache. Sie kennt sich als Ballett-Tänzerin damit gut aus. Wir sind ein gutes Team.

Was hat die Krankheit langfristig bei Ihnen bewirkt?

Was ich daraus gelernt habe ist, dass man nicht übertreiben muss. Ich habe die Auszeit auch genutzt, mit dem Management und den Ärzten zu besprechen, wie man den Tour-Alltag so gestalten kann, dass es der Gesundheit nicht schadet. Also vielleicht mal nicht bis zu 150 Konzerte im Jahr spielen. Es bringt niemandem etwas, vor allem mir nicht, wenn wir jetzt wieder zwei Jahre durchpowern und dann dasselbe Problem wieder auftritt. Dafür habe ich zu viel Spaß an meinem Job. Die Krankheit hat mir schon viel zu denken gegeben.

Von Kindheit an im Rampenlicht

Mit fünf Jahren gewann David Garrett bei „Jugend musiziert“. Mit zwölf bekam er den ersten Plattenvertrag. Yehudi Menuhin bezeichnete ihn als den „größten Geiger seiner Generation“. Ab 2006 etablierte er sich mit einem Crossover aus Klassik und Rock.

Ein Skandal erschütterte vor zwei Jahren die bisher heile Welt. Garretts Ex-Freundin warf ihm Gewalt beim Sex vor. Garrett widerum klagte wegen Rufmordes. Der Rechtsstreit wurde beigelegt. Er habe vor allem gelernt, nicht mehr so offen über sein Privatleben zu reden, sagte er später. Und er sei nun vorsichtiger, mit wem er sich umgebe.

Die Welttournee startet im Mai 2019. Am 12. Mai tritt er in der Lanxess-Arena in Köln auf.

Sie wurden schon als Kind zu einem Star, standen immer in der Öffentlichkeit. Was hat Sie in der Vergangenheit angetrieben, so viel zu arbeiten? Nur Spaß oder auch Ehrgeiz?

In jedem Beruf, den man gerne macht, entwickelt man einen natürlichen Ehrgeiz. Höher, schneller, weiter. Man will sich immer wieder neu inszenieren und erfinden.

Ihre Mischung aus Rock, Klassik und Show wird oft kritisiert. Sie wurden schon als „David Hasselhoff der Klassik“ beschrieben. Ärgern Sie sich über solche Schlagzeilen?

Also, das hat ein einziger Journalist mal geschrieben. Da muss man jetzt nicht zu viel Bedeutung reininterpretieren. Damit muss man entspannt umgehen. Solange die renommierten klassischen Dirigenten und Orchester mit mir spielen möchten, bin ich in einer guten Position. Da gibt es für mich keinen Zweifel, dass das, was ich mache, sehr gut ist.

Würden Sie einem begabten Kind, das Spaß an der Geige hat, ein solches Leben empfehlen oder abraten?

Abraten würde ich nicht, ich würde es aber auch nicht aufdrängen. Ich habe mir mit 20 eine Auszeit genommen und bin nach New York gegangen, um herauszufinden, ob ich das wirklich möchte oder ob ich einfach nur gut drin bin, aber eigentlich keine Lust drauf habe. Zu einem solchen Leben raten würde ich niemandem. Ein Kind sollte bei Interesse damit anfangen, aber ich würde es nicht forcieren. In meiner Kindheit war auch viel Druck dabei. Den würde ich nicht weitergeben wollen.

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