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Karel Gott ist totViele Frauen, eine Biene und eine große Stimme

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Schlagersänger Karel Gott

Seine Lieder haben Generationen im Ohr. Für viele ist die Zeichentrick-Titelmelodie von der „Kleinä, frächä Bienä Maja“ aus der Kindheit vertraut. Andere erinnern sich an „Singen, Kochen, Tanzen, Lachen“ mit der „Babicka“ oder an „Einmal um die ganze Welt“.

Karel Gott, der nun im Alter von 80 Jahren an Leukämie gestorben ist, war einer der letzten großen Schlagersänger der alten Garde. Und in seiner Heimat war er Nationalheld. 42 Mal gewann er die jährlich vergebene Goldene Nachtigall, den tschechischen Publikumspreis für Gesang. Seine Landsleute nannten ihn seit langem verehrend „Mistr“ – Meister.

Karel Gott lernte Elektriker

Der in Pilsen geborene Gott wollte ursprünglich Maler werden, doch die Kunstakademie wollte ihn nicht. Auf Druck seiner Eltern machte er zunächst eine Elektriker-Lehre. Neben der Arbeit tingelte Gott durch Prager Tanzcafés und verfeinerte seine Gesangstechnik am Konservatorium. Beim Grand Prix Eurovision de la Chanson erreichte er 1968 für Österreich zwar nur den 13. Platz mit „Tausend Fenster“. Doch der Auftritt brachte ihm den Durchbruch im Westen.

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Der legendäre Musikmanager Hans R. Beierlein, der Udo Jürgens betreute, wurde auf ihn aufmerksam. „Er hatte genau die richtige Prise Exotik durch seinen tschechischen Akzent, er hatte, wie Udo Jürgens, diese gewisse Ausstrahlung, die Frauen sehr gerne mögen, und er konnte exzellent singen und wirkte auf der Bühne nicht wie ein Amateur. Er war ein Könner.“

Nach außen hin war Gott stets der Typ „netter Schwiegersohn“ – doch er hatte es faustdick hinter den Ohren. Dass er 3000 Frauen hatte, nannte Karel Gott zwar mal „Blödsinn“– aber „sehr viele“ seien es schon gewesen. Auf die Frage, ob das Gerücht stimme, dass er die Schuhe der Frauen in einem Regal gesammelt habe, sagte Gott in der „NDR Talk Show“: „Ja, früher – Schuhfetischist. Aber die Frauen haben das gerne gemacht.“ Und: „Wenn ich eine gut aussehende Frau erobern will, muss ich ein erfolgreicher Mann sein.“

Erst vor einigen Jahren heiratete er. Seine Frau Ivana, Fernsehmoderatorin und 37 Jahre jünger ist als er, ehelichte er 2008 in Las Vegas, die beiden haben zwei Kinder.

Einige Lieder durfte Karel Gott nicht singen

So sonnig seine Lieder waren – seine Karriere war auch von der Politik geprägt. Internationaler Schlagerstar und (damals) kommunistische Heimat – das passte nicht so recht zusammen. Er durfte „Ich süße meinen Kaffee“ nicht singen, als in den sozialistischen Bruderländern der Zucker ausging. Und im DDR-Fernsehen sollte er mit „Einmal um die ganze Welt und die Taschen voller Geld“ keine Sehnsüchte wecken.

1971 blieb er nach einer Konzertreise in der Bundesrepublik. Familie und Freunde wurden daraufhin in Prag verhört, die tschechoslowakische Führung leitete ein Verfahren gegen ihn ein. Gott kehrte in die Heimat zurück und arrangierte sich. „Was nützt ein Künstler, wenn er nicht auftreten kann?“, sagte er später zur Begründung.

Er gehörte zu den Mitunterzeichnern der von der Kommunistischen Partei initiierten „Anticharta“ und damit zu den Künstlern, die sich öffentlich gegen die demokratischen Ideen der „Charta 77“ aussprachen. Doch es wurde alles vergeben, als er 1989 während der Samtrevolution, der demokratischen Wende in der Tschechoslowakei, auf einer Kundgebung und gemeinsam mit Bürgerrechtlern die Nationalhymne sang. Fortan war die „Goldene Stimme von Prag“ noch beliebter.

Ehefrau gab Tod von Karel Gott bekannt

Ende 2015 wurde bekannt, dass der Sänger an Lymphdrüsenkrebs erkrankt war. Doch Karel Gott blieb tapfer, unterzog sich einer Chemotherapie. Er schien geheilt, als im September die nächste Schreckensnachricht folgte: Er leide an akuter Leukämie, werde von einem Spitzenteam betreut, legte der Sänger offen. „Ich wollte euch nicht mit meinen Problemen belästigen“, schrieb er seinen Fans – fast entschuldigend – bei Facebook.

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Ihr Mann sei „am Dienstag kurz vor Mitternacht nach langer und schwerer Krankheit gestorben“, teilte seine Frau Ivana Gottova am Mittwoch auf seiner Website mit. Der tschechische Regierungschef Andrej Babis bezeichnete Gott als einen der größten Tschechen. Er kündigte ein Staatsbegräbnis im Prager Veitsdom und einen nationalen Trauertag an.

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