Katastrophe in IndonesienOpferzahl steigt nach Tsunami auf 429

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In Sumur auf Java wurden ganze Küstenabschnitte überflutet.

Jakarta – Bei dem verheerenden Tsunami in Indonesien sind nach neuen Angaben mindestens 429 Menschen ums Leben gekommen. Mehr als 1485 Menschen seien verletzt worden, 154 weitere würden noch vermisst, sagte ein Behördenvertreter am Dienstag. Der Tsunami hatte am Samstagabend (Ortszeit) Küstengebiete der bei Urlaubern beliebten Inseln Java und Sumatra überschwemmt. 

Deutsche seien nach bisherigen Erkenntnissen nicht betroffen, hatte das Auswärtige Amt in Berlin am Montag getwittert. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Kanzlerin Angela Merkel sprachen dem indonesischen Präsidenten Joko Widodo und den Betroffenen ihr Beileid aus.

Tsunami durch Kettenreaktion ausgelöst

Die Flutwellen waren mitten in der Urlaubssaison über beliebte Touristenstrände auf den beiden durch die Meerenge getrennten Inseln hereingebrochen. Getroffen wurden Küstenstriche zu beiden Seiten der als Sundastraße bekannten Meerenge zwischen Sumatra und Java.

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Nach Angaben des Geoforschungszentrums Potsdam entstand der Tsunami infolge einer Kettenreaktion. Demnach erschütterte am Samstagabend ein Beben der Stärke 5,1 in etwa einem Kilometer Tiefe die Sundastraße. Dieses Beben habe einen Erdrutsch ausgelöst, sagte der GFZ-Experte Jörn Lauterjung am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. Dieser Landrutsch sei die eigentliche Ursache des Tsunamis gewesen.

Das Tsunami-Frühwarnsystem löste demnach keinen Alarm aus, darauf sei es auch nicht ausgelegt, sagte Lauterjung. 90 Prozent der Tsunamis entstünden durch starke Erdbeben, daher löse das System erst ab einer Stärke von 6,5 bis 7 Alarm aus. Diese Stärke habe das jetzige Erdbeben nicht erreicht.

Flut verschlimmerte Situation

Die Höhe der Flutwelle wurde demnach an vier Messstellen erfasst. An dreien davon sei die Flutwelle 35 Zentimeter, an der vierten etwa 90 Zentimeter hoch gewesen, sagte Lauterjung weiter. Je nach Beschaffenheit des Meeresbodens könne die Welle aber an manchen Orten auch deutlich höher gewesen sein, betonte der Experte.

Verschlimmert wurde die Situation dadurch, das gleichzeitig Flut herrschte, wie Katastrophenschutz-Sprecher Sutopo Nugroho erklärte. Nach seinen Worten kamen sowohl in der zu Sumatra gehörenden Provinz Lumpang auf der nördlichen Seite der Sundastraße Menschen zu Tode als auch in Javas Provinz Banten, die südlich der Meeresenge liegt und an die indonesische Hauptstadt Jakarta grenzt.

Dramatische Aufnahmen aus Katastrophenregion

Einige der am heftigsten getroffenen Gegenden befinden sich in Banten, wo es viele Strandunterkünfte für Touristen gibt. Alleine hier starben nach Angaben von Nugroho 126 Menschen. Angesichts der Urlaubssaison herrschte dort Hochbetrieb. Nugroho zufolge wurden mindestens 430 Häuser, neun Hotelanlagen, zehn Schiffe und Dutzende Autos beschädigt.

Schwere Tsunami-Schäden wurden unter anderem vom Urlauberstrand Carita gemeldet. Nugroho verbreitete über seine Twitter-Seite Videoaufnahmen, auf denen Trümmerhaufen vor zerstörten Häusern und völlig demolierte Autos zu sehen waren.

Ein dramatisches, in den sozialen Medien veröffentlichtes Video zeigte eine Wasserwand, die in ein Konzert der Popband Seventeen hereinkracht, die Band von der Bühne schleudert und sich ins Publikum ergießt.

Schon an Weihnachten 2004 hatte ein verheerender Tsunami neben anderen östlichen Anrainerstaaten des Indischen Ozeans auch Indonesien getroffen - alleine dort kamen damals mehr als 160.000 Menschen ums Leben, insgesamt waren etwa 230 000 Todesopfer zu beklagen.

Vor knapp drei Monaten wurde die bei Urlaubern beliebte indonesische Insel Sulawesi von einem schweren Erdbeben und einem dadurch ausgelösten Tsunami heimgesucht, der mehr als 2200 Menschen das Leben kostete. Damals machte sich unter vielen Indonesiern Verbitterung breit über die aus ihrer Sicht zu langsame Reaktion der indonesischen Behörden auf die Katastrophe.

Opferzahlen könnten noch steigen

Die Behörden befürchteten am Sonntag, dass die Zahlen der Toten nach diesem neuerlichen Tsunami noch steigen könnten. Laut der Indonesischen Agentur für Geophysik war die Ursache des Tsunamis vermutlich ein Ausbruch des in der Meeresenge liegenden Vulkans Anak Krakatau, der wiederum einen Unterwasser-Erdrutsch zur Folge hatte. Demnach ereignete sich die Eruption am Samstagabend um 21.03 Uhr (Ortszeit), 24 Minuten später sei der Tsunami auf Land getroffen.

Der Anak Krakatau (übersetzt: Kind von Krakatau) ist ein Vulkan, der in der Sunda-Meerenge etwa 50 Kilometer von der Provinz Banten im Westen Javas entfernt liegt. Banten gehört zu den am heftigsten getroffenen Gegenden, alleine dort starben nach ersten Angaben von Katastrophenschutzsprecher Sutopo Nugroho mindestens 126 Menschen. Vor allem unter Indonesiern gilt der Landstrich an der Sundastraße aufgrund seiner Nähe zur indonesischen Hauptstadt Jakarta als Urlaubsregion.

Indonesien liegt auf Pazifischem Feuerring,

Der Anak Krakatau entstand durch einen Ausbruch des Krakatau, der 1883 einen der heftigsten Ausbrüche überhaupt mit geschätzten 36 000 Toten verursacht hatte. Seit 1927 ist der Anak Krakatau selbst vulkanisch aktiv. Er ragt etwa 338 Meter aus der Wasseroberfläche, wie Daten der Agentur für Geophysik belegen. Schon seit langem habe er eine tödliche Gefahr für das Hauptland dargestellt, heißt es. So gab es bereits 2016 und 2017 Ausbrüche, und seit Juni habe er eine erhöhte Aktivität gezeigt.

Indonesien liegt auf dem Pazifischen Feuerring, der geologisch aktivsten Zone der Erde. Für die Einwohner sind Erdbeben, Tsunamis und Vulkanausbrüche keine neue Erfahrung. Der Inselstaat hat so viele aktive Vulkane wie kein anderes Land der Welt. (dpa)

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