Kommentar zur Essener TafelDer Zorn über den Aufnahmestopp trifft die Falschen

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Tafel Essen Auto beschmiert

Ein Lieferfahrzeug der Essener Tafel wurde beschmiert.

Es ist eine alte, aber gerne vergessene Wahrheit: Bloß weil sich jemand beleidigt fühlt, ist er noch lange nicht im Recht. Und so lohnt es sich, das gewaltige Aufkommen von Zorn, Empörung und Vorwürfen, das sich in diesen Tagen über die Essener Ehrenamtler ergießt, in Relation zu setzen zu dem, was die Verantwortlichen der dortigen Tafel eigentlich genau getan haben. Und vor allem zu dem, was sie nicht getan haben:

- Es wurde nicht beschlossen, dass Lebensmittel nur noch an Deutsche verteilt werden.

- Es wurde nicht beschlossen, dass Menschen ohne deutschen Personalausweis künftig von der Verteilung der Lebensmittel ausgeschlossen sind.

- Es wurde nicht beschlossen, dass Deutsche bei der Verteilung der Lebensmittel bevorzugt werden sollen.

Wie alle Tafeln in Deutschland stehen auch die Essener Helfer an jedem Tag dort, wo der Flaschenhals der unterschiedlichen Bedürfnisse und Bedürftigkeiten besonders eng wird. Hier stehen sie alle an: die Alten mit den zu kleinen Renten; die Arbeitslosen, die den Anschluss verpasst haben; die Kinderreichen, die Flüchtlinge und die Asylbewerber. Und dort passiert womöglich, was nicht sein kann, weil es nicht sein darf: Arme und Arme vertragen sich nicht, wenn es Brot gibt.

Es trifft exakt die Falschen

Wer das bedauernd feststellt, während er diesen Menschen hilft, ist kein Ausländerfeind. Wer sich auf die Suche nach einem Ausweg macht, gießt kein Wasser auf die Mühlen der Integrationsgegner; und wer angesichts eines Ausländeranteils von 75 Prozent bei der Tafel dafür ist, dass sich als Nächstes auch wieder ein paar Deutsche anmelden dürfen, der ist kein Nazi – auch wenn das Gegenteil auf Autos und Wände gesprayt wird.

Zumal es mit den Tafeln exakt die Falschen trifft: Dafür zu sorgen, dass in diesem Land alle genug zu essen haben, ist ein Auftrag an die Politik. Die Ehrenamtler sind hier nur die Helfer.  

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