Missbrauchsfall LügdeFreispruch für ehemaliges Opfer

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Lügde 050919

Die im Lügde-Prozess Angeklagten Mario S. (l.) und Andreas V. am 5. September 2019

Paderborn – Das Landgericht Paderborn hat einen heute 16-Jährigen, der im Missbrauchsfall Lügde vom Opfer zum Täter geworden sein soll, freigesprochen. Das teilte ein Sprecher am Mittag mit. Demnach schlossen sich die Richter in ihrem Urteil am Donnerstag den Ausführungen eines Gutachters an. Der Experte hatte dem Angeklagten die strafrechtliche Verantwortungsreife abgesprochen.

Laut Jugendgerichtsgesetz kann ein Jugendlicher nur verurteilt werden, wenn seine geistige Entwicklung dies zulässt. Voraussetzung ist, dass er das Unrecht seiner Taten auch einsieht und danach handelt. Die Anklage hatte ihm sexuellen Missbrauch mehrer Kinder vorgeworfen.

Zahlreiche Kinder schwer sexuell missbraucht

Im Missbrauchsfall Lüdge hatten über Jahre zwei Männer auf einem Campingplatz an der Grenze zu Niedersachsen zahlreiche Kinder zum Teil schwer sexuell missbraucht. Das Landgericht Detmold hatte die beiden im September zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Der 16-Jährige, der jetzt freigesprochen wurde, war unter den Opfern. Laut Staatsanwaltschaft wurde der Jugendliche später selbst zum Täter. Sein Verteidiger hatte die beschriebenen Taten eingeräumt.

Die Staatsanwaltschaft hatte sich nach Angaben des Verteidigers des 16-Jährigen für eine Freiheitsstrafe auf Bewährung unter der Auflage ausgesprochen, dass der Jugendliche seine Therapie fortsetzt. Dem sind die Richter nicht gefolgt. Alle Verhandlungstage fanden zum Schutz des Jugendlichen, der aus Ostwestfalen stammt, unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Das galt auch für die Urteilsverkündung.

Der Anwalt des 16-Jährigen plädierte auf Freispruch. Der Verteidiger hatte sich bereits zum Prozessauftakt dafür ausgesprochen, dass sein Mandant eine begonnene Therapie nach einem Urteil fortsetzen kann. Die Therapie werde noch zwei bis drei Jahren dauern, sagte Rechtsanwalt Thorsten Fust über seinen Mandanten.

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Die 5. Große Strafkammer des Gerichts würdigte in ihrer Urteilsbegründung laut Mitteilung den besonderen Sachverhalt. Die Kammer verwies auf die Umstände und das Ausmaß des vorhergehenden sexuellen Missbrauchs des Angeklagten durch einen der Lügde-Täter. Das Gericht betonte, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt, die nicht auf andere Fälle übertragbar sei. (dpa) 

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