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Reemtsma-EntführungWie die „Stones“ 1998 zur Festnahme des Erftstädters Drach führten

Lesezeit 2 Minuten
Thomas Drach 2000 ungepixelt

Thomas Drach, Drahtzieher der Reemtsma-Entführung, sitzt im Hamburger Landgericht Ende 2000 auf der Anklagebank.

Köln – Als Jan Philipp Reemtsma (damals 43) am Abend des 25. März 1996 seine Villa im noblen Hamburger Stadtteil Blankenese verlässt, überwältigen ihn die Geiselnehmer, knebeln ihn und verschleppen ihn in ein Haus in Garlstedt bei Bremen, das sie angemietet haben. In einem Keller ketten sie ihn an und fordern 20 Millionen D-Mark Lösegeld von der Familie des millionenschweren Erben der Reemtsma Cigarettenfabriken. Später erhöhen die Täter auf 30 Millionen, aufgeteilt in D-Mark und Schweizer Franken – und haben Erfolg. Es ist die höchste bis heute je gezahlte Lösegeldsumme in Deutschland in einem der spektakulärsten Verbrechen der deutschen Kriminalgeschichte.

Drach stammt aus bürgerlichen Verhältnissen

Thomas Drach, geboren 1961 in Erftstadt-Lechenich, der Vater leitender Angestellter bei den Mielewerken, die Mutter Sekretärin, war der Drahtzieher der Entführung, Chef der vierköpfigen Täterbande, das „Mastermind“, wie die Medien ihn damals nannten. Aber auch vermeintliche Genies begehen Fehler. Nur so gelang es der Polizei jetzt wohl, den heute 60-Jährigen als mutmaßlichen Täter von drei Raubüberfällen auf Geldboten 2018 und 2019 in Köln und Frankfurt zu überführen.

Seiner mangelnden Umsicht war es auch zu verdanken, dass Fahnder Thomas Drach 1998, zwei Jahre nach der Geiselnahme, in Buenos Aires (Argentinien) fassen konnten. Am Telefon hatte Drach einem Freund in Deutschland erzählt, dass er sich in Buenos Aires ein Konzert der Rolling Stones ansehen wollte. Doch die Polizei hörte die Leitung heimlich ab. Sie ortete Drach in einem Hotel und ließ ihn verhaften. Ende 2000 wurde er in Hamburg zu vierzehneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. 2011 wurde die Haft um 15 Monate verlängert, weil Drach aus dem Knast seinen Bruder bedroht hatte, weil der angeblich Teile des Lösegelds verplempert hatte.

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Großteil der Beute ging für Geldwäsche drauf

Ein Großteil der umgerechnet knapp 16 Millionen Euro ist allerdings damals als Provision für Geldwäscher in Osteuropa draufgegangen, heißt es. Weitere Millionen verprasste Freunde, Bekannte und Geliebte. In den zwei Jahren bis zu seiner Festnahme 1998 soll Thomas Drach zudem auf großem Fuß gelebt haben. Laut der Zeitung „Die Welt“ fehlen heute immer noch vier Millionen Schweizer Franken, die aber nur noch bei der Zentralbank umtauschbar wären. Ein Risiko, das kein Gangster eingehen würde.

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