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Robert-Koch-InstitutMehr als jedes sechste Kind in Deutschland ist zu dick

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In Deutschland sind viele Kinder zu dick.

Berlin – Viele deutsche Kinder sind zu dick – und vor allem die Mädchen bewegen sich zu wenig. Das ergibt die jüngste Studie zur Kinder- und Jugendgesundheit in Deutschland (Kiggs), die das Robert-Koch-Institut am Donnerstag veröffentlichte.

15,4 Prozent der Mädchen und Jungen im Alter von drei bis 17 Jahren sind übergewichtig, davon sind 5,9 Prozent sogar fettleibig. Das ist nichts Neues: Ganz ähnliche Zahlen lieferten schon vorangegangene Kiggs-Studien. Das Übergewicht hat also im Laufe der vergangenen Jahre immerhin nicht weiter zugenommen. „Das ist aber kein Grund zur Entwarnung“, sagt Hermann Josef Kahl, Sprecher des Verbands der Kinder- und Jugendärzte und unterstützt damit auch das Fazit der Studien-Autoren. „Die Zahlen stagnieren auf hohem Niveau. Wir müssen weiter daran arbeiten, dass sie zurückgehen.“

Zuckerhaltige Getränke als Beförderer

Einer der größten Beförderer von Fettleibigkeit sind laut Weltgesundheitsorganisation WHO zuckerhaltige Getränke wie Cola, Fanta, Red Bull und Co. Solche Getränke nehmen laut Kiggs-Studie rund 14 Prozent der Mädchen und 18 Prozent der Jungen mindestens ein oder sogar dreimal täglich zu sich. Bei Älteren ist der Konsum häufiger als bei Jüngeren, im Alter von 14 bis 17 Jahren ist er am größten. Die erfreuliche Nachricht: Im Vergleich zu vorangegangenen Studien ist die Rate der jungen Konsumenten von Süß-Getränken zurückgegangen.

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Eine „wünschenswerte Entwicklung“, schreiben die Studien-Autoren, die auch in anderen Ländern zu beobachten sei: Während in den USA 2003/2004 noch 80 Prozent der Kinder angaben, zuckergesüßte Getränke täglich zu konsumieren, waren es 2013/2014 nur noch 61 Prozent. Dennoch wünscht sich Kinderärzte-Verbandssprecher Kahl in Deutschland ein härteres Eingreifen der Politik – zum Beispiel die seit langem diskutierte deutlichere Deklarierung der Kalorien auf den Flaschen oder eine höhere Besteuerung von Zucker. 

Gute Nachrichten verkündet die Studie auch bei Gefahrstoffen in Gasform: Immer weniger Jugendliche rauchen. Seit Beginn der Studie im Jahr 2003 ist der Anteil der Jugendlichen, die rauchen, von 21 Prozent (2003) auf 12,4 Prozent (2009) und nun 7,2 Prozent gesunken. „Das ist ohne Frage eine positive Nachricht“, sagt Kahl, gibt aber zu bedenken: „Von denen, die anfangen zu rauchen, bleiben sehr viele ein Leben lang dabei.“

Kinder bewegen sich zu wenig

Eine deutliche Verschlechterung ist in einem anderen Bereich festzustellen: Kinder, vor allem die Mädchen, bewegen sich zu wenig. Die WHO empfiehlt Kindern rund eine Stunde aktive Bewegung pro Tag. Diese Zahl erreichen aber in Deutschland lediglich 22 Prozent der Mädchen und 29 Prozent der Jungen im Alter von drei bis 17 Jahren. Jedes zehnte Mädchen und sieben Prozent der Jungen schaffen die sportliche Stunde sogar nur an zwei Tagen pro Woche. 

Mädchen bewegen sich also ohnehin weniger. In der jungen Altersgruppe von drei bis zehn Jahren zeigt sich außerdem, dass der Wert bei ihnen „deutlich seltener“ erreicht wird als in Studien aus vergangenen Jahren. Kinderarzt Kahl hat für diese negative Entwicklung noch keine Erklärung. „Wir können nur spekulieren.“

Kinder aus ärmeren Familien geht es auch gesundheitlich schlechter

Eine Problemgruppe in allen Bereichen sind Kinder aus ärmeren Familien. Denn auch das zeigt die aktuelle Kiggs-Studie: Kinder aus sozioökonomisch schlechter gestellten Familien geht es auch gesundheitlich schlechter. Sie sind deutlich häufiger von Übergewicht und Adipositas betroffen, bewegen sich weniger, trinken häufiger gesüßte Getränke und fangen häufiger mit dem Rauchen an als Gleichaltrige in besser gestellten Familien.

„Da sind auch die Schulen und Kitas in der Pflicht“, sagt Verbandssprecher Kahl. „Sie sind extrem wichtige Multiplikatoren.“ Für mehr Sport und gesunde Ernährung könnten aber nicht allein Lehrer und Erzieher sorgen. „Am Ende kommt es vor allem auf die Eltern an.“ Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, mehrere Krankenkassen, Schulen und auch der Kinder- und Jugendarztverband würden deswegen jetzt über eine neue Präventionsstrategie nachdenken, die Informationen „schichtbezogen“ an die Eltern vermittelt. 

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