Schnellere MethodeBielefelder Forscher beschleunigen Corona-Test

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Corona Test Symbolbild

Die Auswertung eines Tests dauert derzeit rund zwei Stunden.

  • Bielefelder Forscher haben ein neues Verfahren für Corona-Tests entwickelt, das zehnmal schneller ein Ergebnis liefert.
  • Professor Christian Kaltschmidt erklärt, dass die neue Methode viel wirtschaftlicher als das herkömmliche PCR-Verfahren sei.
  • Derzeit dauert ein Test auf SARS-CoV-2 mehr als zwei Stunden.

Bielefeld – Schlangen wie vor den Testzentren in den Kreis Gütersloh und Warendorf nach dem Ausbruch des Corona-Virus im Tönnies-Schlachtbetrieb in Rheda-Wiedenbrück könnten bald der Vergangenheit angehören. Zellbiologen der Uni Bielefeld haben mit mehreren Partnern in einer Studie ein Verfahren entwickelt, das zehnmal schneller ein Ergebnis liefert.

„Der Test dauert nur rund 16 Minuten“, sagt Professor Christian Kaltschmidt vom Lehrstuhl für Zellbiologie. Die neue Methode sei zudem wirtschaftlicher als das herkömmliche PCR-Verfahren. Derzeit dauert ein Test auf SARS-CoV-2 mehr als zwei Stunden. Deshalb könne ein Labor pro Tag nur eine sehr begrenzte Zahl von Menschen testen.

RNA vervielfältigen

Die sogenannten PCR-Tests nutzen das genetische Material des Virus als Grundlage. Das haben auch die Bielefelder Wissenschaftler in ihrer Studie getan. Die Tests laufen immer nach einem ähnlichen Schema ab. Durch einen Abstrich im Mund-, Nasen- oder Rachenraum wird genetisches Material gewonnen. „Wenn ein Mensch sich mit SARS-CoV-2 angesteckt hat, dann ist in der Probe auch genetisches Material des Virus enthalten, das als sogenannte RNA vorliegt“, sagt Kaltschmidt. Die RNA-Moleküle werden in einem chemischen Verfahren isoliert. Allerdings ist danach zu wenig RNA enthalten, als dass ein Test sie sofort nachweisen könnte. Deshalb muss sie vervielfältigt werden.

Das geschieht bei einer sogenannten Kettenreaktion, die dem PCR-Verfahren seinen Namen gegeben hat (Polymerase Chain-Reaction). Sie läuft in einem Gerät ab, das sich Thermocycler nennt. Es fährt die Temperatur nach einem vorher festgelegten Programm hoch und wieder herunter. In Kombination mit bestimmten Zusatzstoffen, einem Enzym mit Kopierfunktion und Stabilität bei hoher Temperatur vervielfältigt sich dadurch das genetische Material, bis so viel vorhanden ist, dass sich damit SARS-CoV-2 nachweisen lässt – sofern jemand infiziert ist.

Neue Software entwickelt

Die Bielefelder Forscher arbeiten ebenfalls mit einem Thermocycler. Das Gerät umfasst aber mehrere Temperaturzonen. Deshalb laufen die Reaktionen besonders effektiv und vollautomatisch ab, so Kaltschmidt. Man habe sich bei der Vorgehensweise an zwei weltweit anerkannten Standards für Corona-Tests orientiert, so Professor Kaltschmidt. Der eine wurde von dem Virologen Professor Christian Drosten an der Berliner Charité gesetzt, der andere am Centers of Disease Control and Prevention in Atlanta. Die Bielefelder konnten mit ihrer Methode die Ergebnisse herkömmlicher PCR-Tests wiederholen – in kürzerer Zeit und mit weniger Aufwand.

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Der in den Niederlanden entwickelte Thermocycler arbeitet mit einer neu entwickelten Software, die sowohl die benötigte Zeit als auch die Arbeitsschritte verringert. „Wir haben dazu sehr viele positive Rückmeldungen erhalten“, sagt Gert de Vos, Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens Molecular Biology Systems. Das Gerät könne mehrere Proben parallel analysieren – damit seien mit einem Thermocycler pro Stunde rund 570 Auswertungen möglich. Molecular Biology Systems arbeitet nach eigenen Angaben inzwischen mit Regierungen und privaten Laboren in den USA, Europa, dem Mittleren Osten und in Afrika zusammen.

Verfahren sofort einsetzbar

Kaltschmidt sieht viele Vorteile. So könnte ein solcher Test dort zum Einsatz kommen, wo schnelle Ergebnisse gefragt sind. „Wenn beispielsweise Kreuzfahrtschiffe ihren Betrieb aufnehmen, könnten sie in kurzer Zeit jede Person testen, bevor sie an Bord geht.“ Das Verfahren sei „sofort einsetzbar, um schnell und günstig Massentests und Kontaminationsherde wie Lüftungsanlagen zu untersuchen.“

An der Studie beteiligt waren überdies das Herz- und Diabeteszentrum NRW in Bad Oeynhausen, die Arbeitsgruppe molekulare Neurobiologie der Universität Bielefeld, das Evangelische Klinikum Bethel sowie der Forschungsverbund Biomedizin Bielefeld.

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