Sisi-Ururenkel im Interview„Das Vermögen war früh weg“

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Foto Leopold-Altenburg

Leopold Altenburg

  • Leopold Altenburg (48) ist der Ururenkel von Kaiserin Sisi und Kaiser Franz Joseph. Am Freitag liest er auf Schloss Türnich in Kerpen aus seinem Buch.
  • Im Interview erzählt er, warum er einen bürgerlichen Namen trägt und warum er als Krankenhausclown arbeitet.

Herr Altenburg, Sie sind Ururenkel von Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth, bekannt unter ihrem Kosenamen Sisi. Ist es ein erhabenes Gefühl von einer der schönsten Frauen der Welt abzustammen?

Leopold Altenburg: Das erhabene Gefühl endet, wenn ich morgens in den Spiegel schaue. Spaß beiseite – ich habe mich lange gar nicht mit meinen berühmten Ahnen auseinandergesetzt. Bis 2016 das Elisabeth-Musical nach Berlin kam und meine Frau sagte: Da musst du hin, da geht es um deine Familie. Der Besuch der Premiere des Musicals brachte mich auf den Roten Teppich. In der Folge haben mich Freunde und Bekannte aufgefordert, doch mal meine Familiengeschichte aufzuschreiben. Das Ergebnis liegt nun in Form dieses Buches vor, was mich sehr stolz macht.

Foto Sisi

Kaiserin Elisabeth auf dem berühmten Ölgemälde von Franz Xaver Winterhalter

Vorher waren Sie sozusagen inkognito unterwegs?

Ich habe als Schauspieler in Bielefeld und Berlin gearbeitet und hatte da etwas ganz anderes zu tun. Vielleicht brauchte ich auch diese Zeit der Emanzipation.

Gibt es eigentlich eine Familien-Ähnlichkeit?

Einige Leute sagen, ich hätte eine ähnliche Augenpartie wie Sisi. Und es gibt Tonaufnahmen von Franz Joseph. Von ihm habe ich wohl seine etwas verlangsamte Sprachmelodie geerbt.

Haben Sie die „Sissi“-Filme gesehen?

Ja, mittlerweile habe ich sie gesehen. Aber in meiner Kindheit hatten wir keinen Fernseher. Und als wir einen hatten, hat unser Vater die Filme ganz schnell abgeschaltet. Das sei ja alles Blödsinn. Für ihn war die Bezeichnung „Sisi“ auch ganz unmöglich. Diesen Kosenamen benutzte nur die engste Familie. Alle anderen sagten „Kaiserin Elisabeth“.

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Romy Schneider und Karlheinz Böhm waren das Kaiserpaar in den Verfilmungen aus den 50er Jahren.

Ihr Großvater war der Lieblingsenkel von Franz Joseph, ihr Vater hat als Kind noch in der Kaiservilla in Bad Ischl gelebt. Gibt es viele Anekdoten aus der Zeit?

Das Schweigen zwischen Vater und Sohn gab es seit Generationen in unserer Familie. Das hatte vielleicht auch Diskretionsgründe. Aber ich glaube, es war früher einfach üblich, dass Eltern nicht über allzu Persönliches sprachen. Und Kinder durften auch nicht fragen. Aber es gibt eine sehr anrührende Geschichte: Als kleiner Junge hielt mein Großvater einen Teller mit seinem Lieblingsessen fest, während schon abserviert wurde. Der Kaiser ließ es zu, dass er noch weiter aß. Das hat es sonst nicht gegeben. Eigentlich war es üblich, dass, wenn der Kaiser sein Besteck niederlegte, das Essen auch bei allen Gästen beendet war. Ob sie fertig waren oder nicht. Und einmal, als der Kaiser nach einer Jagd die Reihen der Jäger abschritt, da lief mein Großvater hinter ihm her und machte ihn nach.

Warum heißen Sie Altenburg und nicht Habsburg?

Mein Großvater Erzherzog Clemens, der Sohn des Schlossherren, verliebte sich in Gräfin Elisabeth Resseguier, die Tochter des Angestellten. Die Verbindung meiner Großeltern wurde von Kaiserin Zita als nicht standesgemäß gesehen, und daher entschied mein Großvater, aus dem Erzhaus auszutreten und den Namen Altenburg anzunehmen. Er nannte sich nach einer Stammburg der Habsburger im Kanton Aargau in der Schweiz. Heute ist das Schlößli Altenburg eine Jugendherberge. Ich heiße lieber Altenburg als Habsburg. Ich bin mit dem Namen sehr glücklich.

Foto Clown

Leopold Altenburg als Krankenhausclown

Sie arbeiten als Schauspieler und als Krankenhausclown, unter anderem auch in der Psychiatrie für Erwachsene. Was hätten Sisi und Franz Joseph dazu gesagt?

Der Kaiser hätte es mir wohl verboten und mich lieber beim Militär gesehen. Sisi hat den Zirkus geliebt. Und sie hat sich für die Psychiatrie interessiert. Sie hat oft Einrichtungen besucht, weil sie wohl selbst Angst hatte, einmal zu erkranken. Sie war keine einfache Person und hat es anderen auch nicht einfach gemacht. In den Filmen ist natürlich eine Menge Zuckerguss drüber gegossen worden.

Führen Sie ein adeliges Leben?

Nein, ein ganz bürgerliches. Der Adel ist ja längst abgeschafft. Mein Vater hat als Verlagskaufmann gearbeitet. Das Vermögen war früh weg. Aber das Erbe begegnet mir täglich. So habe ich zum Beispiel ein Glas aus Sisis Villa auf Korfu mit dem Logo aus Delfin und Krone. Und wir haben noch Porzellan und Besteck aus dem kaiserlichen Haushalt.

Leopold Altenburg (48) ist der Ururenkel von Kaiserin Elisabeth, genannt Sisi, und Kaiser Franz Joseph. Er stammt aus der Linie von Sisis Lieblingstochter Marie Valerie.

Er lebt mit Frau und zwei Kindern in Berlin, arbeitet als Schauspieler und Regisseur und seit über 20 Jahren für den Verein „Rote Nasen“ als Krankenhausclown, unter anderem in der Psychiatrie.

Über die Geschichte seiner berühmten Familie hat er das Buch „Der Kaiser und sein Sonnenschein“ geschrieben (Goldberg-Verlag). Am Freitag liest er auf Schloss Türnich in Kerpen. Mit dem Hausherrn Graf von und zu Hoensbroech hat er sich während des Studiums in Berlin eine Wohnung geteilt. Anmeldung bei verwaltung@schloss-tuernich.de oder telefonisch. www.schloss-tuernich.de

Was würden Sie noch als Erbe bezeichnen?

Gute Tischsitten zum Beispiel. Es heißt ja: Wer zu Hause wie bei Fürsten essen kann, kann beim Fürsten wie zu Hause essen. Das Ganze hat ja einen Sinn, nämlich schön miteinander zu essen und zu reden, ohne dass dauernd jemand aufspringt. Das vermittle ich auch meinen Kindern, aber spielerisch. Und Fragen dürfen heute natürlich gestellt werden.

Wie stehen Sie zu ihrer hochadeligen Geschichte?

Mein Vater sagte mir einmal, dass ich meine Herkunft nicht verleugnen soll, aber auch keine große Anerkennung von meiner Umwelt erwarten darf, weil ich ein Prinz bin. Meine Mutter drückte es wesentlich undiplomatischer aus: Auf Prinz und Prinzessin braucht ihr euch nichts einzubilden. Die Klos müsst ihr euch selbst putzen.

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Was fasziniert die Menschen heute noch an Kaisern und Königen?

Es ist wie eine Fortsetzung der griechischen Göttergeschichte. Es ist das nicht Fassbare, das Märchenhafte, der Prunk, die Schlösser, die Kleider. Und am Ende sind es alles Menschen. Gerade Sisis Schicksal ist ja tragisch: die erste Tochter starb als Kind, der einzige Sohn hat sich umgebracht und sie selbst wurde von einem Attentäter ermordet.

Werden Sie wegen Ihrer Familiengeschichte auch schon mal angegriffen?

Ja, manchmal sagen Leute: Aha, dann bist du also ein Monarchist. Das bin ich natürlich nicht, ich finde die Verfassung der Republik wunderbar und einen großen Fortschritt. Interessant ist aber auch, dass meine Kollegen aus der eher linksgerichteten Berliner Schauspielszene ganz fasziniert von meiner Geschichte sind und alles genau wissen wollen.

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