Verdacht der SteuerhinterziehungKölner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Boxer Charr

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Manuel Charr

Boxer Manuel Charr

Köln – Stets galt er als der Underdog. Der Junge, der von unten kam. Geboren im libanesischen Beirut, als Kind mit seiner Familie aus Syrien geflohen, versuchte Manuel Charr schon früh, sich mit seinen Fäusten nach oben zu kämpfen. Oft genug musste er Lehrgeld zahlen. Bis der gebürtige Libanese mit Wohnsitz in Köln im vergangenen Jahr überraschend den WBA-Weltmeistertitel gewann. Schon ließ sich der Champion als Nachfolger der Schwergewichts-Ikone Max Schmeling feiern, als sich herausstellte, dass Charr gar keinen deutschen Pass besaß.

Es soll um um 160.000 Euro gehen

Eine peinliche Schlappe gewiss, dennoch nichts im Vergleich zum neuen Trouble um den Schwergewichtler mit dem Kampfnamen „Diamond boy“. Gegen den „Koloss von Köln“, der 2012 im Kampf gegen den damaligen WBC-Titelträger Vitali Klitschko bereits in der vierten Runde aufgeben musste, ermittelt nach Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ die Staatsanwaltschaft Köln wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung.

Dabei soll er es um zirka 160.000 Euro gehen. Im Kölner Justizzentrum wollte man sich mit Hinweis auf das Steuergeheimnis zu dem Fall nicht äußern.

Boxer sei schlecht beraten worden

Das Management um Box-Promoter Christian Jäger hingegen bestätigte auf Anfrage die Ermittlungen gegen den WBA-Champion. „Manuel Charr wurde in der Vergangenheit – schlicht und ergreifend – steuerlich schlecht beraten. Bei einer kompetenten Beratung wäre die aktuelle Situation nicht entstanden“, so Charrs Promoter. Bisher habe der Boxer noch keine Gelegenheit gehabt, sich zu den Vorwürfen zu äußern. „Daher wurde von Manuel Charr eine erfahrene Kanzlei beauftragt, um die haltlosen Vorwürfe zu entkräften“, heißt es in einer Stellungnahme. Die Höhe der hinterzogenen Summe im unteren sechsstelligen Bereich bezeichnete sein Management „nach Rücksprache mit der beauftragten Kanzlei als reine Spekulation“.

Dem Vernehmen nach soll der Boxprofi auf dubiose Finanzberater hereingefallen sein, die Einnahmen vor dem hiesigen Fiskus verschleiert haben sollen. 2015 fielen die angeblichen Tricksereien auf. Der 33-jährige Wahlkölner wurde ein Fall für die Justiz.

Nicht das erste Mal, dass Charr auffällt

So steinig sein Aufstieg in die internationale Box-Elite, so reich an Affären  lebte der WBA-Weltmeister abseits des Rings. Im Jahr 2007 sprach ihn das Schwurgericht in Berlin-Moabit vom Vorwurf des versuchten Totschlags frei. Mit seinem damaligen Boxstallkollegen Alexander Abraham hatte er Passanten in der Bundeshauptstadt aus Jux mit rohen Eiern beworfen. Es kam zu einer Schlägerei mit einer zehnköpfigen Gruppe in deren Verlauf Charr einen Angreifer mit einem Messer lebensgefährlich verletzte.

Die Richter attestierten dem Angeklagten in Notwehr zugestochen zu haben. 

Nach einem Streit im kriminellen Milieu libanesischer Clans schoss ein Rivale Charr im Jahr 2015 in einer Döner-Bude in Essen in den Bauch und verletzte ihn schwer. Dem Angriff waren Provokationen von beiden Seiten auf Facebook vorausgegangen.

Verurteilt zu fünf Jahren Gefängnis, bot der Schütze seinem Opfer 15.000 Euro Schmerzensgeld an. Doch Charr lehnte großzügig ab. Begründung: Er habe dem Täter verziehen. Die Anklägerin, Oberstaatsanwältin Birgit Jürgens, wurde damals das Gefühl nicht los, dass Charr den Prozess zu einer „PR-Veranstaltung„ genutzt habe.

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