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Zu wenig RegenNRW leidet unter der anhaltenden Dürre

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In NRW hat es zu wenig geregnet: Hier am trockenen Rheinufer wächst ein kleines Pflänzchen.

In NRW hat es zu wenig geregnet: Hier am trockenen Rheinufer wächst ein kleines Pflänzchen.

  • In Nordrhein-Westfalen hat es in den letzten Jahren zu wenig geregnet. Jetzt spürt das Land die Folgen der Dürre: Gewässer trocknen aus, Wälder sterben, Landwirte haben Ertragseinbußen.
  • „Wir bräuchten theoretisch so viel Wasser, wie an 45 Tagen im Rhein unter der Deutzer Brücke durchströmt, um das aktuelle Niederschlagsdefizit in NRW auszugleichen“, erklärt der Hydrologe Roland Funke.
  • Was das für NRW bedeutet, lesen Sie hier.

Duisburg – Selbst wenn es jetzt hin und wieder regnet – es ist zu trocken in Nordrhein-Westfalen. Viel zu trocken.

Roland Funke ist Hydrologe und hat, um das Ausmaß des Problems zu beschreiben, ein prägnantes Bild parat: „Wir bräuchten theoretisch so viel Wasser, wie an 45 Tagen im Rhein unter der Deutzer Brücke durchströmt, um das aktuelle Niederschlagsdefizit in NRW auszugleichen.“ Klingt alarmierend. Und das war auch die Absicht des Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) bei der Präsentation des Jahresberichts 2019 in der vergangenen Woche. Titel: „Dürre in NRW“.

Die Erhebungen sind ein Dokument des Mangels: 2018 wurde knapp 30 Prozent weniger Niederschlag gemessen als im langjährigen Mittel normal wäre. Das Jahr 2019 konnte das Defizit nicht ausgleichen. Funke erklärt dazu: Eine Dürre, die die Land- und Forstwirtschaft treffe, sei bereits nach zwei Monaten starker Trockenheit gegeben. Nach vier Monaten mache sich Dürre mit Niedrigständen in Gewässern bemerkbar, nach einem halben Jahr beim Grundwasser.

Regenreicher Start ins Jahr 2020

Das Jahr 2020 hatte eigentlich gut angefangen: Im Februar regnete es noch überdurchschnittlich viel. Die Grundwasserspeicher und die Talsperren füllten sich. Doch dann folgten heiße Wochen ohne einen Regentropfen. Die Hoffnung auf ein ausgewogenes Jahr 2020, sie schwand dahin.

Die Daten des Lanuv zeigen, dass die Böden fast überall in NRW zu trocken sind. Der Grundwasserstand liegt aktuell an vielen Messstellen wieder unterhalb des langjährigen Durchschnitts. Die Folge: Gewässer trocknen aus, Wälder sterben, Landwirte haben Ertragseinbußen. Die Trockenheit, sagte am Mittwoch Thomas Delschen, Präsident des Landesumweltamtes, hat das Land im Griff.

Dürre als starkes Zeichen des Klimawandels

Problematisch sei zudem, dass sich kaum neues Grundwasser bilden könne. Nicht nur, weil durch weniger Regen weniger versickert. Durch höhere Temperaturen verdunstet auch mehr Wasser. Zudem werde immer mehr Grundwasser entnommen – etwa zum Bewässern von landwirtschaftlichen Flächen.

Diese Dürre-Situation sei ein starkes Zeichen des schon eingetretenen Klimawandels, so Delschen. Obschon Klimamodelle prognostizieren, dass es in der Summe nicht unbedingt weniger Niederschlag geben wird. Stattdessen verschieben sich die Niederschlagsmengen aber saisonal. Immer häufiger fallen die meisten Niederschläge nicht mehr im Frühjahr und Sommer, sondern im Winter – und dabei vermehrt als lokale Wolkenbrüche. Diesen klassischen Starkregen können die Böden aber nicht aufnehmen – das führt in der Folge zu Hochwasser und Überschwemmungen.

Landwirte kämpfen mit der Trockenheit

Die Veränderung in der Verteilung des Regens bedroht die Landwirtschaft – Bauern kämpfen bereits im dritten Jahr in Folge mit der Trockenheit. Äcker und Felder benötigen Niederschläge im Frühjahr, wenn die Pflanzen wachsen. Eine Rekordernte werde es in diesem Jahr mit Sicherheit nicht geben, sagt Bernhard Rüb von der Landwirtschaftskammer NRW. „Durch die lokalen Unterschiede wird es Landwirte geben, deren Erträge deutlich unter Durchschnitt sind“, so Rüb, „es wird aber auch Landwirte geben, die mit einem blauen Auge davonkommen.“ In Regionen, wo der Boden Wasser gut speichern kann, dürfe man wohl optimistischer sein.

Gibt es überhaupt Anzeichen für Entspannung? Aus klimatologischer Sicht sei der Trend der trockeneren Sommer sehr eindeutig, sagt die Klimaexpertin Barbara Köllner. Dass es in diesem Sommer mehr regnet und das Defizit ausgeglichen werden könnte, sei nicht mehr anzunehmen – der Trend verlaufe eindeutig andersherum . Also wenig Hoffnung, „dass sich die Situation grundlegend ändert.“

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Agrarwissenschaftler Delschen vom Landesumweltamt betont die Notwendigkeit, die Folgen von Trockenheit und Hitzeperioden zu erforschen, um auf die Veränderungen reagieren zu können. „Wir müssen wissen, wie viel Wasser für welche Nutzung zur Verfügung steht, ob das Management für Talsperren und unser Grundwasser individuell angepasst werden muss und welche Gebiete besonders dürreempfindlich sind“, sagt Delschen.

Das Lanuv informiert neu auf seiner Webseite in einem Monatsbericht über die aktuelle Lage – aufgeführt werden unter anderem Niederschläge, Pegelstände von Gewässern und Talsperren sowie Grundwasserreserven. Zudem haben Nutzer Zugriff auf Karten zu Niederschlägen, Bodenfeuchte und Dürreempfindlichkeit von Waldstandorten. Diese Daten sollen dabei helfen, regionale Projekte und politische Maßnahmen zum Wasserhaushalt umzusetzen. Der Handlungsbedarf ist da. 

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