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Peter EötvösZum 70.

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Peter Eötvös

Peter Eötvös

Am 2. Januar ist der ungarische Musiker, der sich selbst einmal als »Testpilot« für Neue Musik bezeichnet hat, siebzig geworden. Nicht der einzige Grund, aber schon Grund genug, ihn und seine Kunstklänge in der Kölner Philharmonie ausgiebig zu würdigen: mit eigenen Kompositionen und Werken anderer, die er schätzt, die seinen Lebensweg begleitet haben. Darunter Musikstücke aus seiner Heimat, genauer aus seiner ersten Heimat.

Denn als er 1966 zum weiteren Studium an die Kölner Musikhochschule ging, wurde die Rheinmetropole auch eine Heimat. »Ich«, so bemerkte Eötvös einmal, »kam aus Ungarn wegen Köln und wegen des WDR nach Deutschland und bin ein Deutscher und ein Kölner geworden.« Nun, später kamen Paris hinzu, wo er lange Zeit das Ensemble intercontemporain leitete, und Hilversum, hier wirkte er ein Jahrzehnt als Chefdirigent des Radio Kammerorchesters, sowie viele andere Städte weltweit, in denen er mit den namhaftesten Klangkörper hunderte von Konzerte gab. Aber zurück in seine eigentliche Heimat: Seit mehreren Jahren lebt Peter Eötvös wieder in Budapest, sofern er nicht in Sachen Musik auf Reisen ist.

Die Konzerte am 16. und 20. Februar

Die beiden Urväter der musikalischen Moderne in Ungarn, Zoltán Kodály und Béla Bartók, bilden das Portal des Konzerts am 20. Februar mit dem niederländischen Radio Filharmonisch Orkest. Die berühmten »Tänze aus Galánta« und das noch berühmtere »Konzert für Orchester« umrahmen Eötvös‘ elegantes wie aufreibendes 2. Violinkonzert »DoReMi« – mit derselben Solistin wie bei der Uraufführung 2003 in Los Angeles: der Geigenvirtuosin Midori. Andere wichtige Ahnen der musikalische Moderne, die Eötvös‘ Weg geprägt haben, erklingen bereits vier Tage zuvor: Strawinskys »Symphonies d’instruments à vent«, Debussys »Jeux« und Olivier Messiaens »Chronochromie«. Und die Akteure dieses »französischen« Abends am 16. Februar sind neben dem Jubilar das Mahler Chamber Orchestra und der Ausnahme-Perkussionist Martin Grubinger, Solist von Eötvös‘ 2013 geschriebenem Schlagzeugkonzert »Speaking Drums«, eine Suite mit Texten des ungarischen Dichters Sándor Weöres. Schlagfertig muss Grubinger hier nicht nur seine Hände, sondern auch sein Mundwerkzeug einsetzen – als Rezitator. Seit 2011, als Eötvös und Grubinger in Wien gemeinsam ein Werk von Friedrich Cerha aufführten, kennen sich die beiden, und seither konzertieren sie des Öfteren zusammen.

Alles zum Thema Kölner Philharmonie

Peter Eötvös im Gespräch am 16. Februar, 11 Uhr

Und in der Kölner Philharmonie sind beide am 16. Februar gleich zweimal zu erleben: abends und am Vormittag, bei der Matinee »Peter Eötvös im Gespräch«. Dieses Porträt über Leben und Werk des Dirigenten und Komponisten mit dem Musikjournalisten Stefan Fricke ergänzt, kommentiert, unterbricht Martin Grubinger mit zwei Schlagwerk-Stücken, die Eötvös, der selbst einige Jahre als Perkussionist im Ensemble von Karlheinz Stockhausen tätig war, komponiert hat: das Frank-Zappa-Memento »New Psalm« und das Paukensolo »Thunder«. Beide Kompositionen sind, wie so viele im Eötvös-Huvre, energetische Klangtheaterstücke mit erkennbaren Gesten und imaginären Handlungen: »Was mir immer vorschwebt, ist, eine Art Theater mit Hilfe der Musik zu realisieren. Ich möchte, dass beim Zuhörer durch einen akustischen Empfang die gleiche Vision erzeugt wird, als wäre er im Theater. Für mich ist es eine wunderbare Vorstellung, eine Zukunftsvision, dass wir Sichtbares hörbar oder Hörbares sichtbar machen.« Das Verkehren des Gewohnten, des so oft endlos und unhinterfragt Erzählten – sei es Wort, Klang, Bild – ist ein wesentlicher Impuls von Eötvös‘ Schaffen.

Die bekannten Geschichten einmal von einer anderen Seite aus darstellen, sie seitwärts oder rückwärts kundtun, um so neue Einsichten zum bewährt Vertrauten zu gewinnen, das findet sich in Eötvös‘ Musikstücken weidlich. Dass deshalb sein momentaner Lieblingsfilm »Das Turiner Pferd« ist, in dem der ungarische Regisseur Béla Tarr die Schöpfungsgeschichte in umgekehrter Reihenfolge erzählt, wundert nicht. Die 2011 bei der Berlinale mit dem Silbernen Bären ausgezeichnete Produktion bewertet das »Lexikon des internationalen Films« als »faszinierenden filmischen Kraftakt, der in seiner atemberaubend rauen Poesie voller Sinnbilder und Metaphern herausfordert«. Ähnlich äußert sich Peter Eötvös zu »A torinói ló«: »Ein Film, der auf ungewohnte und überraschende Weise doch Licht in unseren Verstand bringt.« (Zu sehen als 35-mm Kopie am 16. Februar um 15 Uhr im Filmforum).

16.02.2014 Sonntag 11:00

Peter Eötvös im Gespräch Peter Eötvös Dirigent und Komponist Stefan Fricke Moderation Martin Grubinger Schlagzeug

Peter Eötvös New Psalm (1993/2012) für Schlagzeug solo Thunder (1993) für Basspauke solo aus »Triangel« (1993)

€ 10,–

16.02.2014 Sonntag 15:00 Filmforum

Der Lieblingsfilm von Peter Eötvös Das Pferd von Torino Ungarn, 2011, 146 min. Karten an der Kinokasse Medienpartner: choices € 6,50 ermäßigt: € 6,–

16.02.2014 Sonntag 18:00

Claudio Abbado gewidmet Martin Grubinger Schlagzeug Musiker der MCO Academy am Orchesterzentrum|NRW Mahler Chamber Orchestra Peter Eötvös Dirigent

Werke von Igor Strawinsky, Peter Eötvös, Claude Debussy und Olivier Messiaen Dieses Konzert wird auch live auf philharmonie.tv übertragen. Der Livestream wird unterstützt durch JTI.

€ 35,– 30,– 25,– 20,– 15,– 10,– | Z: € 25,–

20.02.2014 Donnerstag 20:00

Midori Violine Radio Filharmonisch Orkest Peter Eötvös Dirigent Zoltán Kodály Galántai táncok (Tänze aus Galánta) (1929) Peter Eötvös DoReMi (2013) Konzert für Violine und Orchester Nr. 2 György Ligeti Melodien (1971) für Orchester Béla Bartók Konzert für Orchester Sz 116 (1943)

€ 42,– 36,– 30,– 24,– 17,– 10,– | Z: € 30,– Weitere Konzerte der Eötvös-Reihe im März und April, siehe unter koelner-philharmonie.de

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