Pilgerstrom zur „Maria von Sievernich”

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Sievernich - "Ich glaube, die Wunderheilungen sind ein Zeichen", sagt die Frau vom Ordnungsdienst. Zu viele Menschen haben sich ihrer Meinung nach über die "Marienerscheinungen von Sievernich" (Kreis Düren) lustig gemacht. Vielleicht seien die angeblichen Spontanheilungen ein Beweis der Gottesmutter, dass die "Seherin Manuela" die Wahrheit spricht.

Hunderte von Pilgern strömen in den kleinen Ort in der Voreifel. Sie wollen in der katholischen Kirche St. Johannes Baptist mit "Manuela" beten. Der als äußerst gläubig und charismatisch beschriebenen Frau soll bei den monatlichen Treffen einer Gebetsgruppe die Gottesmutter Maria erscheinen und zu ihr sprechen. Das Bistum Aachen nimmt die Schilderungen der Frau ernst, äußert sich aber nicht zur Echtheit.

Nur wenige Tage vor dem Pilgertreffen hatte ein Zeitungsbericht Gerüchte um Wunderheilungen neu angefacht. Dem Sievernicher Gemeindepfarrer Heribert Kleemann ist das Thema nicht neu: "Es wird mir relativ viel berichtet. Ich prüfe das nicht nach", gibt er sich wortkarg. Konkrete Fälle will er nicht schildern. Bei angeblichen Spontanheilungen sei ein Zusammenhang mit der "Maria von Sievernich" aber auszuschließen.

Jochen Hils hat auch von diesen Fällen gehört. Der Mann ist Vorsitzender des Trauerhallen-Vereins. Er verkauft Postkarten, deren Erlös in den Bau der örtlichen Trauerhalle fließen soll. Von der krebskranken Frau, der es unerwartet besser gehen soll, hat er auch gehört. Ebenfalls von dem unheilbar kranken Kind, dessen Krankheit nicht mehr weiter voranschreite. "Ich glaube nicht, dass das etwas mit der Marienerscheinung zu tun hat", sagt er nüchtern.

Aber dass er die "Seherin" Manuela schätzt, daraus macht er keinen Hehl. Sie sei oft im Ort. Dann stelle sich die medienscheue Frau auch den Fragen der Sievernicher. Das Verhältnis zum Dorf sei gut. Anders als oft berichtet habe der Ort bis auf wenige Ausnahmen auch nichts gegen die monatliche Pilgerschar.

Das sah man im Bistum Aachen offensichtlich anders. Nach einer offiziellen Erklärung des Bistums sollte Maria am Montag zum letzten Mal "erscheinen". Der Ansturm der Beter und Schaulustigen bringe Belastungen für die Einwohner, hatte der Aachener Bischof Heinrich Mussinghoff in einem Brief an die Gemeinde geschrieben.

Die Gebetsstunden würden auch weiter stattfinden, erklärt Pfarrer Kleemann. Aber die Botschaften Marias würden nicht mehr veröffentlicht. In der Gemeinde gehen die Menschen davon aus, dass der Pilgerstrom auch nicht vor der offiziellen bischöflichen Erklärung Halt macht.

Der Porträtmaler Karl Hackstein hat seine Staffelei hinter dem Friedhof der kleinen Kirche aufgebaut, in die die Pilger hineindrängen. Er malt die Gottesmutter Maria, wie "Manuela" sie aus eigener Anschauung geschildert hat: eine zierliche Gestalt in langem Gewand auf einer Wolke, die mit drei Rosen geschmückt ist. Ein halbes Jahr lang habe er an dem Öl-Gemälde gearbeitet. Immer wieder habe "Manuela" nachgebessert. "Dieser gütige Blick", sagt eine ältere Pilgerin und kann sich kaum losreißen. (dpa)

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