Endemol-Shine-Chef„Ich kann mir keinen besseren Dompteur vorstellen als Jauch“

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Fabian Tobias

Köln – Umgeben von Büro- und Industriegebäuden sitzt in Köln-Ossendorf Endemol Shine. Dabei dürfte die Produktionsfirma weniger bekannt sein als die Produkte des Hauses: „The Masked Singer“, „Kitchen Impossible“ und „Hot oder Schrott“ sind nur einige der bekannten Fernsehsendungen, die die Kölner produzieren.

Mit „Wer wird Millionär?“ hat Endemol Shine einen Dauerbrenner im Programm. Mehr als 1500 Folgen der Quizshow mit Moderator Günther Jauch wurden seit dem Jahr 1999 produziert. „Wenn es nach mir geht, endet die Sendung natürlich nie“, erklärt Endemol-Shine-Geschäftsführer Fabian Tobias im Podcast „ekonomy mit k“ mit Martin Dowideit und Anne Burgmer. Den Erfolg der Sendung führt Tobias auf zwei Faktoren zurück: Einer sei die Einfachheit des Formats, der andere sei Günther Jauch.

„Er sagt ja immer, es ist Gottes großer Zoo, der in der Sendung zusammenkommt – und ich kann mir keinen besseren Dompteur vorstellen als Günther Jauch.“ Er habe das Talent, aus dieser simplen TV-Wissensshow Comedy, Drama, Krimi oder Thriller in einem zu machen. Zwar sinken die Einschaltquoten von „Wer wird Millionär?“ und liegen meist bei einem Marktanteil von rund zehn bis 15 Prozent. Dennoch sei das über dem Senderdurchschnitt bei RTL.

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Über dem RTL-Senderdurchschnitt

Unter dem Originaltitel „Who wants to be a Millionaire?“ wurde die Sendung 1998 erstmals in Großbritannien ausgestrahlt und anschließend für das deutsche Fernsehen adaptiert, wie es in der Branche gang und gäbe ist.

Weil das so gut funktioniert, schauen sich die Produktionsfirmen nach weiteren Formaten um, die bereits im Ausland erfolgreich funktionieren. Doch die Konkurrenz ist groß. „Es wird immer härter und schwieriger, es handelt sich um einen total professionalisierten Markt“, erklärt Tobias. Über Banijay, eine internationale Holdinggesellschaft, die aus diversen Produktionsfirmen besteht und zu der auch Endemol Shine gehört, sei es jedoch einfacher geworden, Sendungen aus dem Ausland zu importieren.

The Masked Singer kam aus Korea

Ein anderer Quotenerfolg wurde separat eingekauft: „King of Mask Singer“ – hier besser bekannt als „The Masked Singer“, aus Korea. „Wenn man das zum ersten Mal gesehen hat, hat man vielleicht im ersten Moment gezuckt und gedacht, es ist vielleicht etwas drüber, es fühlt sich an wie Karneval“, sagt Tobias. Für den deutschen Markt habe man daher ein paar Änderungen vorgenommen: „Die Kostüme sollten qualitativ sein, man sollte sich daran nicht sattsehen können und das Ratespiel sollte ernster genommen werden.“  

Das deutsche Publikum wolle oft etwas aus Fernsehsendungen mitnehmen, sagt Tobias. Das gehe selbst bei Reality-Formaten wie „Promi Big Brother“: „Das ist ja eine Lebensstudie, da kann man lernen, wie Menschen miteinander umgehen können.“ Wie realistisch dieses Beispiel ist, konnten Fernsehzuschauer gleich zweifach bei „Promis unter Palmen“ erleben. Vergangenes Jahr wurde die Teilnehmerin Claudia Obert in der Sendung gemobbt. Damals hagelte es Kritik, Endemol Shine und Sat1 gelobten Besserung.

Vorfälle erst später eingeordnet

Dieses Jahr äußerte sich Marcus Prinz von Anhalt offen und ausdauernd homophob gegenüber Katy Bähm. „Im Nachhinein sind wir da unserer Verantwortung als Produktionsfirma nicht nachgekommen“, sagt Tobias. Dennoch hatte das vermeintliche Opfer Katy Bähm der Ausstrahlung zugestimmt, um Zuschauern zu vermitteln, dass derartige Übergriffe in der realen Welt tatsächlich existierten. Hinzu kommt, dass die Sendung keinen einordnenden Moderator hatte. Die Vorfälle wurden stattdessen in der nach der Ausstrahlung gesendeten Liveshow eingeordnet: „Wir haben unterschätzt, dass Zuschauer und Presse das aber nicht so wahrnehmen“, sagt Tobias.

Die Fernsehlandschaft befindet sich im Wandel. „Der aktuelle Zeitgeist geht sehr deutlich auf einen respektvollen Umgang miteinander – und das ist sehr begrüßenswert“, erklärt der Endemol-Shine-Geschäftsführer. „Gerade dann, wenn die gesellschaftlichen Zeiten entspannt und unspektakulär sind und nicht so aufgerieben, dann ist es im Fernsehen ein bisschen heftiger. Wenn die Welt ein bisschen rauer ist, dann ist es im Fernsehen oftmals ein bisschen netter.“ Er führt die Situation vor allem auf die Beziehungen zwischen Europa, China und den USA, aber auch auf die aktuelle Klimadebatte zurück.

Auch haben sich die Ausspielkanäle der Produktionsfirma geändert. Man produziere auch für Streaming-Dienste und die Mediatheken der Fernsehsender. Dort müsse man sich nicht an starre Zeitvorgaben halten, wie im linearen Fernsehen. „Wenn wir für Streamer produzieren, ist die Folgenlänge nicht so ein enges Korsett“, erklärt Tobias „Aus kreativer Sicht ist das fantastisch.“

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