Mühlenkölsch-Chefin„Ein Köbes muss freundlich sein“

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melanie schwartz

Malzmühlen-Chefin Melanie Schwartz

Köln – Die Deutschen und auch die Kölner trinken immer weniger Bier. Viele Kölschbrauereien treten dem entgegen, in dem sie auf alternative Produkte wie andere Biersorten oder Fassbrause setzen. Dem erteilte eines der traditionellsten Kölner Brauhäuser eine klare Absage.

„Der Aufwand, zusätzlich andere Getränke wie Brause herzustellen, steht für uns in keiner Relation zum Erfolg. Unser Kölsch schmeckt schon gut, wir brauchen keine anderen Produkte“, sagt Melanie Schwartz, Geschäftsführerin der Brauerei Malzmühle in der jüngsten Ausgabe von „ekonomy mit K“, dem Wirtschaftspodcast des „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Angesichts der Größe der Malzmühle könne man sich in solchen Märkten auch nicht den großen Spielern auf dem Kölschmarkt wie Gaffel, Früh oder Reissdorf entgegenstellen. An der sehr traditionellen Vermarktungsform hält die Malzmühle auch in Sachen Gebinden fest. „Wir sind der alten Bauarbeiterpulle treu geblieben über all die Jahre, jetzt kommen die anderen zurück und machen das nach“, sagt Schwartz. Damit spielt sie darauf an, dass immer mehr Kölner Brauereien wieder auf die sogenannte Euroflasche setzen.

Schreckenskammer-Kölsch als größte Konkurrenz

Das bauchige Gebinde war früher die Standardflasche für Kölsch und Pils, wurde dann aber von eleganteren Flaschen mit schmalem Hals, genannt Long Neck, abgelöst. In jüngster Zeit aber gibt es eine Retrowelle. So hat die Brauerei Gaffel nun erstmals ihre Sorte Wiess in kleinen Euroflaschen mit 0,33 Litern Inhalt auf den Markt gebracht. Bereits etwas früher kam Schreckenskammer-Kölsch mit 0,5-Liter-Euroflaschen. Die Marke wird von der großen Früh-Kölsch-Brauerei hergestellt und auch vermarktet.

Das Produkt Schreckenskammer-Kölsch sieht die Malzmühlenchefin als direkte Konkurrenz zur eigenen Nische. „Schreckenskammer zielt preislich und vom Marketing genau in unsere Nische, ist klar gegen uns gerichtet“, sagt Schwartz, die keinen Hehl daraus machte, dass Mühlenkölsch mit das hochpreisigste Bier auf dem gesamten Kölschmarkt ist. „Unser Bier ist malziger, und auch am leckersten“, sagt Schwartz selbstbewusst.

An der Spitze des Familienunternehmens

Mühlenkölsch hat nur einen Anteil von drei Prozent am Kölschmarkt, während mehr als 70 Prozent des Ausstoßes von den drei größten Kölner Brauereien beherrscht werden. Die Malzmühle ist älter als 160 Jahre und seither in Familienhand. Melanie Schwartz ist die erste Frau, die offiziell an der Spitze des Familienunternehmens steht. Allerdings hätten über lange Zeiten die Ehefrauen der männlichen Brauerei-Eigentümer faktisch die Geschäfte geführt.


Podcast „ekonomy mit K“

Das komplette Gespräch mit Melanie Schwartz können Sie auf allen gängigen Podcast-Plattformen wie Apple Podcasts, Spotify oder Deezer hören. Suchen Sie dort dazu nach „ekonomy mit K“ oder „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Unter anderem finden Sie dort auch Interviews mit Ergobag-Mitgründer Sven-Oliver Pink, KVB-Chefin Stefanie Haaks und Flossbach von Storch Co-Gründer Kurt von Storch.

Wenn Sie dem Podcast folgen, verpassen Sie keine der künftigen Ausgaben. Alternativ können Sie das Gespräch auch hier hören.

Eine Übersicht aller Podcasts des Kölner Stadt-Anzeiger gibt es hier: https://www.ksta.de/podcast


Vor der Corona-Krise stand der einstige Sanierungsfall Malzmühle wirtschaftlich blendend da. Die veröffentlichte Bilanz von 2019 weist einen Umsatz von 14 Millionen Euro und einen Gewinn von einer Million Euro aus. Ursprünglich wollte das Unternehmen im Kölner Stadtteil Lövenich eine neue Brauerei bauen. „Diese Investition haben wir Corona-bedingt schieben müssen“, sagt Schwartz.

„Köbes muss heute freundlich sein“

Auch andere Investitionen seien in die Zukunft verlegt worden, um den notwendigen Sparkurs einzuhalten. Seit sieben Monaten sind die Gastronomiebetriebe geschlossen. November- und Dezemberhilfen hätten dem Unternehmen zwar geholfen, seien aber „sehr bürokratisch und jeden Tag neu geregelt gewesen“, so Schwartz. Sie will auch den Namen „Hilfen“ nicht gelten lassen, und besteht eher auf die Bezeichnung „Schmerzensgeld“.

„Erst in zwei oder drei Jahren werden wir wieder wie vor der Pandemie Messegäste und Ähnliches wie vor 2020 begrüßen können, das dauert“, sagt Schwartz.

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Trotz aller Tradition, eine ist für die Brauerei-Inhaberin längst Geschichte: Das Bild vom unfreundlichen Köbes. „Das mag ja noch in vielen Reiseführern stehen. Fakt ist aber: Der Köbes muss heute viel freundlicher sein als noch vor 20 Jahren.“ Mal ein ruppiger Spruch sei in Ordnung, aber vor allem die auswärtigen Gäste mochten es, wie überall auf der Welt freundlich bedient zu werden in der Gastronomie.

43:48 Minuten – hören Sie hier den kompletten Podcast mit Melanie Schwartz.

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