„Hitler überlebt, von Putin ermordet“Holocaust-Überlebender in Charkiw getötet

Lesezeit 3 Minuten
Boris Romantschenko dpa 210322

Boris Romantschenko (2. v.r.) erneuert im Jahr 2015 in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald den Schwur von Buchenwald vom 19. April 1945.

Weimar – Ein Überlebender des Konzentrationslagers Buchenwald ist nach Angaben der Gedenkstättenstiftung bei einem Bombenangriff in Charkiw getötet worden. Der 96-jährige Boris Romantschenko sei bereits am Freitag durch einen Angriff auf sein mehrstöckiges Wohnhaus in der ostukrainischen Stadt ums Leben gekommen, sagte der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens-Christian Wagner, am Montag. Wagner berief sich dabei auf Informationen eines langjährigen Vertrauten der Stiftung in Charkiw.

„Wir trauern um einen engen Freund“

„Wir trauern um einen engen Freund“, hieß es in einer Mitteilung der Gedenkstätte. Romantschenko habe die KZs Buchenwald, Peenemünde, Dora und Bergen-Belsen überlebt. Im Jahr 1942 sei er nach Dortmund verschleppt worden, wo er unter Tage Zwangsarbeit habe leisten müssen. Er habe versucht zu fliehen, sei aber aufgegriffen und im Oktober 1943 ins KZ Buchenwald eingewiesen worden. In Peenemünde habe er später auch an Raketen mitbauen müssen.

Romantschenko habe sich später intensiv für die Erinnerung an die NS-Verbrechen eingesetzt. Er sei Vizepräsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora gewesen. Seit den 1990er Jahren sei er regelmäßig zu Veranstaltungen auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers bei Weimar gekommen, sagte Wagner. Seine Wohnung in Charkiw habe Romantschenko seit Monaten nicht verlassen - aus Angst, sich mit Corona zu infizieren. Am Freitag habe ein Geschoss das Gebäude getroffen. Romantschenkos Wohnung sei ausgebrannt.

Sorgen um in Ukraine lebende KZ-Überlebende

„Der entsetzliche Tod von Boris Romantschenko zeigt, wie bedrohlich der Krieg in der Ukraine auch für die KZ-Überlebenden ist“, hieß es in der Mitteilung weiter. Gemeinsam mit 30 anderen Gedenkstätten habe die Stiftung ein Hilfsnetzwerk für ehemalige NS-Verfolgte in der Ukraine gegründet.

Das könnte Sie auch interessieren:

Gedenkstättenleiter Wagner hatte sich schon zu Beginn des Krieges in der Ukraine besorgt um die dort lebenden KZ-Überlebenden gezeigt. Es sei „besonders tragisch für die ukrainischen KZ-Überlebenden, die mit den russischen Häftlingen in den Lagern gelitten haben, und die nun im Luftschutzkeller sitzen und von russischen Bomben mit dem Leben bedroht werden“, hatte er gesagt.

Ramelow: „Das macht mich fassungslos“

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow zeigte sich am Montag entsetzt über den Tod des Buchenwald-Überlebenden. „Das macht mich fassungslos. Der Tod von Boris Romantschenko lässt mich entsetzt zurück. Die Nationalsozialisten haben es nicht geschafft, diesen großen Menschen zu brechen, ihn zu töten - sehr wohl aber das System Putin mit seinem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg auf die Ukraine“, erklärte Ramelow am Montag in Erfurt.

Auch der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba gedachte Romantschenko am Montag. „Bis vor kurzem lebte er sein ruhiges Leben in Charkiw. Letzten Freitag traf eine russische Bombe sein Haus und tötete ihn. Unaussprechliches Verbrechen. Hitler überlebt, von Putin ermordet“, schrieb Kuleba bei Twitter. (das/dpa/kna) 

KStA abonnieren