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„Neue Zeitalter der Risiken“Forscher warnen vor düsterer Zukunft für den Frieden

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Somalier, die aus dürregeplagten Gebieten geflohen sind, sitzen in einem behelfsmäßigen Lager am Rande der Hauptstadt Mogadischu.

Stockholm –  Eine gefährliche Mischung aus Umwelt- und Sicherheitskrisen birgt dem Forschungsinstitut Sipri zufolge komplexe Risiken für den Frieden auf der Welt. Auf dieses „neue Zeitalter der Risiken“ seien Entscheidungsträger bislang nicht vorbereitet, warnen die Friedensforscher aus Stockholm in einem am Montag veröffentlichten Bericht. Darin wird ein düsteres Bild von der künftigen weltweiten Sicherheitslage gezeichnet.

Der Bericht zeigt auf, wie Umweltkrisen - Klimawandel, Knappheit an Ressourcen, Aussterben von Arten - mit Sicherheitskrisen und anderen Bedrohungen wie der Corona-Pandemie zusammenwirken können. Schwedens frühere Außenministerin und EU-Umweltkommissarin Margot Wallström schreibt im Vorwort: „Die Mischung ist giftig, tiefgreifend und schädlich. Und Institutionen mit der Macht, Lösungen zu finden, wachen viel zu langsam auf.“

Somalia von Dürre, Klimawandel und Armut betroffen

In Somalia zum Beispiel hätten anhaltende Dürre und andere Folgen des Klimawandels, kombiniert mit Armut und einer schwachen Regierung, die Menschen in die Arme der islamistischen Terrormiliz Al-Shabaab getrieben, heißt es. In Mittelamerika erhöhten die Auswirkungen des Klimawandels auf die Getreideernte in Kombination mit Gewalt und Korruption die Migration in Richtung der USA.

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„Viele Experten argumentieren, dass wir an einem entscheidenden Punkt stehen: Wir können die Umweltkrise ihren Lauf nehmen lassen oder das Problem jetzt erkennen und etwas dagegen tun“, sagte Sipri-Direktor Dan Smith der Deutschen Presse-Agentur. „Die schlechte Nachricht ist, dass dieser extrem wichtige Moment in eine Zeit fällt, in der die internationale Politik in einem furchtbaren Zustand ist.“ Die Beziehungen zwischen den großen Mächten seien „giftig und gefährlich“ Populismus und Nationalismus auf dem Vormarsch.

Bewaffnete Konflikte zwischen Staaten verdoppelt

Dem Bericht zufolge verdoppelten sich in den 2010er-Jahren sowohl die Anzahl der bewaffneten Konflikte, an denen mindestens ein Staat beteiligt sei, als auch die der Todesopfer in Konflikten - ebenso wie die Zahl der Flüchtlinge und Vertriebenen weltweit. Nach jahrelangem Rückgang sei die Zahl der einsatzbereiten Atomsprengköpfe 2020 wieder gestiegen. Im vergangenen Jahr hätten die weltweiten Militärausgaben einen Höchststand von mehr als zwei Billionen US-Dollar erreicht.

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Zugleich beschreibt der Bericht alarmierende Entwicklungen der Umwelt. Etwa ein Viertel aller Arten sei vom Aussterben bedroht. Die Zahl bestäubender Insekten gehe dramatisch zurück. „Der Klimawandel sorgt dafür, dass extreme Wetterereignisse wie Stürme und Hitzewellen häufiger und intensiver auftreten und so den Ertrag wichtiger Nahrungsmittel-Pflanzen verringern und das Risiko großflächiger Ernteausfälle erhöhen.“ Die Politik müsse Risiken besser abschätzen und den Kampf gegen Umweltkrisen entschieden angehen.

Übergang zur „Grünen Ökonomie“ muss schnell erfolgen

Die Sipri-Forscher forderten einen schnellen Übergang zu einer „Grünen Ökonomie“, der aber auch gerecht und friedlich erfolgen müsse. „Bei einer so großen wirtschaftlichen Veränderung gibt es immer sowohl Gewinner als auch Verlierer“, sagte Smith. „Die Interessen der Menschen, die dieser Übergang am meisten betrifft, müssen berücksichtigt werden. Sonst entstehen neue Risiken für Konflikte.“

Auch im Angesicht akuter Krisen wie Corona-Pandemie und Krieg in der Ukraine dürfen man dieses Ziel nicht aus den Augen verlieren, mahnte Smith. „Es scheint, als könnten die meisten Regierungen nur eine Krise gleichzeitig bewältigen. Das ist ein enormer Komplikationsfaktor.“ Die Pandemie habe aber auch gezeigt, was mit Entschlossenheit und internationaler Zusammenarbeit alles möglich sei - etwa bei der Entwicklung von Impfstoffen.

Die Forscher wollen deshalb auch Hoffnung machen. „Die Menschheit hat das Wissen und die Fähigkeiten, aus den Schwierigkeiten zu entkommen, in denen wir uns befinden“, sagte Smith. Dazu müsse aber jetzt gehandelt werden. „Mit jedem Tag, den wir ihn aufschieben, wird der Job schwieriger.“ (dpa)

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