„Nicht das Mittel der Wahl“SPD-Spitze rechnet mit Aus für umstrittene Gasumlage

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Esken Mützenich Klingbeil PA 260922

SPD-Parteispitze: Saskia Esken, Rolf Mützenich und Lars Klingbeil (Archivbild)

Berlin – Angesichts der zunehmenden Zweifel in der Koalition rechnet die SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken in dieser Woche mit einem Aus für die umstrittene Gasumlage. „Ich bin der festen Überzeugung, dass wir diese Woche zum Ende der Gasumlage kommen“, sagte Esken am Sonntagabend im „Bericht aus Berlin“ der ARD. Sie sprach sich zudem für eine Verstaatlichung der Energieversorger aus.

Zuvor hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) die Gasumlage in Frage gestellt. Auch Eskens Ko-Parteichef Lars Klingbeil sah die Gasumlage „politisch auf wackligen Füßen“ und rechnete damit, dass sich ihr Schicksal kommende Woche entscheiden wird. Die Bundesregierung hatte zunächst trotz der Verstaatlichung des Uniper-Konzerns an der Gasumlage festgehalten.

SPD-Vorsitzende Saskia Esken: „Die Energieversorgung ist die originäre Pflicht des Staates“

Sie soll ab Oktober von Privathaushalten und Unternehmen gezahlt werden, um Energieunternehmen zu stützen, die wegen des Ausfalls von russischem Gas nun teurer auf anderen Märkten einkaufen müssen. Allerdings lässt die Bundesregierung noch prüfen, ob die Umlage nach der Uniper-Verstaatlichung überhaupt verfassungsrechtlich zulässig ist. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte hier Zweifel geäußert.

Esken betonte im „Bericht aus Berlin“, offenkundig müsse „am Strom- und Energiemarkt wieder mehr staatliche Kontrolle“ ausgeübt werden, weil es dort um die Daseinsvorsorge gehe. „Die Energieversorgung ist die originäre Pflicht des Staates. Das können wir nicht alleine dem Markt überlassen“, sagte sie. Da der Markt „jetzt gerade im Moment gar nicht mehr funktioniert, sind natürlich staatliche Eingriffe notwendig“, betonte Esken.

Rolf Mützenich: Gasumlage „nicht das Mittel der Wahl ist“

Auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich geht davon aus, dass die Gasumlage nicht kommt. Man könne „mit Sicherheit“ davon ausgehen, dass die Gasumlage „nicht das Mittel der Wahl ist“, sagte Mützenich am Montag im ARD-„Morgenmagazin“. Er verwies darauf, dass die Umlage zum 1. Oktober wirksam werden soll, aber erst zum 31. Oktober fällig werde. Es gebe hier in den nächsten Tagen genug Diskussionsstoff.

Grünen-Bundesvorsitzender Omid Nouripour geht unterdessen davon aus, dass die umstrittene Gasumlage zunächst am 1. Oktober in Kraft tritt, aber dennoch keinen Bestand hat. „Ich muss zugeben, dass ich sogar davon ausgehe, dass die am 01.10. in Kraft tritt“, sagte Nouripour am Montag in der Sendung „Frühstart“ von RTL/ntv. Gefragt danach, wann genau die Gasumlage gekippt werden könne, sagte Nouripour: „So schnell es irgendwie nur geht.“

Grünen-Vorsitzender Omid Nouripour gegen Gasumlage: „Dass die jetzt weg muss, ist etwas, was richtig ist“

Es müssten Gespräche in der Bundesregierung geführt werden, die Lage sei dynamisch. „Dass die jetzt weg muss, ist etwas, was richtig ist. Das sehen alle so.“ Mit Blick auf den Bundeswirtschaftsminister aus seiner Partei fügte Nouripour hinzu: „Ich kann versichern, dass Robert Habeck alles dafür tut, damit die Umlage so schnell wie möglich fällt.“

Als „sehr geboten“ bezeichnete der Parteichef einen Gaspreisdeckel. Alle denkbaren Nachfolgemodelle der Gasumlage kosteten aber Geld, die Finanzminister Christian Lindner (FDP) bereitstellen müsse.

Kritik an Gasumlage: „Endlich scheint nun auch die Einsicht in der Bundesregierung zu reifen“

Auf einen Verzicht auf die Gasumlage dringt auch der Bundesverband Mittelständische Wirtschaft (BVMW). „Wiederholt haben wir die insbesondere aus Sicht des Mittelstandes vielfältigen Unzulänglichkeiten der Einführung einer Gasumlage aufgeführt“, sagte Verbandsgeschäftsführer Markus Jerger dem „Handelsblatt“.

Er begrüßte, dass Finanzminister Christian Lindner (FDP) die Umlage in Frage gestellt hat. „Endlich scheint nun auch die Einsicht in der Bundesregierung zu reifen, dass ein solches Instrument mehr schadet als nutzt“, sagte Jerger der Zeitung. Jetzt müsse schnell Vernunft in die politische Diskussion einziehen. Der BVMW-Bundesgeschäftsführer zeigte sich offen für eine weitere Aussetzung der Schuldenbremse.

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„Die deutsche Wirtschaft muss diesen nie dagewesenen Härtetest Energiepreiskrise überstehen und gestärkt daraus hervorgehen“, sagte er. „Wenn dazu eine zeitlich eng begrenzte Lockerung der Schuldenbremse um ein weiteres Jahr erforderlich ist, unterstützen wir dies.“ Eine zusätzliche Schuldenaufnahme müsse aber an die Bedingung geknüpft sein, öffentliche und private Investitionen zu unterstützen. (das/dpa/afp) 

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