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„State of the Union“-AnspracheTrump will am Dienstag den Landesvater spielen

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Donald Trump hält am Dienstag seine erste „State of the Union“-Ansprache, deren Tradition bis 1790 zurückgeht.

Washington – Dieses Mal soll der Ton versöhnlich sein und optimisisch. Zwar liegt es erst ein paar Tage zurück, dass Donald Trump die Herkunftsstaaten der amerikanischen Einwanderer als „Drecksloch-Länder“ beschimpfte, den demokratischen Senats-Fraktionsführer Chuck Schumer als „Heulsuse“ verhöhnte und einen renommierten Journalisten „den verrückten Jim Acosta von Fake-News-CNN“ schimpfte. Doch am Dienstag wird der US-Präsident den Staatsmann geben. Das jedenfalls ist der Plan seiner Berater, die seit Wochen an der einstündigen Rede „Für ein sicheres, starkes und stolzes Amerika“ feilen.

Rede bietet Trump Chancen - aber auch Risiken

Die Gelegenheit, vor dem Hintergrund der Affäre um eine mögliche Justizbehinderung eine positive Botschaft ins Land zu senden, ist einzigartig: Etwa 30 bis 40 Millionen Amerikaner dürften um 21 Uhr Ostküstenzeit vor ihren TV-Geräten sitzen, wenn Trump seine Regierungserklärung vor beiden Kammern des Parlaments abgibt. Zwar hat er im Februar 2017 schon einmal vor dem Kongress gestanden, doch formal wird dies seine erste „State of the Union“-Ansprache sein, deren Tradition bis 1790 zurückgeht. Entsprechend groß sind die Erwartungen seiner Strippenzieher – und die Sorge, dass der unberechenbare Chef die Sache versemmelt.

„Die ideologischen Kämpfe wie bei Obamacare oder der Steuerreform sind vorbei“, hat ein White-House-Berater dem Polit-Newsletter Axios gesagt: „Von jetzt an brauchen wir für alles eine überparteiliche Zusammenarbeit und Vereinbarungen.“ Angesichts der auf einen Sitz geschrumpften republikanischen Mehrheit im Senat und einer im Herbst drohenden Übernahme des Repräsentantenhauses durch die Demokraten ist das eine nüchterne Analyse. Aber Trump sei ganz schlecht darin, eine klare Botschaft auszusenden, gibt Ari Fleischer, der Ex-Sprecher des früheren Präsidenten George W. Bush zu bedenken: „Statt das Momentum zu nutzen, springt er spätestens am nächsten Tag wieder aus der Spur.“

So hängt nun vieles davon ab, ob der Präsident dem sorgsam formulierten Text auf dem Teleprompter folgt und anschließend seine Twitternachrichten unter Kontrolle hält. Das Manuskript der Rede, berichten amerikanische Zeitungen, habe einen klaren innenpolitischen Schwerpunkt. Es wird erwartet, dass Trump zunächst die gute wirtschaftliche Lage herausstreicht und die Erfolge seiner Steuerreform lobt. Dann dürfte er seinen Infrastrukturplan anpreisen, der Investitionen von 1,7 Billionen Dollar in Brücken, Straßen, Abwasserkanäle und Flughäfen vorsieht. Sehr detailliert dürfte das aber nicht werden, denn bislang ist völlig unklar, wo das Geld herkommen soll.

Positive Schlagzeilen sind für Trump alles andere als sicher

Die Einwanderungspolitik und die Sicherheit dürften einen breiten Raum einnehmen. US-Medien spekulieren, dass Trump seine Rede emotional aufladen könnte, indem er die Mutter eines Mädchens vorstellt, das von lateinamerikanischen M-13-Banden ermordet wurde. Trump hat kürzlich angeboten, den bereits in den USA lebenden Kindern illegaler Einwanderer einen Pfad zur Staatsbürgerschaft zu eröffnen. Im Gegenzug fordert er aber 25 Milliarden Dollar für die Grenzmauer zu Mexiko und will den künftigen Zuzug von Migranten stark begrenzen. So soll die Greencard-Lotterie abgeschafft werden. Auch könnten US-Bürger dann keine Eltern oder Geschwister mehr nachholen. Migrantenverbände protestieren entschieden. Finden Republikaner und Demokraten bis zum 8. Februar keine Einigung, droht ein neuer Haushaltsnotstand.

Auf Trumps Rede wird der Demokrat Joe Kennedy antworten, der zwar als Enkel von Robert F. Kennedy einen berühmten Namen trägt, im Repräsentantenhaus bislang aber eher unauffällig blieb. Der Präsident mag dies erfreut als Hinweis auf die Personalnöte der Opposition deuten, der es noch nicht gelungen ist, eine neue Führungsfigur aufzubauen. Positive Schlagzeilen sind Trump am nächsten Morgen trotzdem nicht sicher: Kurz nach der Veranstaltung im Kongress meldet sich beim TV-Talkmaster Jimmy Kimmel nämlich Stormy Daniels zu Wort. Um eine Affäre zu verheimlichen, soll Trump dem Pornostar 130.000 Dollar Schweigegeld gezahlt haben.

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