„Verjährung“NRW-Polizisten dürfen nach Rassismus-Vorwürfen wieder Dienst aufnehmen

Lesezeit 2 Minuten
NRW Innenminister Reul

NRW-Innenminister Herbert Reul

Düsseldorf – Die Ermittlungen in der Affäre um rechtsextreme Chats bei der Polizei in Essen und Mülheim/Ruhr stehen teilweise vor dem Abschluss. NRW-Innenminister Herbert Reul bestätigte am Montag eine Meldung des „Kölner Stadt-Anzeiger“, wonach weitere sieben suspendierte Beamte wieder ihren Dienst aufnehmen dürfen.

Reul sagte, dass diese Polizisten von der  Wache Mülheim keine volksverhetzenden Posts abgesetzt hätten. „Vielmehr haben sie zwischen 2013 und 2015 fremdenfeindliche oder antisemitische Bilder empfangen, dieser Zeitraum unterliegt jedoch der Verjährung.“ Deshalb seien die Suspendierungen aufgehoben worden. Reul nannte die Inhalte dennoch problematisch, „das ist kein Freispruch erster Klasse.“ Somit sind 16 der 31 beschuldigten Beamten aus dem Ursprungsverfahren wieder im Dienst. Der Minister entschuldigte sich bei einigen zu Unrecht unter Verdacht geratenen Polizisten. So etwa bei jener Beamtin, bei der die Ermittler der  Sonderkommission eine Hitler-Parodie zunächst als strafwürdiges Vergehen gewertet hatten.

Verdacht in 15 Fällen erhärtet

Um so härter will Reul gegen jene 15 Beamten vorgehen, bei denen sich der Verdacht nach Auswertung aller  Handys aus dem Ursprungsverfahren erhärtet habe. So hätten vier Beamte mehr als 100 hetzerische Dateien gepostet, einer gut 200, und zwei mehr als 400 . Als „Beifang“, so Reul,  seien bei den Ermittlungen weitere Verdachtsmomente wegen anderer Straftaten aufgetaucht: Verstöße gegen das Waffengesetz, Drogenfunde, Versicherungsbetrug und der Verdacht auf Körperverletzung.

Alles zum Thema Herbert Reul

Das könnte Sie auch interessieren:

In dem Zusammenhang spielte Reul auf Enthüllungen dieser Zeitung an. Demnach soll ein bereits gefesselter Deutscher mit nordmazedonischen Wurzeln bei einem Einsatz wegen häuslicher Gewalt von einem Mitglied der rechtsextremen Chatgruppe „Alphateam“ der Wache 4 in Mülheim geschlagen worden sein. Der Übergriff soll durch Vorgesetzte vertuscht worden sein. Gegen die drei läuft ein gesondertes Strafverfahren.

202 Verdachtsfälle seit 2017

Das Gleiche gilt für zehn Kollegen aus einer Kegelrunde der Polizei Essen. Diese hatten in einer  WhatsApp-Gruppe zahlreiche rassistische Posts und NS-Symbole ausgetauscht. Insgesamt ist Reuls Angaben zufolge die Zahl rechtsextremistischer Verdachtsfälle bei der Polizei seit 2017 auf 202 gestiegen. Allerdings sei bei vielen Verfahren noch nicht klar, was dran sei. Reul antwortete zudem auf die Kritik der Polizeigewerkschaft GdP – diese hatte  seine Aktion, Kalender mit Auszügen aus dem Grundgesetz an die Reviere im Land zu verschenken, als „unnötige Belehrung“ bezeichnet. Er habe nicht  belehren, sondern angesichts der Chataffäre die Wertedebatte in der Polizei weiter anregen wollen, erklärte Reul. 

KStA abonnieren