„Von Werbekampagne missbraucht“Schützenbruderschaften grenzen sich gegen AfD ab

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Der Bund der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften grenzt sich von der AfD ab. 

Leverkusen – „Weil bei uns nur der Schützenhut grün ist“, steht auf einem Flyer der AfD zur diesjährigen Bundestagswahl. Hinter dem Schriftzug ruhen zwei Hüte auf einer Fahne, die das Motto des Bundes der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften (BHDS) zeigt: Für Glaube, Sitte und Heimat. „Das erweckt den Eindruck, als würden wir diese Positionen teilen“, klagt Emil Vogt. „Und die Positionen der AfD teilen wir überhaupt nicht. Wir fühlen uns im Rahmen dieser Werbekampagne missbraucht.“ Mit einem Positionspapier will sich der Verband deshalb nun nach rechts abgrenzen.

Es sei nicht der erste Versuch der AfD, die Schützenvereine zu vereinnahmen, sagt Vogt. Da war zum Beispiel die hohe Geldspende für das soziale Engagement der Bruderschaften, angeboten von einem ehemaligen Wahlkampfmanager der AfD. Die Schützen lehnten ab. Der Leverkusener Bundesschützenmeister erzählt von Schreiben der Partei an die Bruderschaften, von Versuchen, in der Debatte um privaten Waffenbesitz als Interessensvertretung der Schützen aufzutreten. Von einem Königspaar, deren Namen sie auf der AfD-Kandidatenliste zur Kommunalwahl wiederfanden.

Der Flyer scheint der letzte Tropfen zu sein, der das Fass zum Überlaufen brachte. Ende August verabschiedete der Bundesverband ein Positionspapier: Die christlichen Werte der Bruderschaften seien mit einer Mitgliedschaft in der AfD unvereinbar. „Inhalt und Ziele beider Organisationen schließen sich gegenseitig aus“, steht dort.

AfD reagierte mit offenem Brief

Selbst der Heimatbegriff der Schützen unterscheide sich von dem der AfD, sagt Vogt. Schützenvereine gäbe es deutlich länger als die Nationalstaaten in ihrer heutigen Form, das Miteinander komme in einem europäischen Verband zum Ausdruck. „Die Liebe zur Heimat hat für Schützen auch eine europäische Dimension“, sagt Vogt. „Die vermisse ich bei der AfD komplett.“ Das Positionspapier solle nun Gespräche in den Bruderschaften anstoßen.

Die AfD reagierte ihrerseits mit einem offenen Brief auf das Positionspapier der Schützen. Geschrieben hat ihn Joachim Kuhs, Bundesschriftführer, den Brief beendet er mit den Worten „für Ihre Prinzipien als Traditionsschütze arbeitend“. Im Brief der AfD gehe es um zwei Punkte, sagt Vogt:  „Einmal schießen sie sich auf die Grünen ein“, fasst Vogt zusammen, „dann beziehen sie sich auf ihr Grundsatzprogramm“. Die Bezüge zum Christentum in diesem Programm nennt Vogt allerdings bloß „zweckorientiert“, die Partei instrumentalisiere das Christentum für eine Ideologie des Nationalen.

Anders als die Schützen: Immer wieder betont Vogt die christliche Basis des Vereins, hebt hervor, dass der BHDS als einziger Verband von der katholischen Kirche anerkannt sei. „Die Nächstenliebe, unabhängig von der Herkunft, dem Geschlecht, dem Glauben, der sexuellen Orientierung oder Hautfarbe bilden das Fundament der Schützen“, sagt der 66-Jährige.

Positionspapier als Grundlage für Gespräche

Vor wenigen Jahren wäre diese Aufzählung vermutlich etwas kürzer gewesen. 2014 drohte der Dachverband noch einer Bruderschaft in Werl mit dem Ausschluss, weil dort ein Muslim die Schützenkrone gewann. Nach Emil Vogts Ernennung als Bundesschützenmeister im Jahr 2015 änderte der Verband aber einige seiner Positionen: Der Vorstand beschloss die Zulassung gleichgeschlechtlicher Königspaare und Andersgläubiger, Geschiedene durften erstmals Vorstandsämter übernehmen. Diesen neuen Orientierungsrahmen, sagt Vogt, entschied der Vorstand damals nicht ganz einstimmig, aber fast.

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„Hier und da“, sagt Vogt, haben sich auch Mitglieder gegen das Positionspapier bezüglich der AfD ausgesprochen. „Ich sage immer: Sprechenden Menschen kann geholfen werden. Wer sich mit den Argumenten intensiv beschäftigt, kann nur zum Ergebnis kommen, dass eine Mitgliedschaft in beiden Organisationen nicht möglich ist.“ Ein Rausschmiss aus einer der 1300 Bruderschaften drohe AfD-Mitgliedern jedoch nicht.  

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