„Will meinen Job weiter machen“Kölner Intensivpflegerin erklärt, warum sie streikt

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Juliane Gustson und Anuschka Mucha (rechts) arbeiten als Pflegerinnen an der Kölner Uniklinik.

NRW/Köln – „Die Zeichen stehen auf Eskalation“, sagt Katharina Wesenick. Sie ist Verdi-Fachbereichsleiterin für Gesundheit in NRW und begleitet den zweitägigen Streik der Beschäftigten aller sechs Unikliniken des Bundeslandes. Am Dienstag und Mittwoch haben nicht nur Pflegende, sondern auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Service und Auszubildende die Arbeit niedergelegt, um einen Tarifvertrag zu erstreiten.

Auch die Kölner Intensivpflegerin Anuschka Mucha ist dabei und schildert die dramatische Situation auf den Stationen. „Es ist ein unbefriedigendes Gefühl, wenn man die Patientinnen und Patienten nicht mehr so unterstützen kann, wie man es will“, sagt sie.

Vor allem Nachtdienste sind belastend

Seit zehn Jahren arbeitet die 32-Jährige in der Pflege, „als eine der wenigen noch mit einer Hundert-Prozent-Stelle.“ Angesichts der Überlastung haben viele Kolleginnen und Kollegen ihre Arbeitszeit reduziert. Große Einigkeit bestehe darin, dass vor allem ein besserer Personalschlüssel nötig ist. „Wir brauchen eine Reduktion der zu betreuenden Patienten“, so Mucha. Extrem hart sei vor allem der Nachtdienst. 

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Pflegerin Anuschka Mucha (links) neben Verdi-Landesleiterin Gabriele Schmidt.

„Im Tagdienst ist gibt es mehr Personal. Die Nachtdienste sind dünner besetzt, weil sie als weniger anstrengend eingestuft werden. Wir machen ja aber Notfallmedizin - und das auch nachts“, erklärt die 32-Jährige. Erst in der vergangenen Woche habe sie eine Situation erlebt, in der sie allein für drei Patienten auf der Intensivstation zuständig gewesen sei. Eine Patientin habe dabei kein Raum-Zeit-Gefühl mehr gehabt und nicht mehr gewusst, auf welcher Sprache sie sich mit Mucha unterhalte. Gerne hätte die Pflegerin nur diese eine Patientin die gesamte Schicht über betreut. „Ich hatte aber auch noch einen intubierten Patienten, dessen Zustand akuter war.“

Zögernde Reaktionen aus der Politik

Solche Situationen frustrieren die Beschäftigten an den Unikliniken. „Ich mache meinen Job unfassbar gerne, und will ihn auch noch weiter machen können. Dafür brauchen wir aber Zugeständnisse“, sagt Mucha. Gerade dadurch, dass sich nun Beschäftigte verschiedener Berufsgruppen und aller Unikliniken zusammengeschlossen hätten, gäbe es eine große Chance, die Berufe wieder so zu gestalten, dass sie Spaß machen. 

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Beschäftigte aller sechs Unikliniken NRWs kamen zu einer Kundgebung in Oberhausen zusammen.

Aus der Politik komme allerdings bislang wenig, schildert die Gewerkschaft Verdi. Ein unbefristeter Streik ab Mai wird daher immer wahrscheinlicher. „Die Politik hatte seit dem 100-Tage-Ultimatum der Beschäftigten nun drei Monate Zeit um zu reagieren, und die Hälfte der Parteien hat sich nicht mal gemeldet“, sagt Katharina Wesenick.

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Nach eingeforderten Gesprächen hätten SPD und Grüne ihre Unterstützung zugesagt, laut der FDP müssen die Bedingungen am Tarifverhandlungstisch verhandelt werden. Gesundheitsminister Laumann erkenne zwar die dramatische Lage, bezweifle allerdings, dass ein Tarifvertrag das rechtlich geeignete Mittel sei, um die Situation zu verbessern.

Unbefristeter Streik kaum vermeidbar

„Es bräuchte jetzt schon eine große Anstrengung, um einen Streik noch zu vermeiden“, so Wesenick. Auch Notdienstvereinbarungen mit den Unikliniken seien bislang gescheitert. Anuschka Mucha sagt: „Es gibt einen schönen Spruch: Streik gefährdet niemals das Patientenwohl, sondern der Normalzustand.“

Die einzelnen Berufsgruppen berieten am Mittwoch noch über ihre konkreten Forderungen. Dann gebe es eine Urabstimmung darüber, ob man einen unbefristeten Streik beginne.

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