„Wollen CDU überflüssig machen"Weidel und Chrupalla bilden neue AfD-Doppelspitze

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Tino Chrupalla gratuliert Alice Weidel

Riesa – Die AfD hat sich entschieden: Tino Chrupalla und Alice Weidel sollen neben der Bundestagsfraktion nun auch die Partei gemeinsam führen. Beim Parteitag in Riesa bekamen beide die Mehrheit der Stimmen.

Tino Chrupalla und Alice Weidel stehen künftig gemeinsam an der Spitze der AfD. Beim Bundesparteitag im sächsischen Riesa votierte eine relativ knappe Mehrheit (53,4 Prozent) am Samstag dafür, Chrupalla für weitere zwei Jahre im Amt zu belassen. Weidel rückt von der stellvertretenden Parteichefin in die Position der gleichberechtigten Co-Sprecherin auf. Sie erhielt 67,3 Prozent der Stimmen.

Zusammen führt das Duo damit nun sowohl die Bundestagsfraktion als auch die Bundespartei an. Vielleicht auch um zu zeigen, dass sie reibungslos zusammenarbeiten können, hatten sich Weidel und Chrupalla gegenseitig als Kandidaten für den Chefposten vorgeschlagen.

Chrupalla bekam 287 von 538 abgegebenen Stimmen. Sein Gegenkandidat Norbert Kleinwächter kam auf 195 Stimmen (36,3 Prozent) - ein Achtungserfolg für den Vertreter des eher gemäßigten Lagers. 55 Delegierte stimmten gegen beide Kandidaten. Es gab eine Enthaltung. Für Weidel votierten 360 von 538 Delegierten. 111 Delegierte (20,8 Prozent) stimmten für ihren Gegenkandidaten, den Europaabgeordneten Nicolaus Fest. 64 Stimmberechtigte votierten gegen beide Kandidaten, drei enthielten sich.

Die Delegierten hatten am Freitag zwar die Satzung der AfD geändert, so dass künftig theoretisch auch eine Einzelspitze möglich ist. Der Thüringer Landesschef und Partei-Rechtsaußen Björn Höcke hatte sich dafür stark gemacht. Der Parteitag stimmte aber am Samstag dafür, es dieses Mal noch bei einer Doppelspitze zu belassen.

Auf dem Delegiertentreffen, das noch bis Sonntag dauert, wird der gesamte, zuletzt 13-köpfige Bundesvorstand neu besetzt. Damit wird auch über den künftigen Kurs der AfD entschieden - je nachdem, wie viele Vertreter der jeweiligen Parteiströmung sich einen Posten in dem Gremium sichern können.

Chrupalla steht seit November 2019 an der Spitze. Bei seiner ersten Wahl auf dem damaligen Parteitag in Braunschweig hatte er 54,5 Prozent der Stimmen geholt. Der Handwerksmeister aus Sachsen führte die AfD nach dem Weggang von Ex-Co-Chef Jörg Meuthen zuletzt alleine. Meuthen hatte der AfD einen zunehmend radikalen Kurs bescheinigt. Der Verfassungsschutz hat die Partei als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft.

Parteiinterne Kritiker, die sich selbst dem gemäßigten Lager zurechnen, hatten nach den jüngsten Stimmenverlusten bei mehreren Landtagswahlen den Parteichef offen angegriffen und ihm unter anderem vorgeworfen, im Westen nicht punkten zu können. Man müsse „weg von der Wutbürgerpartei“. Sie kritisieren Chrupallas Kurs auch als zu russlandfreundlich und bringen Parteiaustritte damit in Verbindung.

Chrupallas Gegenkandidat Kleinwächter sagte in seiner Bewerbungsrede, „wir müssen aus dem Tief, in dem wir sind, dringend rauskommen“. Er sprach sich für Professionalisierung, Einigkeit, Disziplin und einen neuen Stil in der Kommunikation nach außen aus und pochte auf einen „liberal-konservativen“ Kurs der AfD. „Wir vertreten eigentlich die Mehrheit der Bevölkerung in unserem Land. Sie weiß es nur nicht und wir müssen sie darüber informieren.“

Chrupalla warb für Abgrenzung zu Union und FDP. „Wir wollen CDU und FDP überflüssig machen“, sagte er. CDU-Parteichef Friedrich Merz sei ein „grüner Wolf im schwarzen Schafspelz“. Die AfD mache nicht mit bei „Impfpflicht, Krieg und offenen Grenzen“. Der 47-Jährige will die AfD in den kommenden zwei Jahren nach eigenen Angaben auf einen „freiheitlich-sozialen“ Kurs führen.

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Wohl mit Blick auf die Stimmenverluste bei den zurückliegenden Landtagswahlen appellierte Weidel an die Delegierten: „Lassen wir uns nicht von jedem Rückschlag gleich nach unten ziehen.“ Sie forderte mehr Geschlossenheit und sagte: „Hören wir doch auf mit den haltlosen Anwürfen in der Öffentlichkeit.“ Die AfD sei kein Auslaufmodell. „Die AfD ist die Partei der Zukunft“. Weidel nannte die Partei das „notwendige Korrektiv in der verkrusteten Parteienlandschaft“.

Ihr Herausforderer Fest warb für mehr innerparteiliche Harmonie. Er beklagte den nach seinen Worten überflüssigen „Dauerbeschuss“ gegen gewählte Funktionäre der Partei. (dpa)

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