Aufstieg und FallWarum Hartmann nie die Chance hatte, Lichtgestalt der SPD zu werden

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Hartmann

Sebastian Hartmann (r.), SPD-Landeschef

Köln – Der Chef der NRW-SPD, Sebastian Hartmann, will beim Landesparteitag im März nicht wieder für den Vorsitz kandidieren. Das geht aus einem Brief des Bundestagsabgeordneten aus Bornheim an die SPD-Mitglieder hervor, der dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt. Die Partei hatte bei den Kommunalwahlen im September 2020   nur 24 Prozent der Stimmen bekommen. „Es gibt nichts schönzureden. In dieser schweren Lage muss die Sozialdemokratie alle verbliebenen Kräfte sammeln. Die Einheit der Partei ist zwingend für alles – vor allem für erfolgreiche Wahlen“, schrieb Hartmann als Begründung für seinen Rückzug.

Im Oktober 2020 hatte auch Thomas Kutschaty seine Bewerbung für den Parteivorsitz erklärt.  „Seien wir zukünftig solidarischer und bleiben wir beieinander“, schrieb Hartmann an die Mitglieder. „Ich weiß, dass Menschen enttäuscht sind und auch ich Fehler gemacht habe. Dies bedaure ich“, fügte er hinzu.

Hartmanns Entscheidung war offenbar nach internen Gesprächen gereift. Er habe sich „auf Bitten aus den Regionen“ dazu entschieden,  nicht erneut  anzutreten, schrieb Hartmann. Jochen Ott, Vorsitzender der Region Mittelrhein, sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Die Größe des Rückzugs ist angesichts der Verletzungen bemerkenswert“, sagte der Politiker aus Köln. Der Schritt verdient unseren höchsten Respekt.“ 

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Aufstieg und Fall von Hartmann liegen eng beieinander. Erst im Juni 2018 hatte bis dahin weitgehend unbekannte Bundestagsabgeordnete die Führung der Landespartei übernommen. Zwar wurde er mit 81 Prozent ins Amt gewählt, doch war seine Bewerbung mit dem Makel behaftet, im Hinterzimmer ausgekungelt worden zu sein.

Nach der bitteren Wahlniederlage von Hannelore Kraft im Jahr 2017 gegen den damaligen CDU-Herausforderer Armin Laschet hatte die SPD zwei „alte Männer“ dazu bestimmt, den Übergang in eine neue Zeit zu organisieren. Nachfolger von Kraft als Parteichef wurde der frühere Verkehrsminister Michael Groschek, ein alter Haudegen, der vor seiner Ministerzeit bereits Generalsekretär der Landes-SPD gewesen war.  An der Spitze der Landtagsfraktion verblieb Norbert Römer, ebenfalls ein Urgestein der NRW-SPD. Die beiden hatten sich vorgenommen, die Zukunft der SPD in ihrem Sinne zu regeln. Sie hielten Marc Herter, bis dahin Fraktionsgeschäftsführer unter Römer, für den richtigen Frontmann. 

Sebastian Hartmann: ein Rheinländer für den Parteivorsitz

Groschek und Römer wähnten sich mit allen Wassern gewaschen. Um ihren Plan in die Tat umzusetzen, wollten sie sich den Regionalproporz zunutze machen, der in der NRW-SPD eine wichtige Rolle spielt. Mit diesem Instrument sollte der Kölner Martin Börschel, Herters größter Rivale im Kampf um den Fraktionsvorsitz, in Schach gehalten werden. Die Idee: Man installierte einen Rheinländer als Parteichef, um für die Fraktionsspitze einen Westfalen, nämlich Herter, zu empfehlen. So wurde fieberhaft nach einem Rheinländer für den Parteivorsitz gesucht  - und mit Hartmann gefunden.

Der zweite Teil des Plans ging allerdings schief. Die Fraktion rebellierte gegen den Plan der Strippenzieher. In einer Kampfabstimmung wurde nicht Herter, sondern Thomas Kutschaty zum Fraktionschef gewählt. Ein großes Problem für Hartmann, denn Kutschaty musste sich an keinen Deal gebunden fühlen. Hartmann gelang es nicht, sich in Fraktion und Partei ausreichenden Respekt zu verschaffen.

Gut zwei Jahre haben Kutschaty und Hartmann das von gegenseitigen Hakeleien geprägte  Miteinander durchgestanden. Als der Fraktionschef seinen Machtanspruch geltend machte, fehlten Hartmann die nötigen eigenen Truppen, um sich gegen den gut organisierten Gegner durchsetzen zu können. Bitter für den Bornheimer, der nie wahrhaben wollte, Teil eines abgekarteten Spiels gewesen zu sein. Jetzt ist der Machtkampf in der NRW-SPD entschieden. 

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