Aussagen über KampfradlerTübinger Grüne distanzieren sich von OB Boris Palmer

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Boris Palmer Grüne Tübingen

Boris Palmer, Oberbürgermeister in Tübingen und Mitglied der Grünen.

Berlin – Bei den Tübinger Grünen war die Geduld jetzt erschöpft. „Wir distanzieren uns von den rassistischen Äußerungen des grünen Oberbürgermeisters Boris Palmer“, heißt es in einer Pressemitteilung vom Donnerstag. „Seine Schilderung des Fehlverhaltens eines Radfahrers in Ulm und die durch ihn gleichzeitig vorgenommene herkunftsbezogene Zuschreibung und Wertung dieses Fehlverhaltens schüren Vorurteile.“

Ein Oberbürgermeister jedoch dürfe „nicht spalten“, urteilen die Parteifreunde über den eigenen Mann im Rathaus. Vielmehr müsse er dafür arbeiten, dass sich alle Menschen in seiner Stadt willkommen fühlten, „ganz egal welche Herkunft oder Hautfarbe sie haben“.

Partei lässt Palmar ins Leere laufen

Bekanntlich sorgt der 45-Jährige regelmäßig für Aufsehen – in den letzten Jahren vor allem mit kritischen Äußerungen zur grünen Flüchtlingspolitik, gipfelnd in seinem zuletzt erschienenen Buch „Wir können nicht allen helfen“.

Lange reagierten andere Grüne mit Kritik. Zuletzt nicht mehr. Immer öfter lassen prominente Vertreter der Partei Palmer stattdessen ins Leere laufen. Auf Parteitagen hat er zuweilen Mühe, überhaupt noch Gesprächspartner zu finden, die sich mit ihm sehen lassen wollen. Nun tritt der Unmut mal wieder offen zutage.

Kürzlich nämlich war der OB unterwegs zur Redaktion der Südwest Presse in Ulm. Dort, so schildert Palmer es selbst, habe ihn „ein Radfahrer in der Fußgängerzone bei einer Slalomfahrt fast umgenietet“.

Schwäbische Tageblatt warf ihm „Rassismus“ vor

In der Redaktion habe er anschließend davon erzählt und auch nicht verschwiegen, dass der Radfahrer schwarze Hautfarbe hatte und „das Hemd so weit offen“ trug, „dass er quasi mit nacktem Oberkörper provozierte“. Der Grüne tippte schließlich darauf, dass es sich um einen Asylbewerber handeln müsse.

Das heimische Schwäbische Tageblatt warf ihm darauf „Rassismus“ vor. Palmers Verhalten sei eines Oberbürgermeisters einer Universitätsstadt „unwürdig“. Dort klagten Schwarze zuletzt über wachsende Anfeindungen.

Eine Kollegin schrieb: „In dieser Stadt gibt es sehr viele Radfahrer. Und manche von ihnen benehmen sich völlig daneben. Das hat Palmer auch schon öfters kritisiert. Noch nie aber hat er behauptet, Rüpelradler seien Asylbewerber. Bei einem Schwarzen tut er das aber. Und was ist das? Richtig: rassistisch.“

Stellungsnahme über Facebook

Der rechtfertigte sich in mehreren Stellungnahmen bei Facebook. So betonte der republikweit wahlweise verhasste oder populäre Kommunalpolitiker: „Ich habe nie Aussagen über alle Schwarzen oder alle Asylbewerber gemacht, sondern ganz konkret beschrieben, mit welcher Häufigkeit bestimmte Merkmale auf Gruppen von Menschen zutreffen.“ Und ein junger schwarzer Mann sei in Ulm bereits mit 75-prozentiger Wahrscheinlichkeit ein Asylbewerber, weil es sonst einfach nicht so viele junge schwarze Männer in der Stadt gebe. 

Überdies ließen die laszive Kleidung und das Sozialverhalten darauf schließen, dass der Kampfradler weder eine Familie habe noch einer geregelten Arbeit nachgehe. Denn beides würde ein derartiges Verhalten unmöglich machen. Wörtlich heißt es über das Gebaren des Delinquenten, dessen Identität Palmer nicht kennt: „So etwas gehört sich für niemand und für einen Asylbewerber gleich dreimal nicht.“

Der grüne Tübinger Bundestagsabgeordnete Chris Kühn notierte daraufhin bei Twitter: „Boris Palmer schürt durch seine Aussagen Vorurteile und spaltet, wo er als Oberbürgermeister einen sollte. Wir beziehen hier klar Stellung!“ Der grüne Bundesgeschäftsführer Michael Kellner unterstützte dies. Er stellte, ebenfalls bei Twitter, fest, diese Abgrenzung sei „notwendig“.

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