Beginn des Zweiten WeltkriegsVor 80 Jahren überfiel Hitler Polen

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Wehrmacht Polen

Beim Einmarsch deutscher Truppen in Polen am 01.09.1939 reißen Soldaten der deutschen Wehrmacht einen rot-weißen Schlagbaum an der deutsch-polnischen Grenze nieder. 

  • Am 1. September 1939 griff die Wehrmacht den Nachbarn Polen an.
  • Es war der Beginn des brutalsten Kriegs der Menschheitsgeschichte.
  • Das Vorspiel, der Angriff, die schreckliche Bilanz – wir blicken zurück auf einen Überfall, der von langer Hand geplant war.

Der Überfall vor genau 80 Jahren war von langer Hand geplant – und stürzte die Welt in eine Katastrophe von apokalyptischer Dimension.

In allen Kriegen entwickelt das Töten auf den Schlachtfeldern seine eigene Dynamik“, erklärt der Historiker Ian Kershaw. Doch die Grausamkeit des Zweiten Weltkrieges von 1939 bis 1945, „die Härte und pure Verachtung von Menschenleben übersteigen jede Vorstellung“. Die nationalsozialistische Führung Deutschlands habe Eroberung im Stil des Kolonialismus mit rassischer Säuberung verbunden. „Diese Kombination führte zur Hölle auf Erden, nicht nur für die kämpfende Truppe, auch für die Zivilbevölkerung.“

Bilanz des Schreckens

Die Verluste waren unvorstellbar. Allein in Europa wurden 40 Millionen Menschen zu Opfern des Krieges, viermal so viele wie im Ersten Weltkrieg. Davon beklagte die Sowjetunion 25 Millionen Tote, Deutschland sieben, Polen sechs Millionen. Großbritannien und Frankreich zählten weniger Tote als im Ersten Weltkrieg. Zum Vergleich: Auf Frankreich entfielen nur drei Prozent der Todesopfer, auf die Sowjetunion 70. „Dieser Krieg hatte apokalyptische Dimensionen, war Europas Armageddon“, schreibt Kershaw in seinem Buch „Höllensturz“. Anders als im Ersten Weltkrieg stand der Völkermord im Mittelpunkt des Krieges, sechs Millionen Juden wurden getötet. Ein Absturz, wie es ihn bis dahin in der Menschheitsgeschichte nicht gegeben hatte. Ein ganzer Kontinent stand in Flammen.

Das Vorspiel zum Krieg

Ein Angriff auf Polen stand lange nicht auf der Tagesordnung von Hitler. Im Gegenteil. In den 1930er Jahren hatte Deutschland einen Nichtangriffspakt mit dem Nachbarland geschlossen. Der deutsche Diktator setzte auf die Polen als Verbündete in einem Kampf gegen die Sowjetunion. Doch die Polen mussten schon bald die Erfahrung machen, dass der 1934 auf zehn Jahre geschlossene Pakt für Hitler nur wenig bedeutete, wenn polnische Interessen den seinen im Weg standen. Seit Herbst 1938 war es zu Unstimmigkeiten zwischen beiden Ländern gekommen, als sich Polen weigerte, Danzig, seit 1920 eine freie Stadt unter der Ägide des Völkerbunds, ins Deutsche Reich zurückkehren zu lassen. Zudem sollte eine Landverbindung durch den östlichen Korridor eingerichtet werden, um die Trennung Ostpreußens vom „Reich“ zu beenden. Polen blieb hartnäckig. Hitler unterdrückte zunächst seinen Groll. Erst im Frühjahr 1939 änderte sich das. Von da an richtete der „Führer“ sein Augenmerk auf den östlichen Nachbarn.

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Der Beistand

Denen werde er demnächst schon „einen Teufelstrank brauen“, spottete Hitler über Polen und seine Verbündeten. Nach der Zerschlagung der Tschechoslowakei hatte der britische Premier Neville Chamberlain Polen am 31. März 1939 eine Beistandsgarantie gegeben. Frankreich schloss sich an. Die Sowjetunion aber war über diesen Schritt verärgert, was ein Grund war für den sogenannten Hitler-Stalin-Pakt. Chamberlain wollte Hitler von einem Angriff abschrecken. Vergebens. Anfang April gab Hitler die Weisung zur Ausarbeitung eins Angriffsplans zur Zerschlagung Polens. Stattfinden sollte sie irgendwann nach dem 1. September. Der Name des Plan lautete: „Fall Weiß.“ Spätestens von dieser Zeit im Frühjahr 1939 an taumelte Europa am Abgrund.

Kriegslust oder Kriegsangst?

Die Deutschen litten nicht unter einer „Kriegspsychose“, auch wenn auffiel, dass sie wenig Kriegsbegeisterung zeigten, anders als 1914, vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs, berichtet Historiker Heinrich August Winkler. Sie wussten nun, was es bedeutet, in solch einen Krieg zu ziehen. Vor dem Angriff zeigten sie sich eher beruhigt, weil die Reaktion auf die Zerschlagung der Tschechoslowakei gezeigt hatte, dass Hitler mit seinen Zielen doch durchkomme. An einen großen Krieg glaubten nur wenige.

Der Angriff

Am 29. August um 12.40 Uhr gab Hitler den endgültigen Befehl zur Eröffnung des Krieges. Er hatte am 1. September um 4 Uhr 45 zu beginnen. Um den Anschein einer Begründung zu schaffen, musste die SS an der deutsch-polnischen Grenze für geeignete „Zwischenfälle“ sorgen. Einer davon war der fingierte Überfall auf den Sender Gleiwitz durch SS-Männer, die polnische Uniformen trugen, am späten Abend des 31. August. Hitler stand nicht unter irgendwelchen wirtschaftlichen Zwängen, wie einige Historiker angenommen hatten, erklärt Heinrich August Winkler, er wollte den Krieg frühestmöglich beginnen. Ein Abwarten hätte bedeutet, dass Deutschland seinen Rüstungsvorsprung einbüßen könnte. „Der erfolgreiche große Krieg war Hitlers Evangelium“, schrieb Hans-Ulrich Wehler.

Die Truppen

Nicht weniger als 60 Divisionen überschritten die Grenze, fast 1,5 Millionen Mann. Sie unterbrachen nur kurz ihren Marsch für die Fotos des Reichspropagandaministeriums, wie sie die Zollschranken öffneten. Der Krieg begann mit Angriffen aus der Luft und den Schüssen des Schlachtschiffs „Schleswig-Holstein“ auf die Westerplatte bei Danzig. Die polnische Luftwaffe wurde bereits in den ersten Stunden vernichtet. Allein am 16. September warfen die Deutschen aus 850 Flugzeugen 328 000 Kilogramm Bomben auf die Polen ab. Am 17. September griff die Sowjetunion aus dem Osten an. Polen hielt dem Druck nicht lange stand. Am 17./18. September floh die Regierung.

Die schreckliche Bilanz

Rund 130.000 Polen wurden getötet. Die Deutschen beklagten 11.000 Gefallene, 30.000 Verwundete, 3400 Vermisste. Starke Verluste gab es auch an Material und Ausrüstung: 300 Panzerfahrzeuge, 370 Geschütze, 5000 sonstige Fahrzeuge wurden zerstört. Es waren dunkle Vorzeichen für die Zukunft.   

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