Unruhen nach WahlLuftballons als Zeichen des Protests gegen Lukaschenko in Belarus

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Trotz des besonders brutalen Vorgehens der Sicherheitskräfte protestieren tausende Menschen auf den Straßen in Minsk.

Minsk – Nach den Präsidentschaftswahlen in Belarus im August ist das Land in Aufruhr. Nachdem Machthaber Alexander Lukaschenko sich zum Wahlsieger erklären ließ, kommt es im Land zu heftigen Protesten. International wird die Wahl als gefälscht betrachtet. Oppositionelle fühlen sich im Land nicht mehr sicher, gehen ins Exil, werden festgenommen oder verschwinden, wie im Fall von Maria Kolesnkowa. Wir berichten über die aktuellen Entwicklungen.

  • Sonntag, 27. Dezember

Luftballons als Zeichen des Protests gegen Lukaschenko

14.33 Uhr: Hunderte Menschen haben in Belarus (Weißrussland) ihren Protest gegen Machthaber Alexander Lukaschenko fortgesetzt. Sie ließen am Sonntag in der Hauptstadt Minsk weiße und rote Luftballons als Zeichen ihres Unmuts aufsteigen. Andere zogen mit der weiß-rot-weißen Fahne der Opposition durch Wohngebiete, wie Bilder und Videos im Nachrichtenkanal Telegram zeigten. Dabei kam es demnach zu mehreren Festnahmen. Ein massenhaftes Eingreifen vermummter Sicherheitskräfte wie in den Vorwochen blieb zunächst aus.

Die Opposition hatte zu der Luftballon-Aktion aufgerufen - auch um viele Festnahmen vor den anstehenden Feierlichkeiten zum Jahreswechsel zu verhindern. Seit Beginn der Proteste vor mehr als vier Monaten kamen über 30 000 Menschen in Polizeigewahrsam. Die Demokratiebewegung fordert Lukaschenkos Rücktritt, aber auch Neuwahlen und die Freilassung aller politischen Gefangenen. Die Sicherheitskräfte sind erneut mit einem großen Aufgebot in Minsk gewesen. Auf Bildern waren Gefängnistransporter zu sehen gewesen. Es waren zudem Unterstützer des autoritären Staatschefs in der Hauptstadt unterwegs. Sie hätten die vorbeifahrenden Polizisten begrüßt, berichtete das unabhängige Nachrichtenportal tut.by.

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  • Dienstag, 22. Dezember

Belarus kündigt eigene Sanktionen gegen EU-Vertreter an

15.52 Uhr: Belarus will nach neuen EU-Sanktionen gegen den Machtapparat von Staatschef Alexander Lukaschenko ebenfalls Strafmaßnahmen verhängen. „Das bedeutet, dass eine Reihe zusätzlicher Personen aus den Ländern der Europäischen Union nicht auf das Territorium von Belarus gelangen können“, sagte Außenminister Wladimir Makej am Dienstag in der Hauptstadt Minsk. Die Einreisesperren sollten demnach auch in Russland wegen eines gemeinsamen Abkommens gelten. Das sei ein erzwungener Schritt als Antwort auf die unfreundlichen Maßnahmen seitens der EU, sagte er. Eingeschränkt werden soll auch die Arbeit politischer Stiftungen. Überprüft würden zudem von EU-Botschaften betreute Bildungs- und Kulturprogramme. Makej kündigte hierbei weitere „Maßnahmen“ an, nannte aber keine Details. Lukaschenko hatte die Proteste mehrfach als ausländisch gesteuert bezeichnet. Bildungsprogramme politischer Stiftungen stehen dabei unter dem Verdacht des Machtapparats in Minsk, einen Wandel nach westlichem Vorbild anzustreben.

  • Donnerstag, 10. Dezember

Belarus schließt Grenzen für Ausreise – Kritik von Opposition

11.12 Uhr: Belarus schränkt die Ausreise aus dem Land vorübergehend massiv ein und nennt den Schritt eine Corona-Schutzmaßnahme. Vom 21. Dezember an dürfen Belarussen und Ausländer mit einer Aufenthaltsgenehmigung nicht mehr über Kontrollpunkte an Straßen und Bahnhöfen ausreisen, wie aus einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss der Regierung hervorgeht. Auch Kontrollpunkte an Flusshäfen sollen von der Regelung betroffen sein. 

In den Augen der Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja benutzt Machthaber Alexander Lukaschenko Corona nur als Vorwand: „Covid hat ihn bislang nicht gekümmert“, schrieb Tichanowskaja auf Twitter. „Nun können unterdrückte Belarussen nicht fliehen und im Ausland Asyl beantragen.“ Das oppositionelle Portal Nexta schrieb auf Telegram von einem „neuen Eisernen Vorhang“. Das unabhängige Nachrichtenportal tut.by erinnerte daran, dass Lukaschenko im März eine Grenzschließung wegen Corona noch als „hohl“ bezeichnet hatte.

Nur in Ausnahmefällen soll laut Regierungsmitteilung eine Ausreise gestattet werden - etwa bei schwerer Krankheit oder Tod eines Verwandten im Ausland. Außerdem sollen unter anderen Diplomaten und Mitarbeiter des Staatsdienstes von den Einschränkungen ausgenommen sein.

  • Sonntag, 22. November

Zehntausende Menschen protestieren in Minsk erneut gegen Lukaschenko

9.13 Uhr: Nach dem Tod eines Demonstranten in Belarus sind in der Hauptstadt Minsk am Sonntag erneut zehntausende Menschen auf die Straße gegangen, um den Rücktritt des autoritär regierenden Präsidenten Alexander Lukaschenko zu fordern. Als Zeichen ihres Protests schwenkten die Menschen rot-weiße Flaggen und riefen: „Es lebe Belarus!“, wie eine Journalistin berichtete. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Wjasna gab es rund ein Dutzend Festnahmen.

In den Online-Diensten kursierten Videos, auf denen zu sehen war, wie Polizisten Demonstranten verprügelten. Die Polizei hatte sich bereits vor Beginn der Demonstration um 11.00 Uhr (MESZ) mit einem Großaufgebot in Stellung gebracht. Im Zentrum von Minsk waren Wasserwerfer und gepanzerte Fahrzeuge zu sehen. Zahlreiche U-Bahn-Stationen wurden abgesperrt; die Behörden drosselten zudem das Mobilfunknetz.

  • Freitag, 6. November

Die EU hat wegen der anhaltenden Unterdrückung der Demokratiebewegung in Belarus Sanktionen gegen Machthaber Alexander Lukaschenko verhängt. Die Strafmaßnahmen gegen den 66-Jährigen traten am Freitag mit der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Sie sehen ein Einreiseverbot vor und ermöglichen das Einfrieren von Vermögenswerten.

Mit der Strafmaßnahme will die EU vor allem ihre Unterstützung der Demokratiebewegung in Belarus (Weißrussland) zum Ausdruck bringen, aber auch den Druck auf Lukaschenko noch einmal erhöhen. In der Ex-Sowjetrepublik gibt es seit der Präsidentenwahl am 9. August Proteste und Streiks gegen den autoritären Staatschef, der bereits seit 26 Jahren an der Macht ist.

Auslöser sind Vorwürfe der Fälschung der Wahl, nach der sich Lukaschenko mit 80,1 Prozent der Stimmen zum Sieger hatte erklären lassen. Inzwischen gab es bei den Protesten mehrere Tote, Hunderte Verletzte und Tausende Festnahmen. Allein bei der jüngsten Sonntagsdemonstration gegen Lukaschenko wurden etwa 300 Menschen festgenommen. Auf Fotos und Videos war zu sehen, wie Sicherheitskräfte Blend- und Schockgranaten gegen die friedliche Menschenmenge einsetzten.

Neben Lukaschenko wurden am Freitag weitere 14 Personen aus dem Machtapparat mit Sanktionen belegt, darunter auch sein Sohn Viktor Lukaschenko, der als nationaler Sicherheitsberater fungiert. Damit sind mittlerweile knapp 60 Personen aus Belarus von EU-Strafmaßnahmen betroffen. Bereits am 2. Oktober waren restriktive Maßnahmen gegen 40 Personen verhängt worden. Die Betroffenen werden fast alle für Repressionen und die Einschüchterung friedlicher Demonstranten, Oppositionsmitglieder und Journalisten oder für Verfehlungen während des Wahlprozesses verantwortlich gemacht.  

  • Montag, 12. Oktober

Polizei in Belarus droht Demonstranten mit Schusswaffengebrauch

15.44 Uhr: Die Polizei in Belarus hat den Demonstranten gegen Staatschef Alexander Lukaschenko mit dem Einsatz von Schusswaffen gedroht. Die Sicherheitskräfte würden den Demonstranten in den Straßen nicht weichen „und wenn nötig spezielle Ausrüstung und tödliche Waffen einsetzen“, hieß es in einer am Montag im Messengerdienst Telegram veröffentlichten Erklärung des Innenministeriums in Minsk. Seit der umstrittenen Präsidentenwahl vom 9. August fordert eine breite Protestbewegung in Belarus den Rücktritt Lukaschenkos.

EU-Außenminister wollen Sanktionen gegen Lukaschenko verhängen

12.30 Uhr: Wegen der anhaltenden Gewalt gegen Demonstranten in Belarus haben die EU-Außenminister Sanktionen gegen Staatschef Alexander Lukaschenko auf den Weg gebracht. Wie die Nachrichtenagentur AFP am Montag aus EU-Kreisen in Brüssel erfuhr, einigten sich die Minister bei ihrem Treffen in Luxemburg grundsätzlich auf eine Ausweitung der Sanktionsliste wegen der umstrittenen Präsidentschaftswahl vom 9. August und die Aufnahme Lukaschenkos in diese Liste. Die konkrete Umsetzung muss demnach nun noch in den zuständigen EU-Gremien beschlossen werden.

  • Sonntag, 11. Oktober

Sicherheitskräfte in Belarus nehmen viele Demonstranten fest

14.40 Uhr: Gleich zu Beginn erneuter Proteste in Belarus gegen Machthaber Alexander Lukaschenko sind Sicherheitskräfte hart gegen die Demonstranten vorgegangen und haben viele Menschen festgenommen. Dabei hätten sie auch Tränengas eingesetzt, meldete die Agentur Interfax am Sonntag. Demnach gab es bereits am frühen Nachmittag 50 Festnahmen, darunter auch mehrere Journalisten.

Auf Fotos und Videos war zu sehen, wie Menschen in größeren Gruppen in der Hauptstadt Minsk in Richtung Stadtzentrum zogen. Sicherheitskräfte in schwarzen Uniformen prügelten auf einzelne Demonstranten ein und schleppten sie zu Kleinbussen. Beobachter berichteten, dass wieder das mobile Internet zeitweise abgeschaltet worden sei. Die Behörden wollten damit verhindern, dass sich die Demonstranten zu Protestrouten verabreden. Zudem waren in Minsk mehrere U-Bahnstationen geschlossen, damit die Menschen nicht mehr ins Zentrum gelangen konnten. Auch eine zentrale Straßenkreuzung wurde abgesperrt. Es war das mittlerweile neunte Protest-Wochenende in Folge.

  • Dienstag, 6. Oktober

Oppositionsführerin Tichanowskaja trifft sich mit Merkel

7.45 Uhr: Bundeskanzlerin Angela Merkel trifft sich am Dienstagnachmittag mit der belarussischen Oppositionellen Swetlana Tichanowskaja zu einem persönlichen Gespräch. Die Bürgerrechtlerin hofft dabei auf eine Vermittlerrolle Deutschlands im Machtkampf mit dem umstrittenen Staatschef Alexander Lukaschenko. „Wir möchten, dass Deutschland als eines der mächtigsten Länder der Welt bei Verhandlungen helfen kann“, sagte Tichanowskaja in Berlin. „Jeder, der als Vermittler eintreten will, kann uns helfen.“ Deutschland habe schon viel unternommen, sagte die Oppositionelle. Sie sei dankbar, dass die EU Sanktionen gegen Personen aus dem Umfeld von Machthaber Lukaschenko verhängt habe. „Das ist ein Sieg, aber es ist ein kleiner Sieg. Die Liste muss erweitert werden“, sagte Tichanowskaja.

Tichanowskaja ist eine der Anführerinnen der Demokratiebewegung. Die 38-Jährige war bei der Präsidentenwahl am 9. August gegen Lukaschenko angetreten, der nach 26 Jahren an der Macht den Sieg mit 80 Prozent der Stimmen für sich beansprucht. Die Opposition sieht Tichanowskaja als wahre Siegerin. Sie musste nach der Wahl auf Druck der Behörden Belarus verlassen. Seitdem lebt sie im EU-Land Litauen und trifft sich regelmäßig mit EU-Politiker, unter anderem mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron.

  • Montag, 28. September

Literaturnobelpreisträgerin Alexijewitsch verlässt Belarus

Die politisch engagierte Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch hat nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ihre Heimat Belarus verlassen. Die 72-Jährige verließ demnach aus Sorge um ihre Sicherheit mit einer Maschine der Fluggesellschaft Belavia das Land in Richtung Berlin. (dpa)

  • Sonntag, 27. September

Hunderte Festnahmen bei symbolischer „Amtseinführung der wahren Präsidentin“

Allen Einschüchterungsversuchen zum Trotz haben in Belarus am Sonntag wieder zehntausende Menschen gegen den umstrittenen Präsidenten Alexander Lukaschenko protestiert. Rund 100.000 Menschen zogen bei Regen durch die Hauptstadt Minsk. Erneut nahm die Polizei hunderte Regierungsgegner fest. Seit der umstrittenen Präsidentschaftswahl am 9. August demonstrieren die Belarussen jedes Wochenende zu Zehntausenden gegen den seit 26 Jahren autoritär regierenden Lukaschenko.

Sie werfen ihm Wahlfälschung vor und fordern Neuwahlen. Nach ihrer Überzeugung war die inzwischen ins Exil geflohene Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja die wahre Siegerin der Wahl. Ungeachtet der Proteste hatte sich Lukaschenko am Mittwoch für eine sechste Amtszeit vereidigen lassen - die Zeremonie fand allerdings ohne Vorankündigung im Palast der Unabhängigkeit statt und wurde auch nicht im Staatsfernsehen übertragen.

Daraufhin hatte Nexta Live, ein von mehr als zwei Millionen Menschen abonnierter Oppositionskanal im Messengerdienst Telegram, für Sonntag zu einer symbolischen „Amtseinführung der wahren Präsidentin durch das Volk“ aufgerufen. Trotz des Regens in Minsk folgten rund 100.000 Menschen dem Aufruf, wie Korrespondenten der Nachrichtenagentur AFP berichteten.

Das waren etwa so viele wie in den Vorwochen. Schon vor Beginn der Kundgebung gab es nach Polizeiangaben erste Festnahmen. AFP-Korrespondenten berichteten von einem massiven Sicherheitsaufgebot um den Palast der Unabhängigkeit, Lukaschenkos Residenz. Mehrere Plätze im Zentrum der Hauptstadt waren abgesperrt. U-Bahnstationen und Einkaufszentren, in die sich die Demonstranten bei früheren Kundgebungen vor der Gewalt der Sicherheitskräfte geflüchtet hatten, waren geschlossen.

In den Straßen fuhren Wasserwerfer und Panzerfahrzeuge auf. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Wiasna kam es in Minsk zu dutzenden Festnahmen, als die Polizei versuchte die Demonstration aufzulösen. In Gomel, der zweitgrößten Stadt des Landes, setzten die Sicherheitskräfte demnach Tränengas und in der östlichen Stadt Mogiljow Betäubungsgranaten gegen Demonstrierende ein. Eine Sprecherin des Innenministeriums bestätigte der Nachrichtenagentur AFP, dass es im Zusammenhang mit den Protesten 200 Festnahmen gegeben habe.

Dass Betäubungsgranaten eingesetzt worden seien, wies sie aber zurück. Die Sicherheitskräfte hätten aber Gerät zur „Kontrolle von Ausschreitungen“ verwendet. Schon am Samstag hatte es bei Demonstrationen, an denen hauptsächlich Frauen teilgenommen hatten, 150 Festnahmen gegeben. Oppositionführerin Tichanowskaja meldete sich per Videobotschaft aus ihrem Exil in Litauen zu Wort: „Heute ist der 50. Tag unserer Proteste“, sagte die 38-Jährige. „Wir sind gekommen, um dieses Regime zu stoppen, und wir tun dies friedlich.“

Der französische Präsident Emmanuel Macron stellte sich erneut hinter die Opposition und erklärte Lukaschenkos Zeit an der Staatsspitze von Belarus für abgelaufen. „Es ist klar, dass er gehen muss“, sagte Macron der Zeitung „Journal du Dimanche“. „Was in Belarus vor sich geht, ist eine Machtkrise, eine autoritäre Macht, welche die Logik der Demokratie nicht akzeptieren kann und sich mit Gewalt festklammert“, sagte der französische Staatschef, der am Montag in die benachbarten Staaten Litauen und Lettland reist. Zugleich äußerte Macron seine Bewunderung für den Mut der Demonstranten in Belarus. Auch die USA, die Bundesregierung und die EU erkennen Lukaschenko ungeachtet seiner Vereidigung nicht als Präsidenten nicht. 

  • Donnerstag, 24. September

Lukaschenko weist EU-Kritik zurück

15.27 Uhr: Der umstrittene Staatschef in Belarus, Alexander Lukaschenko, hat die EU-Kritik an seiner Amtseinführung scharf zurückgewiesen. „Wir haben niemanden gebeten, unsere Wahlen anzuerkennen oder nicht anzuerkennen, oder die Legitimität des gewählten Präsidenten zu bewerten“, sagte Lukaschenko am Donnerstag bei einem Treffen mit dem chinesischen Botschafter in Minsk.

Die EU hatte zuvor die Amtseinführung Lukaschenkos in Belarus (Weißrussland) verurteilt. Es fehle wegen Wahlfälschungen an jeglicher demokratischer Legitimation, erklärte etwa der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell.

Mehr als 360 Festnahmen bei Belarus-Protest gegen Lukaschenko

11.13 Uhr: Bei den Protesten gegen die Amtseinführung des umstrittenen Staatschefs Alexander Lukaschenko in Belarus (Weißrussland) sind nach Angaben des Innenministeriums 364 Menschen festgenommen worden. Allein in Minsk habe es 254 Festnahmen gegeben, teilte die Behörde am Donnerstag mit. Zuvor hatte das Menschenrechtszentrum Wesna (Spring96) von 259 Festnahmen landesweit gesprochen. Auch in Grodno, Gomel, Borissow und anderen Städten seien Protestierer in Gewahrsam gekommen.

Tausende Menschen waren am Mittwoch und in der Nacht zum Donnerstag auf die Straße gegangen, um gegen die sechste Amtseinführung Lukaschenkos zu demonstrieren. Der 66-Jährige hatte den Staatsakt ohne vorherige Ankündigung am Mittwoch angesetzt.

Maskierte Uniformierte gingen am Mittwoch teils auch mit Wasserwerfern gegen die Demonstranten vor. Es gab Verletzte, die von anderen Demonstranten versorgt wurden. Menschen vor Ort erzählten, dass sie Schüsse in Minsk gehört hätten. Berichten zufolge setzten die Sicherheitskräfte zudem Tränengas ein. Auch Polizisten seien verletzt worden, teilte das Innenministerium. Die Demonstranten hätten Steine und andere Gegenstände geworfen. Generalstaatsanwalt Andrej Schwed kündigte Strafen für die Organisatoren der Proteste an. Die Demokratiebewegung fordert den Rücktritt Lukaschenkos, die Freilassung politischer Gefangener und Neuwahlen. Der Machthaber lehnt einen Dialog mit der Bewegung ab.

EU verurteilt „sogenannte Amtseinführung“ Lukaschenkos

8.53 Uhr: Die EU hat die Amtseinführung des umstrittenen Staatschefs Alexander Lukaschenko in Belarus (Weißrussland) verurteilt. Der Schritt stehe im direkten Widerspruch zum Willen großer Teile der belarussischen Bevölkerung wie er in zahlreichen beispiellosen friedlichen Protesten seit den Wahlen zum Ausdruck komme, teilte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Donnerstag mit. Der „sogenannten Amtseinführung“ fehle es wegen der Fälschung der Wahlergebnisse an jeglicher demokratischer Legitimation und sie sorge nur für eine weitere Vertiefung der politischen Krise in Belarus.

„Die Haltung der Europäischen Union ist klar: Die belarussischen Bürger haben das Recht, durch diejenigen Personen vertreten zu werden, die durch neue inklusive transparente und glaubwürdige Wahlen bestimmt werden“, so Borrell. Man stehe an der Seite des belarussischen Volkes, das trotz brutaler Unterdrückung durch die Behörden weiterhin friedlich für Demokratie und seine Grundrechte demonstriere.

  • Mittwoch, 23. September

Proteste und brutale Festnahmen nach Amtseinführung von Lukaschenko

18.52 Uhr: Nach der Amtseinführung des umstrittenen Staatschefs Alexander Lukaschenko in Belarus (Weißrussland) sind zahlreiche Menschen auf die Straße gegangen. Auf Videos war zu sehen, wie die Sicherheitskräfte sich am Mittwoch auf den Straßen positionierten und die Menschen zurückdrängten und die Gruppen auseinandertrieben. Im Zentrum der Hauptstadt Minsk kam es zahlreichen Festnahmen, die Einsatzkräfte gingen brutal vor. Details waren zunächst nicht bekannt. Die Polizei setzte auch Wasserwerfer ein. Es gab auch Verletzte.

Lukaschenko war zuvor mehr als sechs Wochen nach der umstrittenen Wahl unter Ausschluss der Öffentlichkeit vereidigt worden. Die Wahl wird wegen massiver Fälschungsvorwürfe von keinem EU-Staat anerkannt. Nach dem offiziellen Ergebnis soll der 66-jährige Staatschef der Ex-Sowjetrepublik mit 80,1 Prozent der Stimmen wiedergewählt worden sein. Die Opposition sind Swetlana Tichanowskaja als Siegerin der Abstimmung an. 

Deutschland erkennt Lukaschenko nicht als legitimen Präsidenten an

14.43 Uhr: Nach der Amtseinführung des weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko hat die Bundesregierung bekräftigt, dass sie dessen Wahl nicht anerkennt. Sie sei weder fair noch frei verlaufen und habe damit „den Mindestanforderungen demokratischer Wahlen in keiner Weise genügt“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Lukaschenko könne sich also nicht auf eine demokratische Legitimierung berufen, womit auch die Voraussetzung fehle, ihn als legitimen Präsidenten anzuerkennen.

Lukaschenko war zuvor mehr als sechs Wochen nach der umstrittenen Wahl unter Ausschluss der Öffentlichkeit vereidigt worden. Seibert betonte, dass das für sich spreche: „Dass diese Zeremonie heimlich vorbereitet und unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt wurde, ist ja schon sehr bezeichnend.“

Die Wahl Lukaschenkos wird wegen massiver Fälschungsvorwürfe von keinem EU-Staat anerkannt. Nach dem offiziellen Ergebnis soll der Staatschef der Ex-Sowjetrepublik mit 80,1 Prozent der Stimmen wiedergewählt worden sein.

Staatschef Lukaschenko: Revolution in Belarus gescheitert

13.24 Uhr: In Belarus (Weißrussland) hat der umstrittene Staatschef Alexander Lukaschenko nach seiner sechsten Amtseinführung die Revolution in seinem Land für gescheitert erklärt. „Das ist unser gemeinsamer Sieg“, sagte er bei der offiziell nicht angekündigten Amtseinführung vor Hunderten Gästen am Mittwoch im Unabhängigkeitspalast der Hauptstadt Minsk. „Wir haben nicht nur einen Präsidenten des Landes gewählt. Wir haben unsere Werte verteidigt, unser friedliches Leben, die Souveränität und die Unabhängigkeit.“ Am Rande der Zeremonie gab es erneut Proteste gegen den 66-Jährigen, der seit 26 Jahren an der Macht ist.

2020 werde in die Geschichte als „sehr emotionales Jahr“ eingehen, sagte Lukaschenko, nachdem er den Amtseid abgelegt hatte. Die Versuche, das Land zu vernichten, seien gescheitert. „Wir sind im Kreis der wenigen - wir sind vielleicht sogar die einzigen -, wo die „farbige Revolution“ keinen Erfolg hatte“, sagte er. Es habe einen „teuflischen Druck“ auf das Land von außen gegeben.

Lukaschenko bekräftigte vor den handverlesenen Gästen - allen voran verschiedene Einheiten der Streitkräfte -, dass er seine Pläne einer Reform der Verfassung weiter verfolgen wolle. Auch das Parteiensystem solle weiter entwickelt werden. In Belarus ist seit mehr als 20 Jahren keine Partei mehr zugelassen worden. Kritiker werfen Lukaschenko vor, dass bisherige Versprechen von Reformen immer im Sande verlaufen seien.

Es würden alle Probleme gelöst, meinte Lukaschenko. Er wolle das friedliche Zusammenleben aller Schichten der Gesellschaft sicherstellen. Der einzige Weg aber, um auch in Zukunft zu überleben, betonte Lukaschenko, sei ein „starker Machtapparat“. Menschenrechtler und Politologen hatten zuletzt ein massives Anziehen der politischen Daumenschrauben und eine Verschärfung der Repressionen beklagt. Kritiker bezeichnen Lukaschenko als „letzten Diktator Europas“.

Lukaschenko überraschend ins Präsidentenamt eingeführt

11.20 Uhr: Der umstrittene Staatschef Alexander Lukaschenko hat sich in Belarus (Weißrussland) zum sechsten Mal ins Präsidentenamt einführen lassen. Der 66-Jährige legte den Eid am Mittwochmorgen überraschend ab. Lukaschenko legte die rechte Hand auf die Verfassung und schwor den Eid in belarussischer Sprache, wie Staatsmedien in Minsk meldeten. Danach überreichte ihm die Chefin der Wahlkommission, Lidija Jermoschine, die Amtsurkunde.

Dass die Amtseinführung als Geheimoperation angesetzt wurde, zeige einmal mehr, dass der Machtapparat Angst habe vor Protesten der Bevölkerung, die den Wahlsieg vom 9. August nicht anerkenne, sagte der Politologe Waleri Karbelewitsch in Minsk der Deutschen Presse-Agentur. 

Vor der Amtseinführung hatte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell Lukaschenko das Recht auf das Präsidentenamt klar abgesprochen. Es handele sich um eine „Pseudo-Amtseinführung“, schrieb Borrell in einem am Dienstag veröffentlichten Blogeintrag. „Herr Lukaschenko hat jede Legitimität verloren“, meinte er. Nach der Verfassung musste die Amtseinführung innerhalb von zwei Monaten nach der Präsidentenwahl – also spätestens bis zum 9. Oktober – erfolgen. Einen Termin hatte die Präsidialverwaltung bis zuletzt nicht genannt.

  • Montag, 21. September

Heiko Maas will EU-Sanktionen gegen Lukaschenko prüfen

9.56 Uhr: Bundesaußenminister Heiko Maas hat sich dafür ausgesprochen, auch EU-Sanktionen gegen den belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko persönlich zu prüfen. „Wir müssen feststellen, dass in den letzten Wochen nichts besser geworden ist. Die Gewalt, die Lukaschenko gegen friedliche Demonstranten ausübt, ist völlig inakzeptabel“, sagte der SPD-Politiker am Montag am Rande von Beratungen der EU-Außenminister in Brüssel. Man müsse sich deswegen nun die Frage stellen, ob mit Lukaschenko nicht auch der Hauptverantwortliche auf die Sanktionsliste kommen solle.

Bislang war Lukaschenko nicht unter denjenigen Personen, die die EU wegen Wahlfälschungen oder der gewaltsamen Niederschlagung von friedlichen Protesten sanktionieren will. Als Grund wurde genannt, dass Sanktionen gegen Lukaschenko persönlich die diplomatischen Bemühungen zur Beilegung des Konflikts erschweren könnten und der EU die Möglichkeit nähmen, ihren Kurs noch einmal zu verschärfen.

Unterdessen ist weiter unklar, wann die EU überhaupt die geplanten Strafmaßnahmen beschließen kann. Grund ist ein Veto des kleinen EU-Landes Zyperns, das so die anderen Mitgliedstaaten zur Unterstützung neuer Sanktionen gegen die Türkei bewegen will.

  • Sonntag, 20. September

Viele Festnahmen bei großer Sonntagsdemonstration gegen Lukaschenko

In Belarus haben Uniformierte mit Sturmhauben bei der sechstem Sonntagsdemonstration in Folge mit der Festnahme von Gegnern des Präsidenten Alexander Lukaschenko begonnen. Die Einsatzkräfte fassten am Sonntag im Zentrum der Hauptstadt Minsk viele friedliche Demonstranten und zwängten sie in Gefangenentransporter. Es waren Hundertschaften von Polizei und Armee im Einsatz, um einen neuen Massenprotest gegen „Europas letzten Diktator“, wie Gegner Lukaschenko nennen, zu verhindern. Die Menschen strömten zu Fuß aus verschiedenen Richtungen ins Zentrum. Am Palast der Republik standen mit Sturmgewehren bewaffnete Soldaten in Kampfuniformen, wie ein Korrespondent der Deutschen Presse-Agentur vor Ort berichtete. Auch in Seitenstraßen des Prospekts der Unabhängigkeit bezogen Truppen der Miliz, wie sie in Belarus heißt, und des Militärs Stellung. Das stärkste Aufgebot an Einsatzkräften gab es wie an den vorherigen Sonntagen am Präsidentenpalast.

Der 66 Jahre alte Lukaschenko hatte sich dort zuletzt auch zweimal mit Kalaschnikow gezeigt, um eine Erstürmung des Palastes zu verhindern. Die Proteste sind allerdings stets friedlich. Die Behörden sperrten am Sonntag Metrostationen in der Innenstadt, um einen Zustrom von Menschen zu verhindern. Auch das mobile Internet funktionierte nicht. Trotz dieser Einschränkungen und Drohkulisse hatten sich nach Einschätzung von Beobachtern allein am vergangenen Sonntag 150 000 Menschen in der Stadt versammelt.

Auch in anderen Städten kam es nun erneut zu Protesten gegen Lukaschenko, darunter in Grodno, Gomel, Witebsk und Chodino. „Es lohnt sich, um die Freiheit zu kämpfen. Habt keine Angst, frei zu sein!“, ließ die inhaftierte Oppositionsführerin Maria Kolesnikowa mitteilen. Sie hatte die Proteste gegen Lukaschenko mit angeführt, bevor sie vor zwei Wochen entführt worden war und dann in Haft kam. Der 38-Jährigen drohen bis zu fünf Jahre Haft wegen Gefährdung der nationalen Sicherheit. Kolesnikowa wies dies als absurd zurück. Sie meinte aber, dass sie nichts bereue und alles wieder so tun würde.

Seit der Präsidentenwahl am 9. August kommt es in Belarus täglich zu Protesten. Lukaschenko hatte sich mit 80,1 Prozent der Stimmen nach 26 Jahren im Amt zum Wahlsieger erklären lassen. Die Opposition hält dagegen Tichanowskaja für die wahre Siegerin.

Belarus rüstet sich für große Sonntagsdemonstration gegen Lukaschenko

Vor einer neuen großen Sonntagsdemonstration haben belarussische Sicherheitskräfte in Minsk damit begonnen, Plätze abzuriegeln. In den Straßen bezogen Uniformierte Stellung. Das Innenministerium von Belarus (Weißrussland) warnt die Menschen in den Städten des Landes, den Aufrufen zu Protesten gegen Staatschef Alexander Lukaschenko zu folgen. Die Behörden drohen mit Gewalt, sollten sich die Menschen an nicht genehmigten Demonstrationen beteiligen.

Bei dem traditionellen Frauenprotest am Samstag waren nach Angaben des Innenministeriums mehr als 400 Demonstrantinnen vorläufig festgenommen worden. 385 von ihnen waren demnach am Sonntag wieder auf freiem Fuß, wie das Ministerium mitteilte

Bereits am Morgen sperrten Sicherheitskräfte den Unabhängigkeitsplatz in Minsk mit Metallgittern ab, wie ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur vor Ort berichtete. Geplant war wie an den vorangegangenen Sonntagen ein Protestmarsch (Start 13.00 Uhr MESZ) durch das Zentrum von Minsk. Am vergangenen Sonntag wurden laut Innenministerium 774 Menschen festgenommen. Beobachter sprachen von 150.000 Teilnehmern. Auch in anderen Städten waren erneut Demonstrationen geplant.

Die Sicherheitskräfte sind auf den Straßen mit Sturmhauben und Uniformen ohne Erkennungszeichen im Einsatz. Menschenrechtler kritisieren dies als Verstoß gegen belarussische und internationale Regeln. Die Sicherheitskräfte sollen sich so vor strafrechtlicher Verfolgung sicher fühlen. Die belarussische Opposition kündigte an, dass jene gefunden würden, die für die Todesfälle, Hunderten Verletzten und Tausenden Festnahmen verantwortlich seien. Das Innenministerium in Minsk teilte mit, die Verantwortlichen für das Datenleck würden gefunden und bestraft.

  • Montag, 14. September

Bundesregierung verurteilt Gewalt gegen Demonstranten

Die Bundesregierung hat die anhaltende Gewalt des Regimes von Alexander Lukaschenko in Belarus gegen Demonstranten erneut scharf verurteilt. Das fünfte Wochenende hintereinander seit den Präsidentschaftswahlen seien Hunderttausende friedlich auf die Straßen gegangen, um für einen demokratischen Wandel einzutreten, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin.

Der anhaltende Protest sei Ausdruck der Unzufriedenheit, aber auch der Wut und Verzweiflung vieler Bürgerinnen und Bürger angesichts der Wahlfälschung, der Brutalität der Sicherheitskräfte gegen Frauen, Männer und sogar Schulkinder sowie der Unnachgiebigkeit von Lukaschenko. Jeder Tag bringe neue Beweise dafür, dass Lukaschenkos Herrschaft mit Angst und Repressionen aufrechterhalten werden solle, sagte Seibert und lobte erneut den Mut der Demonstrantinnen und Demonstranten.

Für die Bundesregierung habe weiter Priorität, dass die Behörden auf Gewalt gegen Demonstranten und Demonstrantinnen verzichteten. Politische Gefangene müssten unverzüglich freigelassen werden. Nötig sei zudem ein nationaler Dialog zwischen Regierung, Opposition und Gesellschaft. Nur das werde diese Krise überwinden können. 

Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes sagte, man arbeite mit Hochdruck daran, ein Sanktionspaket umzusetzen, das zielgerichtet Verantwortliche für Repression und Wahlfälschung in Belarus treffen solle. Am kommenden Montag wollten die EU-Außenminister in Brüssel unter anderem darüber beraten. Ob auf der Sanktionsliste auch der Name Lukaschenko auftauche, ließ die Sprecherin offen. Das werde Bestandteil der Beratungen sein, sagte sie. 

Proteste in Belarus: Fast 900 Festnahmen am Wochenende

Bei den Massenprotesten in Belarus (Weißrussland) gegen den umstrittenen Staatschef Alexander Lukaschenko sind am Wochenende fast 900 Menschen festgenommen worden. Das Innenministerium in Minsk gab am Montag die Zahl der bei der großen Sonntagsdemonstration festgenommenen Menschen mit 774 an. Am Samstag waren zudem bei einem Protestmarsch von Frauen gegen Lukaschenko mehr als 100 Teilnehmerinnen festgenommen worden. Die maskierten Uniformierten gingen am Wochenende nach Einschätzung von Beobachtern besonders rabiat gegen die Demokratiebewegung vor. Die Behörden des Strafvollzugs sprachen von vollen Gefängnissen.

Die Sicherheitskräfte begründeten ihr Vorgehen damit, dass die Aktionen nicht genehmigt gewesen seien. Allein in Minsk waren nach Schätzungen von Beobachtern mehr als 150.000 Menschen auf den Straßen. Auch in vielen anderen Städten gab es Proteste gegen Lukaschenko. Erlaubt werden nur Demonstrationen seiner Unterstützer, die aber wegen ihrer geringen Zahl kaum auffallen.

Der 66-jährige Machthaber landete am Montag in der russischen Stadt Sotschi am Schwarzen Meer, um sich mit Kremlchef Wladimir Putin über einen Ausweg aus der schwersten politischen Krise des Landes auszutauschen. Lukaschenko ist seit 26 Jahren an der Macht und hofft vor allem auf Rückenwind von Putin für eine sechste Amtszeit. Nach der umstrittenen Präsidentenwahl am 9. August hatte sich Lukaschenko zum Sieger erklären lassen – mit 80,1 Prozent der Stimmen.

Das Treffen in Sotschi ist bereits das dritte der beiden Politiker in den vergangenen vier Monaten. Geplant waren diesmal aber Gespräche unter vier Augen. Es waren nach Kremlangaben keine Journalisten zugelassen. Lukaschenko verließ erstmals seit der Wahl Belarus. Er will mit Putin auch über einen neuen Gaspreis sowie Schulden verhandeln. Belarus hängt wirtschaftlich am Tropf von Russland.

  • Samstag, 12. September

Oppositionsaktivistin Kolesnikowa verlegt

Vor neuen Protesten in Belarus (Weißrussland) ist die inhaftierte Oppositionspolitikerin Maria Kolesnikowa in ein anderes Gefängnis außerhalb der Hauptstadt Minsk gebracht worden. Die Gründe für die Verlegung nach Schodsina nordöstlich von Minsk hätten die Behörden nicht genannt, teilte die Opposition am Samstag im Kurznachrichtendienst Twitter mit.

Für den Nachmittag waren neue Proteste von Frauen geplant. Die Opposition hatte dazu aufgerufen, um dem autoritären Staatschef Alexander Lukaschenko zu zeigen, dass der Protest nicht verblasse, sondern wachse. Am Mittag waren bereits im Zentrum Gefangenentransporter der Polizei auf den Straße zu sehen gewesen, offenbar um die Menschen einzuschüchtern. Die Polizei warnte abermals nachdrücklich vor einer Teilnahme. Bereits vor einer Woche hatten sich Tausende Frauen einem Marsch durch Minsk angeschlossen.

Bei Aktionen am Freitag wurden nach Angaben des Innenministeriums 32 Menschen festgenommen. 18 von ihnen befänden sich in Gefängnissen. Die Behörden sprachen von mehr als 400 Teilnehmern an Demonstrationen gegen Lukaschenko. Auf Videos war zu sehen, wie Sicherheitskräfte Frauen hart angingen und abführten.

  • Freitag, 11. September

Lukaschenko kommt zu Krisengespräch mit Putin nach Moskau

Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko kommt nach Angaben des Kreml an diesem Montag für ein Krisengespräch zu Russlands Staatschef Wladimir Putin nach Moskau. Der 66-Jährige verlässt damit erstmals seit der heftig kritisierten Präsidentenwahl vom 9. August das Land. Es sei nicht geplant, Dokumente zu unterzeichnen oder eine Pressekonferenz abzuhalten, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.

Putin hatte Lukaschenko zum Wahlsieg gratuliert. Zudem stellte er dem unter Druck stehenden Präsidenten von Belarus für den Ernstfall auch Unterstützung von Truppen in Aussicht. Zugleich hatte der Kremlchef mit Blick auf die Massenproteste betont, dass die Menschen ein Recht hätten, ihre Meinung zu äußern.

Lukaschenko hatte zuletzt mehrfach Spekulationen widersprochen, er könne einen Besuch in Russland nutzen, um sich abzusetzen. Er gehe nirgendwo hin und werde seinen Verbleib an der Macht bis zum Tod verteidigen. Weil der 66-Jährige sich am Präsidentenpalast zuletzt zweimal mit schusssicherer Weste und einer Kalaschnikow in der Hand zeigte, ist auch in der russischen Politik die Nervosität groß.

Die beiden Präsidenten haben schon mehrfach telefoniert. Dem Vernehmen nach soll das persönliche Gespräch nun das weitere Vorgehen klären. In der Bevölkerung in Belarus ist die Hoffnung groß, dass Putin Lukaschenko zum Aufgeben bewegen könnte und einen anderen moskautreuen Statthalter installiert, um die Lage zu beruhigen.

  • Donnerstag, 10. September

Kolesnikowa zeigt Morddrohung an

Die inhaftierte belarussische Oppositionspolitikerin Maria Kolesnikowa hat nach ihrer Entführung Strafanzeige gegen die Behörden wegen Morddrohung gestellt. Das teilte die 38-Jährige in einer am Donnerstag veröffentlichten Stellungnahme mit.

Die Anzeige, die auch die Vorwürfe der Entführung sowie der Androhung einer Freiheitsstrafe von 25 Jahren beinhaltet, richtet sich gegen den Geheimdienst KGB und gegen die Sonderpolizei zur Bekämpfung organisierter Kriminalität. Kolesnikowa nennt nach Angaben ihres Stabs in Minsk die Namen der Beamten, die sie bedroht und ihr einen Sack über den Kopf gezogen hätten. Und sie betonte, dass sie die Männer bei einer Gegenüberstellung identifizieren könne.

Kolesnikowa war am Montag in Minsk entführt und unter Androhung von physischer Gewalt aufgefordert worden, das Land zu verlassen. Sie sollte in das Nachbarland Ukraine abgeschoben werden. Die Sicherheitskräfte hätten ihr gesagt: entweder „lebendig oder zerstückelt“, schrieb sie. Kolesnikowa hatte aber ihren Pass vor dem Grenzübergang zerrissen und so ihre Abschiebung vereitelt. Sie habe Quetschungen von der gewaltsamen Aktion davongetragen, teilte ihre Anwältin Ljudmila Kasak am Mittwochabend nach einem Treffen mit ihr mit.

Kolesnikowa, die viele Jahre in Stuttgart in der Kulturszene aktiv gewesen war, sitzt in Untersuchungshaft in Minsk wegen des Vorwurfs der versuchten Machtergreifung. Ihre Anwältin Kasak bezeichnete die Vorwürfe als „absurden“ Versuch, Andersdenkende mundtot zu machen. „Maria fühlt sich gut und wacker trotz des erlebten Stresses in den vergangenen zwei Tagen“, sagte Kasak. Bei Kundgebungen für eine Freilassung Kolesnikowas am Mittwoch in Minsk kam es zu zahlreichen Festnahmen. Die Sorge um die Politikerin ist groß. Belarus vollstreckt als einziges Land in Europa noch die Todesstrafe - durch Genickschuss.

  • Mittwoch, 9. September

Belarussischer Anwalt Snak wohl festgenommen

Die Opposition in Belarus (Weißrussland) hat nach eigenen Angaben den Kontakt zu einem weiteren wichtigen Mitglied des Minsker Koordinierungsrates verloren. Der Jurist Maxim Snak sei nach einem kurzen Telefonat nicht mehr erreichbar, teilte ein Sprecher der Opposition am Mittwoch dem Internetportal tut.by mit. Snak habe ihm nur noch sagen können, dass Maskierte zu ihm gekommen seien. Dann sei die Verbindung abgebrochen.

Berichten zufolge soll er festgenommen worden sein. Auf Bildern war zu sehen, wie Snak von Maskierten begleitet und abgeführt worden sein soll. Sein Anwalt sagte, dass das Ermittlungskomitee gegen ihn vorgehe. Die genauen Gründe seien unbekannt. Eine Bestätigung der Behörden gab es zunächst nicht.

Der 39-Jährige ist im Präsidium des Koordinierungsrates und eines der bekannten Gesichter der Opposition. Die Behörden gehen gegen das Gremium vor, die meisten Mitglieder wurden festgenommen oder zur Ausreise gedrängt. Der Jurist und die international hoch angesehene Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch waren zuletzt die einzigen Mitglieder, die noch in Belarus und in Freiheit waren.

Der Koordinierungsrat stellt sich gegen den autoritären Präsidenten Alexander Lukaschenko und will einen friedlichen Machtwechsel erreichen. Seine zentrale Forderung ist ein Dialog mit der Staatsmacht, Neuwahlen anzusetzen und politische Gefangene freizulassen. Lukaschenko lehnt aber einen Dialog mit den Mitgliedern des Gremiums ab.

  • Montag, 7. September

Aktivistin Maria Kolesnikowa verschwunden

Auch Stunden nach ihrem Verschwinden herrscht weiter Unklarheit über das Schicksal der Oppositionspolitikerin Maria Kolesnikowa in Belarus (Weißrussland). Familienangehörige gaben eine Vermisstenanzeige bei der Polizei auf, wie das Team des Ex-Bankenchefs Viktor Babariko am Montagabend mitteilte. Die 38-Jährige arbeitet für den inhaftierten Oppositionellen, der gegen den autoritären Staatschef Alexander Lukaschenko kandidieren wollte.

Seit Montagvormittag gab es nach Angaben der Opposition zunächst kein Lebenszeichen von ihr. Nach Einschätzung des Koordinierungsrates der Demokratiebewegung, dem sie angehört, ist Kolesnikowa zusammen mit ihrem Mitarbeiter Iwan Krawzow und ihrem Sprecher Anton Rodnenkow im Zentrum der Hauptstadt Minsk von Unbekannten entführt worden. Das Innenministerium teilte mit, es habe Kolesnikowa nicht festgenommen. Der Rat forderte die sofortige Freilassung.

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Lukaschenko geht seit Tagen gegen den Koordinierungsrat vor und ließ mehrere Mitglieder festnehmen. Der Rat will einen friedlichen Machtübergang durch Dialog erreichen. Kolesnikowa ist eine der wichtigsten Oppositionellen, die sich gegen Lukaschenko stellen.

Die 37-Jährige verschwand nur einen Tag nach einer neuen Großdemonstration gegen den Präsidenten, den Kritiker „Europas letzten Diktator“ nennen. Dabei gingen Beobachtern zufolge rund 100 000 Menschen auf die Straße - darunter die Oppositionspolitikerin. Sie lebte viele Jahre in Stuttgart und managte dort Kulturprojekte.

EU reagiert besorgt

Die EU reagierte besorgt auf den Vorfall. Litauens Außenminister Linas Linkevicius forderte von der Staatsführung in Minsk die sofortige Freilassung von Kolesnikowa. Die Oppositionelle Swetlana Tichanowaskaja sprach von einem Versuch der belarussischen Behörden, die Arbeit des Koordinierungsrats zu behindern.

Seit mehr als vier Wochen kommt es in Belarus zu Protesten gegen Lukaschenko. Hintergrund ist die Präsidentenwahl, bei der er sich mit 80,1 Prozent der Stimmen zum Sieger erklären ließ. Die Opposition hält dagegen Tichanowskaja für die wahre Siegerin. Die Abstimmung steht international als grob gefälscht in der Kritik. (dpa)

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