Chaos bei der TerminvergabeLaumann sieht „Startprobleme“ und garantiert Impfungen

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Impfzentrum Koeln

Das Impfzentrum in der Kölner Messe

Düsseldorf – Mit gewohnt klaren Worten weist NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Dienstag in Düsseldorf den Vorwurf zurück, die Vergabe von Impfterminen an die Über-80-Jährigen am Montag sei im Chaos geendet. Er könne die Frustration der Menschen nachvollziehen, die zum Teil bis zu zehn Stunden gewartet hätten und „sauer geworden sind“, aber „dass es so war, wie es war, war mir vollkommen klar und es war unvermeidbar“.

Letztlich habe man in den ersten beiden Tagen 275.000 Ersttermine über das System vergeben. Bei dieser Zahl könne man wohl kaum von einem „Kuddelmuddel“ sprechen. „Wir werden am Wochenende wieder mit den Erstimpfungen beginnen“, so Laumann. NRW liegt derzeit bei 347.177 Geimpften, das seien 1,9 Prozent der Bevölkerung und damit „Bundesdurchschnitt“.

Bis auf 40.000 seien alle Bewohner und Mitarbeiter in den Altenheimen geimpft. Das Programm werde man abschließen und am 8. Februar die Impfzentren öffnen. Jeder Vierte, der in Deutschland geimpft werden müsse, komme aus NRW. „Ich lasse mich gerne kritisieren, wenn wir nicht mehr in der Lage sind, das zu verimpfen, was wir zur Verfügung haben“, sagt Laumann. „Die Menge des Impfstoffs bestimmt das Tempo. Das habe ich immer gesagt.“

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Was ist am Montag alles schiefgelaufen und wie geht es weiter? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Stundenlange Wartezeiten bei der Terminvergabe an den Hotlines und beim Zugriff auf die Webseiten. Was sind die Gründe für die vielen Probleme beim Impfstart am Montag? Der Andrang bei den Online-Buchungen sei so groß gewesen, „dass wir weit über 40 Millionen Zugriffe auf die Webseite hatten“, sagt Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein. Das habe zeitweise zu Überlastungen geführt. „Wir mussten damit rechnen“, so Bergmann. Weil klar war, dass sich das Impfen dieser Altersgruppe durch den Impfstoffmangel über drei Monate hinziehen wird, „wollten natürlich alle möglichst zu den Ersten gehören.“ Die durchschnittliche Wartezeit am Telefon habe am Montag bei sieben Minuten gelegen. Am Dienstag seien es noch sechs Minuten gewesen.

Wie viele Impftermine an die Gruppe der Über-80-Jährigen sind inzwischen vergeben? Landesweit waren es nach Angaben des Gesundheitsministeriums am Dienstagnachmittag rund 275.000, davon rund 118.000 im Rheinland. Für die ersten drei Wochen nach dem geplanten Impfstart am 8. Februar gibt es keine Termine mehr.

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Am Dienstagmittag haben die Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein (KVNo) und Westfalen-Lippe (KVWL) den Terminblock für die zweiten drei Wochen ab 1. März freigeschaltet. Pro Woche können landesweit 70.000 Impfungen vorgenommen werden.

Es gab auch Probleme bei der Bereitstellung der Dokumente. Warum? Jeder Buchungsvorgang dauert laut Bergmann eine gewisse Zeit, weil eine PDF-Datei und ein QR-Code erstellt werden muss, der zur Vorlage im Impfzentrum erforderlich ist.

Am Dienstag waren an der Hotline und online Buchungen zeitweise gar nicht möglich. Aus welchem Grund? Man habe in beiden Systemen eine Pause eingelegt, in der keine Termine gebucht werden konnten, so der Vorstandschef der KVNo. Nachdem alle Februar-Termine ausgebucht waren, habe man etwas Zeit für das Umstellen auf den März-Block benötigt. Seit Dienstagmittag laufe die Terminvergabe wieder normal.

„Wir haben auch unterbrochen, um uns kurz zu schütteln“, sagt Dirk Spelmeyer, Vorstandschef der KVWL. „Uns ist natürlich bewusst, dass viele Menschen verärgert sind, weil sie teilweise Stunden am Computer oder am Telefon verbracht haben. In den Morgenstunden hatten wir online bis zu 700 Aufrufe pro Sekunde. Das schafft kein System der Welt.“

Warum ist es nicht möglich, für Paare einen gemeinsamen Termin zu buchen?

Aus Sicherheitsgründen habe man bisher nur Einzelbuchungen zugelassen, so Frank Bergmann. „Wir wollten verhindern, dass jemand gleich 50 Termine für die Nachbarschaft bucht.“ Das System werde so umgestellt, dass zwei Termine zeitgleich vereinbart werden können.

In Einzelfällen haben Menschen nur einen Termin für die Erstimpfung bekommen, den zweiten aber nicht. Was sollen die jetzt tun? „Wir garantieren jedem, der einen Termin hat, auch die Dosis für die zweite Impfung“, sagt Minister Laumann. In den Fällen, bei denen der Zweittermin fehle, werde er vor Ort bei der Erstimpfung nachträglich vergeben. „Die Impfzentren haben dafür genügend Kapazitäten.“

Für die nächsten Wochen werden das aber nur 70.000 pro Woche sein. „Die Menge bestimmt das Tempo“, so Laumann. „Wenn sich wirklich eine Million Menschen über 80 Jahre impfen lassen wollen, werden wir dafür 14 Wochen benötigen.“ Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigungen könnte die sechs- bis siebenfache Menge an Terminen vergeben werden, wenn genügend Impfstoff zur Verfügung stünde.

Wie viel Zeit darf zwischen der Erst- und Zweitimpfung im Höchstfall verstreichen? Nach Angaben des Herstellers Biontech maximal 26 Tage. Einige Wissenschaftler sprechen von bis zu 42 Tagen, sagt KWL-Vorstand Spelmeyer. „Aber keine Sorge, wir kriegen das auch in den Fällen hin, in denen der Zweittermin nicht gebucht werden konnte.“

Bei einigen Online-Buchungen kam die Antwort, es gebe bis 2026 keine Termine mehr. Es habe ein paar dieser Fehlermeldungen gegeben, die man abgestellt habe, so KVNo-Chef Bergmann. Dass einige Impfzentren in NRW am Montag erst deutlich nach acht Uhr freigeschaltet worden seien, „ist uns nicht bekannt“.

Wann wird die Terminvergabe für die Über-80-Jährigen geschlossen? Sie wird so lange geöffnet bleiben, „bis wir allen Menschen in dieser Altersgruppe ein Impfangebot gemacht haben“, sagt Minister Laumann. Das gelte auch für die Menschen, die in den kommenden Wochen das 80. Lebensjahr erreichen.

Wann werden alle über 80-Jährigen geimpft sein? Die Kassenärztlichen Vereinigungen gehen davon aus, dass die Buchungen für 560.000 Termine, die derzeit vergeben werden können, weil die entsprechende Impfstoffmenge zur Verfügung steht, in drei Tagen weitgehend abgeschlossen sind. Die Terminvergabe wird laut Gesundheitsminister aber erst geschlossen, wenn alle dieser Personengruppe einen Termin erhalten haben. Die älteren Menschen könnten da beruhigt sein. „Nordrhein-Westfalen wird das erste Bundesland sein, in dem jeder Impfwillige über 80 Jahre über einen Termin verfügen wird“, sagt Laumann.

Der Gesundheitsminister hat am 18. Januar angekündigt, dass er für diejenigen, die nicht mehr mobil sind, an einer Lösung arbeitet, damit sie zu Hause vom Hausarzt geimpft werden können. Wie weit sind diese Pläne? „Wir haben bisher leider keinen Impfstoff zur Verfügung, mit dem das geht“, sagt Laumann. Er hoffe, dass man für den Moderna-Impfstoff eine Veränderung bei der Zulassung erreichen könne, die das möglich mache. Er sei deutlich leichter zu transportieren und zu handhaben. Doch selbst wenn diese Zulassung käme, müsse sich erst die Zahl der Impfdosen erhöhen. „Mit 80.000 kann man nicht an die Hausärzte gehen. Die Mengen sind leider einfach noch zu klein.“

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