Corona-Tragödie in den USATrump hat bereits komplett auf Wahlkampf umgeschaltet

Lesezeit 3 Minuten
32A172007E7634F0

US-Präsident Donald Trump mit Ehefrau Melania am Memorial Day in Baltimore

  • Fast 100.000 Amerikaner haben durch das weiter grassierende Virus bereits ihr Leben verloren.
  • Doch Donald Trump ist besessen vom vermeintlichen eigenen Erfolg.
  • Auch am Wochenende hatte der US-Präsident die Corona-Tragödie in seinem Land demonstrativ missachtet.

Der Bürgermeister von Baltimore appellierte vergeblich an den Präsidenten: „Bitte bleiben Sie zu Hause!“ Seine Stadt befinde sich im Lockdown und sei von der Corona-Pandemie hart getroffen, argumentierte Bernard Young. Doch den Auftritt vor der Kulisse des Militärforts McHenry, wo die Amerikaner 1814 eine britische Einheit schlugen, wollte sich Donald Trump an diesem Montag auf keinen Fall nehmen lassen. Eigentlich ehren die USA am Memorial Day ihre gefallenen Soldaten.

Doch in diesem Jahr überschatten die schockierenden Corona-Opferzahlen das Gedenken: Fast 100.000 Amerikaner haben durch das weiter grassierende Virus bereits ihr Leben verloren – fast so viele wie im Vietnam-, Korea-, Irak- und Afghanistan-Krieg zusammen. Stellvertretend hatte die „New York Times“ am Wochenende die Namen von 1000 Covid-Toten auf vier Seiten abgedruckt. Doch Trump ist besessen vom vermeintlichen eigenen Erfolg. „Transition to greatness“ (Wandel zur Größe) twitterte er als Tagesmotto, ließ seine Limousine nur kurz für eine Kranzniederlegung auf dem Militärfriedhof Arlington stoppen und bretterte dann nach Baltimore, dem Ort des Sieges.

Trump missachtet die Corona-Tragödie in den USA demonstrativ weiter

Auch am Wochenende hatte Trump die Corona-Tragödie in seinem Land demonstrativ missachtet. Inzwischen sind offiziell mehr als 1,6 Millionen Amerikaner infiziert. Die Zahl der Toten pro Kopf dreimal so hoch wie in Deutschland. In 36 von 50 Bundesstaaten bleiben die Infektionszahlen unverändert oder steigen weiter. Doch auf Druck von Trump wurden inzwischen fast im ganzen Land die Restriktionen für Bürger und Wirtschaft gelockert. Am Samstag und Sonntag fuhr der Präsident auf seinen Golfplatz und feuerte von unterwegs Dutzende Tweets ab, in denen er unter anderem seine einstige Rivalin Hillary Clinton als „Schlampe“ beschimpfte und einem Fernsehmoderator wahrheitswidrig einen Mord unterstellte.

„In der Präsidentschaft geht es um mehr als das Twittern aus dem Golfwagen“, konterte der demokratische Präsidentschaftsbewerber Joe Biden: „Das Amt fordert die Übernahme der Verantwortung für die weitreichendsten Entscheidungen der Welt.“ Auch die „Washington Post“ monierte, „Trumps Sperrfeuer“ stehe „in einem scharfen Kontrast zur ernsten Wirklichkeit“. Doch Trump hat inzwischen komplett auf Wahlkampf umgeschaltet und mobilisiert seine rechte Basis mit immer wilderen Pöbeleien gegen die politischen Gegner und jene Corona-Auflagen, die seine Regierung verhängt hat.

So weigert sich Trump trotz einer Masken-Pflicht für Mitarbeiter des Weißen Hauses, selbst Mund-Nase-Schutz zu tragen. Und er drohte dem demokratischen Gouverneur von North Carolina mit der Verlegung des für August geplanten Republikaner-Parteitages in einen anderen Bundesstaat, wenn das Großereignis mit mehr als 10.000 Gästen nicht sofort uneingeschränkt genehmigt werde. Das Verhalten des Präsidenten, der Normalität um jeden Preis vorgaukeln will, färbt auch auf die Bürger ab. An vielen Ausflugszielen kam es am Wochenende zu dichten Menschenansammlungen.

KStA abonnieren