Corona und K-FrageKampf gegen das Virus wird zum Zweikampf um die Macht

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Laschet und Söder

Duell um die Macht: NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (l., CDU) und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU)

  • Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gilt in der Pandemie als Vorzeige-Krisenmanager.
  • Dabei sprechen die Zahlen eher für NRW-Landeschef Armin Laschet (CDU).
  • Eine Analyse der Daten und die Suche nach der Antwort auf die K-Frage.

Köln – Armin Laschet erholt sich in diesen Tagen mit seiner Familie am Bodensee. „Der See und der Blick in die Ferne der Schweizer Alpen sind ideal, um zur Ruhe zu kommen“, sagt der CDU-Politiker, der im Dezember auch Bundesvorsitzender seiner Partei werden will.

Erst die Parteispitze, dann als Merkel-Nachfolger ins Kanzleramt – fast alle politischen Beobachter sind sich einig, dass so noch immer der Plan des Aacheners lautet. Trotz Rückschlägen als oberster Corona-Manager in NRW. Dass er das große Ziel nicht aus den Augen verliert, zeigt auch seine für heute angesetzte Reise ins Nachbarland: Laschet unterbricht seinen Sommerurlaub und trifft als Bevollmächtigter der Bundesregierung und erster deutscher Politiker Vertreter der neuen französischen Regierung von Premierminister Jean Castex. Am Dienstag nimmt Laschet auf Einladung von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron an der Parade zum Nationalfeiertag teil. Ein Termin, der schöne Bilder produziert, die Laschet im Kampf um die Kanzlerkandidatur helfen sollen.

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Aber auch sein schärfster Konkurrent in der K-Frage sorgt Anfang der Woche für großes Kino. Markus Söder wird am Dienstag die Kanzlerin auf Schloss Herrenchiemsee empfangen. Offiziell wird Merkel das bayerische Kabinett über ihre Agenda für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft informieren. Der Gastgeber wird dafür sorgen, dass er in prachtvoller Kulisse als möglicher CSU-Kanzlerkandidat weiter punktet.

Söder ist zu einer Art Vorzeige-Krisenmanager geworden

In der Corona-Krise ist Söder zu einer Art Vorzeige-Krisenmanager geworden und in die Kronprinzen-Rolle der Kanzlerin gerückt. Laut jüngsten Erhebungen trauen ihm 64 Prozent der Deutschen die Kanzlerschaft zu. Zwar sagt Söder immer wieder, er sehe seinen Platz in Bayern. Aber das Spiel kennt man ja. Söder möchte als Kanzlerkandidat gerufen werden. Dann, so dürfte sein Kalkül lauten, könne er sich dieser Aufgabe ja nicht mehr verwehren.

Ländervergleich und Umfragewerte

Nordrhein-Westfalen scheint die Corona-Krise bislang besser zu meistern als Bayern. Während in NRW laut Erhebung des RKI 249,8 Erkrankte und 9,5 Todesfälle auf 100 000 Einwohner kommen, sind es in Bayern 376,1 Erkrankte und 19,97 Tote. Die Arbeitslosigkeit ist in NRW im Juni im Vergleich zum Vorjahresmonat um 21,7 Prozent gestiegen, in Bayern um 48,8 Prozent. Laut einer aktuellen „Spiegel“-Umfrage glauben 48 Prozent von rund 5000 Befragten, dass die CDU/CSU mit einem Kanzlerkandidaten Markus Söder bei der Bundestagswahl 2021 die besten Chancen hätte. Armin Laschet kommt demnach nur auf 4 Prozent. Immerhin 16 Prozent der Befragten räumen Friedrich Merz die besten Chancen ein. Fünf Prozent setzen auf Jens Spahn, 3 Prozent der Befragten auf Norbert Röttgen. 64 Prozent der Befragten des ZDF-Politbarometers können sich mittlerweile den bayerischen Ministerpräsidenten als Nachfolger von Angela Merkel vorstellen. Armin Laschet halten lediglich 19 Prozent für geeignet. (ken)

Laschet gegen Söder: Beide halten sich für geeignet, Deutschland zu führen. In der Corona-Krise lieferten sie sich einen Zweikampf, der Grenzen überschritt, manchmal bis hin zur Peinlichkeit. Zuletzt befeuerte Söder das Duell, indem er tönte, wer in der Corona-Krise versage, habe „keinen moralischen Führungsanspruch“. Sein Diktum: „Nur wer Krisen meistert, wer die Pflicht kann, der kann auch bei der Kür glänzen.“ Übersetzt hieß Söders Botschaft: Laschet kann es nicht. Und Friedrich Merz oder Norbert Röttgen, die über kein Amt oder Mandat verfügen, erst recht nicht.

Laschet braucht klare Botschaften

Söder gibt den bajuwarischen Poltergeist – eine Taktik, die ihm durchaus noch auf die Füße fallen kann. Zwar kann sich mittlerweile Röttgen als erster namhafter CDU-Politiker Söder als Kanzlerkandidat vorstellen – allerdings gilt er in der Riege der drei offiziellen Bewerber um den Parteivorsitz auch als so gut wie chancenlos. Ansonsten hört man in der CDU hinter vorgehaltener Hand zunehmend Verärgerung über Söders brutal-forschen Ego-Kurs.

Sein Widersacher Laschet konnte in der Öffentlichkeit als Krisenmanager zuletzt nicht überzeugen: In Stresssituationen wirkte er dünnhäutig, in Talkshows fahrig. Hinzu kam die zu zögerliche Kommunikation des lokalen Lockdowns in Gütersloh nach dem Corona-Ausbruch bei Tönnies. Dennoch hat der NRW-Landeschef im Vergleich zu Bayern die besseren Zahlen aufzubieten (Quelle für alle Zahlen: RKI und NRW-Landesregierung, Stand 11. Juli):

• Die Zahl der Todesopfer pro 100.000 Einwohner ist in Bayern mehr als doppelt so hoch (knapp 20 Tote/100 000) wie in NRW (9,5 Tote/100.000).

• NRW hat auch eine erheblich niedrigere Zahl an Todesfällen als Baden-Württemberg (16,6 Tote/100.000), obwohl das Durchschnittsalter der Menschen und damit die potenzielle Risikogruppe an Rhein und Ruhr höher ist.

• Die Zahl der täglichen Neuinfektionen ist in NRW nach Beginn der Lockerungen Ende April bis Anfang Juli um über 85 Prozent zurückgegangen (von 556 auf 80). Allerdings ist es auch in Bayern nach einem hohen Infektionsniveau in den ersten Monaten gelungen ist, die Kurve kontinuierlich zu senken.

• Trotz der jüngsten lokalen Ausbrüche gibt es in NRW nur noch 2516 aktive Fälle. Knapp 91 Prozent der Infizierten gelten als genesen.

• Nur noch 56 Patienten mit Covid-19 in NRW sind in intensivmedizinischer Behandlung, davon müssen nur noch 37 Patienten beatmet werden.

• Im Kreis Heinsberg liegt die 7-Tage-Inzidenz nunmehr bei null, die kritische Größe ist 50. Diese wird in keinem Kreis in NRW derzeit auch nur annähernd erreicht. Auch in Gütersloh nicht mehr – dort lag sie am Sonntag bei 26,1.

• Die Verdopplungszahl in NRW, bei der von der Kanzlerin als maßgebliche Zahl zehn bis 14 Tage angegeben wurde, um lockern zu können, liegt in NRW inzwischen bei etwa 93 Tagen.

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Für Armin Laschet wird es in den nächsten Wochen darum gehen müssen, aus den guten NRW-Zahlen einen stärkeren persönlichen Vorteil zu ziehen. Er wird sein Krisenmanagement überprüfen und klare Botschaften senden müssen. Bis zum Herbst will sich die CDU mit der Entscheidung, wer Nachfolger von Annegret Kramp-Karrenbauer wird und damit auch den ersten Zugriff in der K-Frage der Union hat, Zeit lassen.

Laschet muss darauf setzen, dass die Fakten in der Corona-Krise weiterhin für ihn sprechen und er sich kontinuierlich aus dem Umfrage-Tief arbeiten kann. Ansonsten könnte es durchaus passieren, dass er zwar mit einem wenig überzeugenden Ergebnis neuer CDU-Parteichef wird, der Kanzlerkandidat der Union am Ende jedoch nach Franz-Josef Strauß und Edmund Stoiber zum dritten Mal von der CSU gestellt wird.

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