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Corona und WeihnachtenGroßzügige Regeln bringen auch ein Problem der Glaubwürdigkeit

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Corona Weihnachten Schildergasse

Corona und Weihnachten: Blick in die Kölner Schildergasse, die sinnbildlich zwischen Feiertagen und Pandemie steht.

  • Bund und Länder haben am Mittwoch den weiteren Fahrplan im Kampf gegen die Corona-Pandemie beschlossen.
  • Neben vielen Einschränkungen und Verschärfungen sieht der Beschluss auch Lockerungen an Weihnachten vor.
  • Es ist ein schwieriges Abwägen zwischen Infektionsschutz und sozialer Erholung, bringt der Politik aber ein Problem der Glaubwürdigkeit. Ein Kommentar.

Bund und Länder haben sich bei einer Videokonferenz auf einen „Winterfahrplan“ für die die Corona-Regeln geeinigt. Während die Kontakte bis zum 20. Dezember eingeschränkt werden, soll es über Weihnachten Lockerungen geben. An den Festtagen werden Feiern von bis zu zehn Personen aus unterschiedlichen Haushalten möglich sein. Wer möchte, kann sich also alleine zwischen Heiligabend bis zum 2. Feiertag theoretisch mit 29 Verwandten oder Freunden treffen. Der Nachwuchs darf dabei mitkommen: Kinder unter 14 Jahren sollen nicht mitgezählt werden.

Erneut steht die Glaubwürdigkeit der Politik auf dem Spiel

Das ist eine sehr großzügige Regelung. Die Politik will sich nicht vorwerfen lassen, den geplagten Familien das auch noch Weihnachtsfest zu vermiesen. Mitten in der Corona-Krise wird der Verzehr des Gänsebratens jetzt zum Staatsziel erhoben. Mancher reibt sich da verwundert die Augen. Sind da dieselben Politiker am Werk, die Jugendsport, Musikabende und Theater verboten haben? Die im Einzelhandel für jeden Kunden 20 Quadratmeter Platz einfordern?

Vor dem Treffen mit der Kanzlerin haben die Ministerpräsidenten drei Tage lang über ihr Vorgehen beraten. SPD- und CDU-geführte Länder legten unterschiedlichste Pläne vor, zum Beispiel für den Beginn der Schulferien. Im Ringen um die Detailfragen scheinen sie den Kompass verloren zu haben: Erstes Ziel aller Maßnahmen muss es sein, die Pandemie zu bekämpfen.

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Einmal mehr steht die Glaubwürdigkeit der Politik auf dem Spiel. Kaum ist unter großen Mühen gelungen, den exponentiellen Anstieg der Neuansteckungskurve zu stoppen, wird eine neue Welle von Infektionen über Weihnachten im „Winterfahrplan“ schon wieder mit einkalkuliert. Niemand traut sich, dem Weihnachtsfest den Stecker zu ziehen, obwohl das die vernünftigste Lösung wäre. Das hat mit einer langfristigen Strategie wenig zu tun. Diejenigen, denen der Lockdown finanziell die Luft abdrückt, werden für diese Inkonsequenz wenig Verständnis haben.

Abwägen zwischen Infektionsschutz und sozialer Erholung

Dennoch gilt auch: Für viele Menschen ist Weihnachten ein wichtiges Fest der Begegnung. Es ist gut, wenn Großeltern an den Festtagen ihre Enkel treffen können, die sie in den vergangenen Monaten oft nur selten gesehen haben. Das Vorziehen der Weihnachtsferien, das auf eine Initiative von NRW zurückgeht, ist ein kluger Schritt, um die Begegnungen sicherer zu machen. Feste im engsten Familienkreis können ohne größere Sorge vor Ansteckung stattfinden.

Große Zusammenkünfte, die an den Festtagen traditionell in vielen Familien anstehen, sollten aber besser vertagt werden. Auch ausgelassene Silvesterpartys passen nicht in diese Zeit. Niemand kann ein Interesse daran haben, dass das Hangeln vom Lockdown zu immer neuen Beschränkungen sich noch tief bis ins nächste Jahr fortsetzt. Die Weiche dafür, wie die Pandemie weiter verläuft, wird über Weihnachten gestellt. Dieser Verantwortung sollten sich alle bewusst sein.

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