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CSU-ParteitagSöder bereitet Merkel keinen netten Empfang

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht in Nürnberg beim CSU-Parteitag.

Nürnberg – Alles soll eigentlich harmonisch sein, aber dann beginnt es so bei der CSU: Generalsekretär Andreas Scheuer kündigt Angela Merkel als Rednerin an und keine Hand rührt sich in der Nürnberger Messehalle. Ein paar Sekunden dauert es, dann klatschen doch noch ein paar in einer Ecke des Saals.

Das Tolle sei, dass CDU und CSU bei den Jamaika-Sondierungen geschlossen verhandelt hätten, sagt Scheuer auf der Bühne. So richtig ist diese neue Geschlossenheit noch nicht durchgedrungen bei den Delegierten des CSU-Parteitags. Sie waren ja jetzt zwei Jahre nicht gerade die besten Freunde, wegen des Streits um die Flüchtlingspolitik. Vor zwei Jahren hat Parteichef Horst Seehofer Merkel auf dem Parteitag auf offener Bühne abgekanzelt. Im vergangenen Jahr hat sie dann auf ihren Besuch auf dem CSU-Parteitag verzichtet.

Kaum einer klatscht also, aber Merkel ist ja auch noch nicht da, sie wird erst einige Stunden später eintreffen. Und der Applaus beim Namen Seehofer ist auch nicht gerade beeindruckend.

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Söder bereitet Merkel keinen charmanten Empfang

Mehrere Therapiesitzungen haben die Spitzen der Schwesterparteien mittlerweile hinter sich und eine Bundestagswahl, bei der beide deutlich eingebrochen sind. Irgendwie hat man sich doch mal geeinigt über die Flüchtlingspolitik. Dabei hat die CSU zwar nicht ihre Obergrenze bekommen, aber die Parteispitze findet, es gebe Anlass zur Zufriedenheit. Aber da ist ja auch noch dieser Markus Söder.

Der hat der Kanzlerin einen wenig charmanten Empfang bereitet, gewissermaßen hat er ihr den roten Teppich weggezogen, den Seehofer ihr mittlerweile wieder ausrollt. Söder ist der neue starke Mann der CSU. Er hat den Kampf mit Parteichef Horst Seehofer um das Amt des Ministerpräsidenten gewonnen, auf dem Parteitag sitzt er nun nicht mehr hinter Seehofer wie bisher, sondern neben ihm in der ersten Reihe. Wenn die Landtagswahl im Herbst einigermaßen läuft für die CSU, wird Söder diesen Job auch noch eine Weile behalten – und sich dann auch noch den Posten des CSU-Vorsitzenden greifen.

„Haltung bewahren, Anstand zeigen, Pflichten erfüllen“

Wenn Söder einen Teppich wegzieht, ist das mittlerweile nicht mehr nur ein Zuppeln am Rand. Söder zieht mit Wucht in der Mitte. Und das macht er an diesem Tag mit einem Interview. Weil er das nicht einer bayerischen Zeitung gegeben hat, sondern der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, die in konservativen Kreisen viel gelesen wird, ist die Botschaft klar: Söder wendet sich an die CDU. Und für die ist nicht das bestimmt, was man halt so sagt, wenn man versucht, sein Image als brutaler Machtmensch loswerden will: dass er „Haltung bewahren, Anstand zeigen, Pflichten erfüllen“ wolle. Und dass er, der seit Jahre unverhohlen auf seinen Aufstieg nach ganz oben hinarbeitet, ein hochbescheidener Mensch sei – weil er ja vor zwei Wochen „zum ersten Mal gesagt“ habe, sich als Ministerpräsident zu bewerben. An die CDU gerichtet ist auch nicht der Hinweis zum bayerischen Machtkampf, den Söder beiseite wischt als ganz normale Auseinandersetzung zwischen „gestandenen Männern“.

An Merkels Truppen richtet er den Satz: „Ein Wahlkampf kann nicht ein Wahlschlaf sein.“ Er richtet an sie die Warnung vor der „Wahlkampfstrategie einer asymmetrischen Demobilisierung“, auf die die CDU oft gesetzt hat. Die Union müsse sich wieder mehr um die Wähler am rechten Rand kümmern, und nicht nur um die Mitte der Gesellschaft buhlen, sagt Söder auch der Partei, die in ihrer Zentrale groß den Spruch  „Die Mitte“ plakatiert hat. „In der ganzen Union gibt es den Wunsch nach mehr geistiger Heimat, Glaubwürdigkeit und konservativer Bodenständigkeit“, sagt Söder. Die Delegierten stimmen dafür, künftig auch CDU-Mitglieder in der CSU aufzunehmen, es ist fast eine Art feindlicher Akt. Herzlich willkommen bei der CSU, Frau Merkel.

Zumindest einen langen Abschiedsapplaus bekommt Merkel

Die kommt dann tatsächlich noch. Mit einer Stunde Verspätung zieht sie in den Saal ein. „Ob Sie es glauben oder nicht: Ich freue mich richtig, heute wieder auf einem CSU-Parteitag zu sein“, beginnt sie ihre Rede und lächelt strahlend. Die Auseinandersetzungen seien nun vorbei. „Die Schwächephase haben wir hinter uns. Die Bereicherungsphase haben wir vor uns“, sagt sie und beteuert, dass sie den Erfolg auch der CSU wolle. Sie lobt einen nach dem anderen aus der CSU-Spitze, bietet Söder Unterstützung an „wenn gewollt“, sagt ein bisschen etwas Dröhnendes zur Inneren Sicherheit und vermeidet das Stichwort Obergrenze.

Irgendwann beim Thema ländlicher Raum, setzt dann doch plötzlich kräftiger Applaus ein. „Gab es gerade ein Twittersignal?“ fragt Merkel und zitiert den Schlager „Marmor, Stein und Eisen bricht – aber unsere Liebe nicht.“ Dann kommt wieder Seehofer auf die Bühne, und Merkel steht neben ihm, so wie vor zwei Jahren. Ist schon mal schief gegangen so. Ein bisschen weiter vor, bedeutet er ihr und sagt: „Auch wenn Du es mir nicht glaubst: Ich freue mich, dass Du da bist.“ Merkel kichert, die Spannung ist gebrochen.

Der Abschiedsapplaus ist lange und deutlich und so lange, dass irgendwann fast alle stehen. Ganz zum Schluss erhebt sich auch Söder.

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