Ehemaliger französischer PräsidentJacques Chirac ist tot

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Jacques Chirac dpa

Jacques Chirac

Paris – Jacques Chirac prägte wie kaum ein anderer Politiker über Jahrzehnte das Bild von Frankreich: Als Präsident und Premierminister war er volksnah, populär - und wurde rechtskräftig wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder verurteilt. Nun ist Chirac am Donnerstag im Alter von 86 Jahren gestorben. Seit langem war der konservative Politiker gesundheitlich schwer angeschlagen.

In die Geschichte wird Chirac vor allem aus zwei Gründen eingehen: Er stemmte sich als Präsident im Jahr 2003 zusammen mit Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) gegen den US-Einmarsch im Irak. Das Zerwürfnis zwischen Washington und Paris war tief, als „käsefressende Kapitulationsaffen“ wurden die Franzosen in den USA sogar geschmäht.

Unbeirrt hielt Chirac aber an seinem Kurs eines außenpolitisch unabhängigen Frankreichs in der Tradition von Republikgründer Charles de Gaulle fest. In die Geschichtsbücher wird Chirac allerdings auch eingehen, weil er 2011 als erster ehemaliger Staatschef im Nachkriegsfrankreich verurteilt wurde.

Haft in hohem Alter

Im hohen Alter von 79 Jahren verdonnerte ihn ein Gericht in Paris zu zwei Jahren Haft auf Bewährung, weil er in seiner Zeit als Pariser Bürgermeister in den 1990er Jahren ein System von Scheinarbeitsstellen aufgebaut hatte. Chirac bezahlte knapp dreißig Mitarbeiter aus der Stadtkasse, obwohl sie gar nicht für die Verwaltung arbeiteten, sondern teils für seine Partei. Seine politische Karriere hatte der am 29. November 1932 in Paris geborene Sohn aus einer Bankiersfamilie mit einigen Wendungen begonnen.

Als junger Mann liebäugelte er zunächst mit dem Kommunismus, dann verortete er sich aber bei der Konservativen. Er besuchte die Elitehochschule ENA und heiratete Bernadette Chodron de Courcel, eine Aristokratin, mit der er zwei Töchter hatte und die er zeitlebens siezte. Ende der 1950er Jahre leistete der 1,90-Meter-Mann seinen Militärdienst in Algerien ab. Dann, im Alter von nur 34 Jahren, trat der Abgeordnete der zentralfranzösischen Region Corrèze erstmals in die Regierung in Paris als Staatssekretär damals noch unter de Gaulle ein.

Sein Spitzname war der „Bulldozer“

Der „Bulldozer“, wie einer seiner Spitznamen lautete, wurde mit gerade einmal 41 Jahren zum Premierminister unter Präsident Valéry Giscard d'Estaing ernannt. Doch der liberale Staatschef ließ ihm wenig Spielraum und so trat Chirac 1976 zurück. Der von seinen Kritikern als berechnender Machtmensch beschriebene Chirac gründete daraufhin seine eigene politische Vereinigung, die RPR, und wurde 1977 zum Bürgermeister von Paris gewählt.

Bis 1995 blieb er Oberhaupt der französischen Hauptstadt und versuchte von dort aus mehrfach, den Elysée-Palast zu erobern. Doch gegen den Sozialisten François Mitterrand kam er nicht an. Chirac arbeitete aber als Premierminister in den 1980er Jahren in einer politischen Zwangsehe mit Mitterrand zusammen. 1995 gelang ihm dann der Einzug in den Elysée-Palast. Im Vorfeld hatte sich sein politischer Ziehsohn Nicolas Sarkozy, der spätere Präsident Frankreichs, auf die Seite seines internen Rivalen Edouard Balladur geschlagen. Aus dieser Zeit rührte das tiefe Misstrauen Chiracs gegen Sarkozy, den er später offen als „nervös, ungestüm und ohne Selbstzweifel“ kritisierte.

Seine Wiederwahl 2002 schaffte Chirac dank einer breiten Koalition gegen den rechtsextremen Gegenkandidaten Jean-Marie Le Pen. Überschattet war Chiracs zweite und letzte Amtszeit vor allem vom „Nein“ der Franzosen zur europäischen Verfassung 2005. Im selben Jahr erlitt Chirac, der Zeit seines Lebens für seine Vorliebe für deftiges Essen und ein gutes Bier bekannt war, einen Schlaganfall. Danach mied der volksnahe Politiker, der das Bad in der Menge immer genossen hatte, zunehmend die Öffentlichkeit. (afp)

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