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Epstein, Trump, VertrauensbruchWarum ist der Epstein-Fall gerade jetzt wieder ein Thema?

9 min

Donald Trump hatte einst Aufklärung im Fall Epstein versprochen – jetzt rudert er zurück. Ein Schritt mit explosiven Folgen für seine Karriere. Was man über den Fall Epstein und die Entwicklungen wissen sollte.

Jeffrey Epstein ist tot – doch der Fall lässt Amerika nicht los. Immer wieder tauchen neue Details, Gerüchte und Forderungen nach Aufklärung auf. Jüngster Auslöser: Donald Trump selbst. Der US-Präsident hatte einst versprochen, Licht ins Dunkel der geheimen Epstein-Akten zu bringen – nun will er davon nichts mehr wissen.

Ein Rückzieher, der ausgerechnet in Trumps eigener Anhängerschaft für Aufruhr sorgt. Neue Enthüllungen, darunter ein brisanter Geburtstagsbrief, befeuern die Spekulationen zusätzlich. Der Druck wächst auf den Mann, der sich einst als Teil der Lösung inszenierte.

Was genau steckt hinter dem Streit um Epstein, Akten und die Loyalität zu Trump? Ein Überblick über die wichtigsten Fragen.

Warum ist der Epstein-Fall aktuell wieder ein Thema?

Der Fall des verstorbenen Sexualstraftäters Jeffrey Epstein galt eigentlich als abgeschlossen, doch seit Anfang des Jahres 2025 hat er neue politische Brisanz gewonnen. Auslöser ist unter anderem der Kurswechsel von Donald Trump: Der US-Präsident hatte über Jahre hinweg angedeutet, er wolle im Fall Epstein für Transparenz sorgen und bislang geheime Ermittlungsakten veröffentlichen. Dieses Versprechen war Teil eines umfassenden Narrativs, mit der Trump seine Anhänger vor der US-Wahl mobilisierte: Er inszenierte sich als Kämpfer gegen eine korrupte Elite, das sogenannte Establishment – und der Epstein-Skandal passte hier perfekt ins Bild.

Nun, zurück im Amt, macht Trump plötzlich einen Rückzieher. Entgegen früherer Aussagen hält er die Ermittlungsunterlagen für „langweiliges Zeug“ und spricht von einem „großen Schwindel“ seitens der Demokraten. Auch seine Justizministerin Pam Bondi ruderte zurück. Das sorgt für Unmut in seiner eigenen Anhängerschaft und lenkt den Blick erneut auf einen Fall, der nicht nur juristisch, sondern auch politisch hochgeladen bleibt.

Wer war Jeffrey Epstein und was macht den Fall so brisant?

Jeffrey Epstein war nicht nur ein verurteilter Sexualstraftäter – er war als Investmentbanker auch bestens vernetzt in höchsten Kreisen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Der US-Millionär soll über Jahre hinweg Dutzende minderjährige Mädchen sexuell missbraucht und an einflussreiche Bekannte weitervermittelt haben. Der Kern der Vorwürfe bezieht sich auf die Jahre 2002 bis 2005, in denen Epstein unter anderem auf seiner Privatinsel sowie in seinen Anwesen in New York und Florida gezielt junge Mädchen mit Geld angelockt haben soll.

Trump will einige Unterlagen zum Fall Epstein veröffentlichen.

Trump will einige Unterlagen zum Fall Epstein veröffentlichen.

Brisant wird der Fall durch mehrere Faktoren: Zum einen unterhielt Epstein enge Kontakte zu Persönlichkeiten wie Bill Clinton, Bill Gates, Prinz Andrew – und eben auch Donald Trump. Zum anderen entging er 2008 einem umfangreichen Strafprozess durch einen umstrittenen Deal mit der Staatsanwaltschaft – für viele Kritiker ein Beleg dafür, wie mächtige und gut vernetzte Männer sich der Justiz entziehen können.

Als Epstein im Sommer 2019 erneut verhaftet wurde, starb er wenig später in Untersuchungshaft – die Behörden erklärten den Tod offiziell zum Suizid. Doch die Umstände lassen bis heute Raum für Spekulationen: Am 23. Juli 2019 wurde Epstein bewusstlos in seiner Zelle aufgefunden – mit einem Streifen Bettlaken um den Hals. Die Ermittler werteten das Geschehen als gescheiterten Suizidversuch und stellten ihn unter Beobachtung. Epstein selbst hingegen erklärte, sein Zellengenosse, der wegen vierfachen Mordes angeklagte Ex-Polizist Nick Tartaglione, habe ihn angegriffen. Tartaglione wies diesen Vorwurf zurück. Laut seinem Anwalt wurde er später von den Gefängnisbehörden entlastet.

Am 10. August 2019 wurde Epstein schließlich tot in seiner Zelle aufgefunden. Die Suizidwacht war kurz zuvor aufgehoben worden, ein Zellengenosse war nicht anwesend, und mehrere Überwachungskameras in dem Gefängnis fielen in jener Nacht aus. Das nährte den Verdacht, Epstein könne gezielt zum Schweigen gebracht worden sein. Je nach politischem Lager gerieten bald entweder die Clintons oder Donald Trump ins Visier von Verdächtigungen. Der Fall wurde so zum Nährboden für eine Vielzahl von Verschwörungstheorien, die sich bis heute hartnäckig halten. Obwohl es Verfahrensfehler und Sicherheitslücken gab, gibt es keine stichhaltigen Beweise für Straftaten.

Welche Verbindung hatte Donald Trump zu Epstein?

Donald Trump und Jeffrey Epstein kannten sich seit den 1990er-Jahren. Videos zeigen die beiden bei gemeinsamen Partys, unter anderem in Trumps Anwesen Mar-a-Lago in Florida. In einem Interview mit dem „New York Magazine“ sagte Trump 2002 über Epstein: „Es wird erzählt, dass er hübsche Frauen genauso mag wie ich – und viele von denen sind eher von der jüngeren Sorte.“

Laut Gerichtsprotokollen reiste Trump mehrfach in Epsteins Privatjet, dem sogenannten „Lolita Express“. Auch bei gesellschaftlichen Veranstaltungen tauchten ihre Namen wiederholt gemeinsam auf. Gleichzeitig gibt es Hinweise auf spätere Spannungen – so soll Epstein laut dem Journalisten Michael Wolff Trump später als „ehemals besten Freund“ bezeichnet und unbelegte Anschuldigungen gegen ihn erhoben haben.

Epstein hatte beste Kontakte in die amerikanische High Society. (Archivbild)

Epstein hatte beste Kontakte in die amerikanische High Society. (Archivbild)

2019, nach Epsteins erneuter Festnahme, distanzierte sich Trump öffentlich von ihm. Er behauptete, ihn seit über zehn Jahren nicht mehr gesehen zu haben und „kein Fan“ gewesen zu sein. Dennoch sorgt seine frühere Nähe zu Epstein medial für Wirbel – vor allem nach seinem späteren Versprechen, den Fall aufklären zu wollen.

Was versprach Trump seiner MAGA-Basis – und warum macht er jetzt einen Rückzieher?

Donald Trump hatte über Jahre hinweg öffentlich Zweifel am angeblichen Suizid von Jeffrey Epstein gesät und sich dabei als Aufklärer inszeniert, der das Establishment bekämpfen wolle. Besonders im Wahlkampf 2024 wurde die Freigabe geheimer FBI-Akten zum Fall Epstein zu einem zentralen Versprechen an seine MAGA-Basis. Viele seiner Anhänger sahen darin den Schlüssel, um ein angeblich weitreichendes Elitennetzwerk aufzudecken, das Kindesmissbrauch vertuscht und politische Macht schützt.

Auch Trumps Umfeld bestärkte diese Erzählung. So wurde Kash Patel, bekannt für seine Nähe zu QAnon-nahen Verschwörungstheorien, auf einen einflussreichen Posten im FBI gesetzt. Trumps Justizministerin Pam Bondi erklärte öffentlich, eine „Kundenliste“ Epsteins liege bereits auf ihrem Schreibtisch.

Doch seit der Wiederwahl Trumps ist davon kaum noch die Rede. Bondi relativierte ihre Aussage: eine vollständige Offenlegung werde es nicht geben. Und Trump selbst erklärte plötzlich, der Fall sei „langweiliges Zeug“ und ein „großer Schwindel“, den die Demokraten erfunden hätten.

Für viele in der MAGA-Bewegung wirkt das wie ein Verrat. Diejenigen, die Trump als Kämpfer gegen die vermeintlich korrupte Elite feierten, sehen sich nun getäuscht. Kritiker werfen ihm vor, sich genau so zu verhalten wie die „Systempolitiker“, gegen die er einst Stimmung machte.

Welche neuen Enthüllungen gibt es – und was hat es mit dem Trump-Brief auf sich?

Für neuen Zündstoff sorgt zuletzt eine Enthüllung des Wall Street Journal vom Juli 2025: Demnach soll Donald Trump im Jahr 2003 einen anstößigen Geburtstagsbrief für Jeffrey Epstein verfasst haben. Der Brief, Teil eines von Epsteins Umfeld zusammengestellten „Freundesalbums“, enthält eine grob mit Filzstift gezeichnete nackte Frau – in deren Intimbereich angeblich Trumps Unterschrift verborgen sei.

Der geschriebene Text drumherum stellt ein fiktives Gespräch zwischen Trump und Epstein dar, in dem Trump unter anderem sagt: „Rätsel altern nie, ist Dir das aufgefallen?“ und „Happy Birthday - und möge jeder Tag ein weiteres wunderbares Geheimnis sein.“ Der Brief wurde jedoch nicht öffentlich vorgelegt, sodass die Echtheit unklar bleibt.

Trump drohte daraufhin mit Klage und bestritt umgehend, den angeblichen Brief verfasst zu haben und erklärte: „Das ist nicht von mir. Das ist eine gefälschte Sache“ Zudem behauptete er, nie in seinem Leben Bilder gezeichnet zu haben – eine Aussage, die schnell durch frühere Skizzen widerlegt wurde, die er signiert hatte.

Laut Medienberichten versuchte Trump vorab, die Veröffentlichung des Artikels vehement zu verhindern: Er habe persönlich beim Verleger Rupert Murdoch und der Chefredakteurin des Wall Street Journal interveniert. Die Redaktion veröffentlichte den Bericht trotzdem – ein Schritt, der als Hinweis auf die Glaubwürdigkeit des Dokuments gewertet wird.

Ob der Brief strafrechtlich relevant ist, ist unklar. Politisch jedoch untergräbt er Trumps frühere Aussage, Epstein kaum gekannt zu haben und wirft neues Licht auf seine plötzliche Abkehr vom Thema Epstein.

Wie reagieren Trumps MAGA-Anhänger – und wie gefährlich ist das für ihn politisch?

Die plötzliche Kehrtwende im Fall Epstein hat selbst in Donald Trumps treuster Anhängerschaft für Unruhe gesorgt. In sozialen Netzwerken, Foren und konservativen Medien äußern sich enttäuschte Stimmen – viele aus seiner Basis hatten fest damit gerechnet, dass Trump seine Ankündigung einlösen und für vollständige Aufklärung sorgen würde.

Stattdessen erleben sie nun einen Präsidenten, der das Thema als „Schwindel“ abtut und eine seiner wichtigsten Wahlkampfverheißungen rückgängig macht. In Teilen der sogenannten MAGA-Bewegung entsteht dadurch ein Loyalitätskonflikt: Was wiegt schwerer – das Vertrauen in Trumps Wort oder der Glaube an eine verborgene Eliteverschwörung?

Die Unzufriedenheit reicht mittlerweile bis in republikanische Reihen. So forderte etwa der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, mehr Transparenz. Auch rechte Influencer und Medienmacher, sonst selten kritisch gegenüber Trump, äußern Skepsis.

Unter dem zunehmenden Druck erklärte Trump überraschend am 18. Juli, er wolle zumindest einige Epstein-Unterlagen freigeben. In einem Beitrag auf seiner Plattform Truth Social schrieb er, er habe Justizministerin Pam Bondi gebeten, „sämtliche relevanten Aussagen“ aus der damaligen Grand Jury vorzulegen – also jener Geschworenenrunde, die vor einer möglichen Anklage entscheidet. Gleichzeitig wiederholte er seine Darstellung, der Epstein-Komplex sei ein von den Demokraten konstruierter „Schwindel“.

Ob die Entwicklungen mittelfristig zu einem politischen Bruch führen, ist offen. Eines wird aber klar: Der Epstein-Fall trifft Trump an einer empfindlichen Stelle – dem Vertrauen seiner treuen Anhänger. Wenn sich in der Bewegung der Eindruck verfestigt, dass er selbst etwas zu verbergen hat oder andere schützt, könnte das seiner politischen Glaubwürdigkeit und einer möglichen Wiederwahl, die nach wie vor im Raum steht, ernsthaft schaden.

Musk, Bondi, Murdoch: Wer sind die weiteren Schlüsselfiguren und welche Rolle spielen sie?

Neben Donald Trump selbst prägen mehrere prominente Akteure die Entwicklungen im Epstein-Komplex:

Pam Bondi, Trumps Justizministerin, hatte zunächst medienwirksam angekündigt, ihr liege eine „Kundenliste“ von Epsteins Netzwerk vor – ein Versprechen, das Hoffnungen auf Transparenz weckte. Nur wenige Wochen später ruderte sie zurück: Von vollständiger Aktenfreigabe sei keine Rede mehr. Kritiker sehen darin einen politischen Rückzieher, möglicherweise in Absprache mit Trump.

Elon Musk sorgte mit einem kryptischen Beitrag auf X (ehemals Twitter) für Aufsehen. Darin behauptete er: „Zeit, die große Bombe platzen zu lassen: @realDonaldTrump ist in den Epstein-Akten“, löschte diese Behauptung jedoch später. Belege dafür blieb er schuldig. Der Hintergrund: Ein tiefes Zerwürfnis zwischen Trump und Musk nach enger Zusammenarbeit im Wahlkampf und in der Regierung. Der zwar leere Vorwurf verfehlte seine Wirkung jedoch nicht – er heizte Misstrauen und Spekulationen weiter an.

Rupert Murdoch wiederum geriet ins Visier, weil Trump ihn und die Redaktion des Wall Street Journal offenbar persönlich bat, eine kritische Veröffentlichung zu stoppen. Die Zeitung veröffentlichte dennoch – ein Hinweis auf die Brisanz der recherchierten Inhalte, darunter der umstrittene Trump-Brief.

Was bedeutet der Fall über die USA hinaus?

Der Epstein-Fall wirft nicht nur in den USA Fragen auf – er steht exemplarisch für die globalen Debatten über Machtmissbrauch, strafrechtliche Ungleichheit und institutionelles Vertrauen. Dass ein gut vernetzter Multimillionär trotz zahlreicher Hinweise jahrelang ungestört agieren konnte, befeuert das Misstrauen in Justiz und Politik.

Auch in Europa treffen Verschwörungstheorien rund um Epstein auf fruchtbaren Boden: Zwischen Fakten, Spekulation und gezielter Desinformation verschwimmen die Grenzen. Der Fall zeigt, wie anfällig westliche Demokratien für Misstrauen werden können – wenn Aufklärung nicht konsequent erfolgt.